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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

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1. polnische presss

Ein für alle Teilnehmer der machtvollen
Danziger Kundgebung vom 23, März außer¬
ordentlich belustigender Bericht in der Dan-
ziger "Gazeta Gdaiifw" vom SS, März
verdient es um deswillen, was er widerwillig
oder unbewußt zugibt, als Dokument einer
breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht zu
werden:

"Die Beerdigung des deutschen Danzigs
fand am Sonntag bei sehr zahlreicher Teil¬
nahme der rechtgläubigen Deutschen statt.
Aus dem Heumarkt hatten sich ein Paar
tausend! aller derjenigen versammelt, die
"kerndeutsch" sind. Es wurde gleichzeitig
eine ganze Reihe von Reden gehalten. Der
ungemeine Frost hatte die Nasen rot gefärbt,
und der unerträgliche Wind war so ungeneigt
zu diesem Begräbnis aller deutschen Hoff¬
nungen auf Danzig, daß er blies, als wäre
er dazu angestellt, und deshalb könnte man
schon auf zwanzig Schritte nichts mehr von
dem hören, was jeder einzelne Redner von
der Zugehörigkeit zu Deutschland sprach.
Jeder konnte nur erraten, daß Danzig eine
urdeutsche Stadt ist und in Ewigkeit bleibt.
Ameni ES war auch kein außerordentliches
Interesse vorhanden.

Nach der wahrhaft amerikanischen Reklame
der letzten Tage, die hier in Danzig von
deutscher Seite veranstaltet wurde, kannte
man glauben, daß der arme Heumarkt von
der deutschen Demonstration zerspringen
würde, weil er nicht alle Deutschen fassen
wird. Indessen sammelten sich auf dem
Heumarkt von den 200 000 Deutschen, die
hier in Danzig nach der deutschen Statistik
sein müssen, nur ein paar tausend. Darunter
befanden sich auch noch sehr viele neugierige
Polen, auch Amerikaner und Franzosen von den
hier weilenden Kommissionen. Das meiste
Interesse zeigten die Amerikaner; sie kauften
Broschüren und nahmen die deutschen Auf¬
rufe entgegen, die bei dieser Gelegenheit
trotz des großen Papiermangels verkauft und
reichlich verteilt wurden.

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Die Stimmung war traurig, geradezu
bedrückt, und wa?> am wichtigsten ist: >d!"
Teilnehmer an dem Protest schienen meistens
auf dein Markt zu stehen wie Leute, die
dazu gezwungen worden sind, denen es schon
ganz gleich ist, ob eS so oder anders werden
wird. Es war nicht zu ersehen, daß >nefer
unbedingte Protest ihre Ansicht sei. Es liotze"
sich auch Stimmen hören: "Hauptfachs, d.es
Wir was zu fressen bekommenI" -- als die
Rede von neuern weiteren "Durchhalten" war.
Dieses Durchholten hat das Boll schon fatt.
Denn es hat genug Beweise, wie. oft und
lange, nämlich während aller Kriegsjahre, es
betrogen wurde.

Übrigens: Wenn nicht die Sozialiste"
wären, die ihre Leute amtlich aufgefordert
hatten, wären sehr wenige dagewesen; denn
die Sozialisten fanden sich massenweise, wie
auf Kommando, ein.

Schade, daß ihre Politik mit einemmale
so schwarz-weiß-rot geworden istl Ohne sie
hätten sich alle alldeutschen Kropftauben aus¬
drücklich überzeugt, wie wenig sie in Danzig
bedeuten.

Aber auch in den Sozialisten scheint dies"
Patriotische Stimmung nicht tief zu sitzen.
Denn ein deutscher Patriot kroch auf das
Denkmal des Kaisers Wilhelm und wollte
ihm das Haupt bekränzen. Er hatte aber
seine Kräfte nur nach seiner Absicht gemessen:
denn er konnte nicht hinaufklettern und hing
deshalb den Kranz dem Denkmalsroß des
Kaisers an die Füße. Als man zuletzt an¬
fing, das Lied "Deutschland, Deutschland
über alles" zu singen, da klang das Lied
etwas elendiglich trotz des Orchesters, das
vorbereitet war, ime zum Zeichen, daß
Deutschland schon nicht mehr über alles ist,
denn nach den Prophetischen Worten der
"Rotte" von Maria Konopnicka ist der Nitter-
kopf von den hochmütigen Höhen in Staub und'
Asche herabgestürzt.

Augenzeugen versichern uns, daß nur
Kinder und alte Weiber sangen, und jener
Sozialist hat es sich so überlegt, daß er auf

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1. polnische presss

Ein für alle Teilnehmer der machtvollen
Danziger Kundgebung vom 23, März außer¬
ordentlich belustigender Bericht in der Dan-
ziger „Gazeta Gdaiifw" vom SS, März
verdient es um deswillen, was er widerwillig
oder unbewußt zugibt, als Dokument einer
breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht zu
werden:

»Die Beerdigung des deutschen Danzigs
fand am Sonntag bei sehr zahlreicher Teil¬
nahme der rechtgläubigen Deutschen statt.
Aus dem Heumarkt hatten sich ein Paar
tausend! aller derjenigen versammelt, die
„kerndeutsch" sind. Es wurde gleichzeitig
eine ganze Reihe von Reden gehalten. Der
ungemeine Frost hatte die Nasen rot gefärbt,
und der unerträgliche Wind war so ungeneigt
zu diesem Begräbnis aller deutschen Hoff¬
nungen auf Danzig, daß er blies, als wäre
er dazu angestellt, und deshalb könnte man
schon auf zwanzig Schritte nichts mehr von
dem hören, was jeder einzelne Redner von
der Zugehörigkeit zu Deutschland sprach.
Jeder konnte nur erraten, daß Danzig eine
urdeutsche Stadt ist und in Ewigkeit bleibt.
Ameni ES war auch kein außerordentliches
Interesse vorhanden.

Nach der wahrhaft amerikanischen Reklame
der letzten Tage, die hier in Danzig von
deutscher Seite veranstaltet wurde, kannte
man glauben, daß der arme Heumarkt von
der deutschen Demonstration zerspringen
würde, weil er nicht alle Deutschen fassen
wird. Indessen sammelten sich auf dem
Heumarkt von den 200 000 Deutschen, die
hier in Danzig nach der deutschen Statistik
sein müssen, nur ein paar tausend. Darunter
befanden sich auch noch sehr viele neugierige
Polen, auch Amerikaner und Franzosen von den
hier weilenden Kommissionen. Das meiste
Interesse zeigten die Amerikaner; sie kauften
Broschüren und nahmen die deutschen Auf¬
rufe entgegen, die bei dieser Gelegenheit
trotz des großen Papiermangels verkauft und
reichlich verteilt wurden.

[Spaltenumbruch]

Die Stimmung war traurig, geradezu
bedrückt, und wa?> am wichtigsten ist: >d!«
Teilnehmer an dem Protest schienen meistens
auf dein Markt zu stehen wie Leute, die
dazu gezwungen worden sind, denen es schon
ganz gleich ist, ob eS so oder anders werden
wird. Es war nicht zu ersehen, daß >nefer
unbedingte Protest ihre Ansicht sei. Es liotze«
sich auch Stimmen hören: „Hauptfachs, d.es
Wir was zu fressen bekommenI" — als die
Rede von neuern weiteren „Durchhalten" war.
Dieses Durchholten hat das Boll schon fatt.
Denn es hat genug Beweise, wie. oft und
lange, nämlich während aller Kriegsjahre, es
betrogen wurde.

Übrigens: Wenn nicht die Sozialiste«
wären, die ihre Leute amtlich aufgefordert
hatten, wären sehr wenige dagewesen; denn
die Sozialisten fanden sich massenweise, wie
auf Kommando, ein.

Schade, daß ihre Politik mit einemmale
so schwarz-weiß-rot geworden istl Ohne sie
hätten sich alle alldeutschen Kropftauben aus¬
drücklich überzeugt, wie wenig sie in Danzig
bedeuten.

Aber auch in den Sozialisten scheint dies«
Patriotische Stimmung nicht tief zu sitzen.
Denn ein deutscher Patriot kroch auf das
Denkmal des Kaisers Wilhelm und wollte
ihm das Haupt bekränzen. Er hatte aber
seine Kräfte nur nach seiner Absicht gemessen:
denn er konnte nicht hinaufklettern und hing
deshalb den Kranz dem Denkmalsroß des
Kaisers an die Füße. Als man zuletzt an¬
fing, das Lied „Deutschland, Deutschland
über alles" zu singen, da klang das Lied
etwas elendiglich trotz des Orchesters, das
vorbereitet war, ime zum Zeichen, daß
Deutschland schon nicht mehr über alles ist,
denn nach den Prophetischen Worten der
„Rotte" von Maria Konopnicka ist der Nitter-
kopf von den hochmütigen Höhen in Staub und'
Asche herabgestürzt.

Augenzeugen versichern uns, daß nur
Kinder und alte Weiber sangen, und jener
Sozialist hat es sich so überlegt, daß er auf

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/398>, abgerufen am 29.04.2024.