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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

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Materialien zur ostdeutschen Frage

[Beginn Spaltensatz]
polnische Beweiskunst

Wir berichteten kürzlich über die Ent¬
sendung einer kassubisch-polnischen Abordnung
nach Paris. Wie diese veranlaßt worden ist,
geht aus der folgenden Abschrift eines Briefes
des polnischen Volksrats in Kulm hervor:

Sehr geehrter Herr Kommissarl

Ich erlaube mir zu meinen Ausführungen
auf der Konferenz im Kommissariat am
1V. d, Mes. betreffend Entsendung eines oder
mehrerer Informatoren nach Paris speziell
für Westpreußen und Danzig zurückzukommen.
Die Auslandsnachrichten der letzten Stunden
bestärken mich in meinen auf der Konferenz
geäußerten Ansichten.

Wenn die letzten Kundgebungen, die die
Presse Lloyd George zuschreibt, der Wahrheit
entsprechen, so erhellt daraus mehr als genug,
daß Lloyd George und seine Umgebung voll¬
ständig unzulänglich informiert ist über die
Verhältnisse in Westpreußen, oder die War¬
schauer und Posener haben in der West-
Preußischen Angelegenheit versagt.

Hat der sehr geehrte Herr Kommissar die
Sicherheit, daß die augenblicklichen Informa¬
toren auch die örtliche Verteilung der Polnischen
Bevölkerung genau kennen und daß sie ein
entsprechendes Material in der Hand haben?
Was für uns eine elementare Kenntnis ist --
wie z, B, daß die deutsche Mehrheit von un¬
gefähr 300 000 in Westpreußen, abgesehen
davon, daß sie zum großen Teil künstlich ge¬
schaffen ist, territorial so verteilt ist, daß nach
Abtrennung der Gegend von Elbing, Rosen¬
berg das Bevölkerungsresultat für beide
Nationalitäten gleichmäßig ausfällt, das eben
kann möglicherweise den jetzigen Informatoren
eine l'erre inLoZnita sein.

Danzig wiederum als eine Stadt, die
auf einem verhältnismäßig kleinen Gebiet
200 000 deutsche Einwohner vereinigt, kann
nicht als ein maßgebender Faktor gelten
für eine Sonderbehandlung innerhalb West¬
preußens; ebenso wie Konstantinopel nicht
Griechenland zufällt, obwohl dort 400 000
Griechen wohnen, sondern politisch dem
Territorium zufällt, auf dem es steht.

Wenn man die genannten Kreise und
Danzig abstreicht, dann haben wir in West-

[Spaltenumbruch]

Preußen sogar eine erhebliche Polnische Mehr¬
heit. Die deutsche Bevölkerung ist also auf
einige Punkte Westpreußens und auf Danzig
beschränkt.

Zuzugeben, daß in Westpreußen eine Pol¬
nische Minderheit besteht, ist also falsch, ge¬
radezu geeignet, die Koalition in eine irrige
Auffassung zu bringen. Die deutsche Mehr¬
heit kommt eben nur durch .die genannten
einzelnen Punkte zustande, die fast rein
deutsch sind.

Wenn die Kundgebung Lloyd Georges
auf Wahrheit beruht, dann wäre diese An¬
schauung offenbar irrig. Wäre es in Anbe-
betracht solcher Vorfälle nicht angebracht, eher
zu viel als zu wenig zu tun?

Es ist gleichgültig, wer und wieviel
Personen hinfahren -- wenn nur alles getan
wird, was in unserer Möglichkeit steht.

Heute gerade lese ich in der "Gazette de
Lausanne" vom 21. März: "Heute ist eine
schlesische Deputation in Paris eingetroffen,
um der Konferenz die Aspirationen des
schlesischen Teils vorzutragen, der mit Polen
wieder vereinigt zu werden wünscht".

Sollte Westpreußen nicht das gleiche Recht
haben, ebenso vorzugehen wie Oberschlesien?

Victeant oonsules!

Vielleicht wird es heute noch nicht zu spät
sein, am 10. März war schon die höchste Zeit.

gez.: Dr. Ossowski.

(Auch nach Abtrennung der Kreise Rosen¬
berg und Elbing. die rund 147 000 deutsche
Einwohner haben, ist die Mehrheit der Ein¬
wohner Westpreuß-us, entgegen den Behaup¬
tungen des Dr. Ossowski, unzweifelhaft deuisch.
Die Behauptung, daß die deutsche Mehrheit
künstlich geschaffen sei, ist an dieser Stelle
schon zu oft als falsch erwiesen, als daß sich
ein Eingehen darauf lohnte. Im übrigen ist
die Methode einmal wieder echt. Um einen
kümmerlichen Beweis für den angeblich Pol¬
nischen Charakter Wsstpreußens zu führen,
wird Danzig aus der Berechnung ausge¬
schaltet, was aber natürlich nicht hindert,
dieses selbe Danzig unter anderm Vormcmd
für Polen "u beanspruchen.)

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Materialien zur ostdeutschen Frage

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polnische Beweiskunst

Wir berichteten kürzlich über die Ent¬
sendung einer kassubisch-polnischen Abordnung
nach Paris. Wie diese veranlaßt worden ist,
geht aus der folgenden Abschrift eines Briefes
des polnischen Volksrats in Kulm hervor:

Sehr geehrter Herr Kommissarl

Ich erlaube mir zu meinen Ausführungen
auf der Konferenz im Kommissariat am
1V. d, Mes. betreffend Entsendung eines oder
mehrerer Informatoren nach Paris speziell
für Westpreußen und Danzig zurückzukommen.
Die Auslandsnachrichten der letzten Stunden
bestärken mich in meinen auf der Konferenz
geäußerten Ansichten.

Wenn die letzten Kundgebungen, die die
Presse Lloyd George zuschreibt, der Wahrheit
entsprechen, so erhellt daraus mehr als genug,
daß Lloyd George und seine Umgebung voll¬
ständig unzulänglich informiert ist über die
Verhältnisse in Westpreußen, oder die War¬
schauer und Posener haben in der West-
Preußischen Angelegenheit versagt.

Hat der sehr geehrte Herr Kommissar die
Sicherheit, daß die augenblicklichen Informa¬
toren auch die örtliche Verteilung der Polnischen
Bevölkerung genau kennen und daß sie ein
entsprechendes Material in der Hand haben?
Was für uns eine elementare Kenntnis ist —
wie z, B, daß die deutsche Mehrheit von un¬
gefähr 300 000 in Westpreußen, abgesehen
davon, daß sie zum großen Teil künstlich ge¬
schaffen ist, territorial so verteilt ist, daß nach
Abtrennung der Gegend von Elbing, Rosen¬
berg das Bevölkerungsresultat für beide
Nationalitäten gleichmäßig ausfällt, das eben
kann möglicherweise den jetzigen Informatoren
eine l'erre inLoZnita sein.

Danzig wiederum als eine Stadt, die
auf einem verhältnismäßig kleinen Gebiet
200 000 deutsche Einwohner vereinigt, kann
nicht als ein maßgebender Faktor gelten
für eine Sonderbehandlung innerhalb West¬
preußens; ebenso wie Konstantinopel nicht
Griechenland zufällt, obwohl dort 400 000
Griechen wohnen, sondern politisch dem
Territorium zufällt, auf dem es steht.

Wenn man die genannten Kreise und
Danzig abstreicht, dann haben wir in West-

[Spaltenumbruch]

Preußen sogar eine erhebliche Polnische Mehr¬
heit. Die deutsche Bevölkerung ist also auf
einige Punkte Westpreußens und auf Danzig
beschränkt.

Zuzugeben, daß in Westpreußen eine Pol¬
nische Minderheit besteht, ist also falsch, ge¬
radezu geeignet, die Koalition in eine irrige
Auffassung zu bringen. Die deutsche Mehr¬
heit kommt eben nur durch .die genannten
einzelnen Punkte zustande, die fast rein
deutsch sind.

Wenn die Kundgebung Lloyd Georges
auf Wahrheit beruht, dann wäre diese An¬
schauung offenbar irrig. Wäre es in Anbe-
betracht solcher Vorfälle nicht angebracht, eher
zu viel als zu wenig zu tun?

Es ist gleichgültig, wer und wieviel
Personen hinfahren — wenn nur alles getan
wird, was in unserer Möglichkeit steht.

Heute gerade lese ich in der „Gazette de
Lausanne" vom 21. März: „Heute ist eine
schlesische Deputation in Paris eingetroffen,
um der Konferenz die Aspirationen des
schlesischen Teils vorzutragen, der mit Polen
wieder vereinigt zu werden wünscht".

Sollte Westpreußen nicht das gleiche Recht
haben, ebenso vorzugehen wie Oberschlesien?

Victeant oonsules!

Vielleicht wird es heute noch nicht zu spät
sein, am 10. März war schon die höchste Zeit.

gez.: Dr. Ossowski.

(Auch nach Abtrennung der Kreise Rosen¬
berg und Elbing. die rund 147 000 deutsche
Einwohner haben, ist die Mehrheit der Ein¬
wohner Westpreuß-us, entgegen den Behaup¬
tungen des Dr. Ossowski, unzweifelhaft deuisch.
Die Behauptung, daß die deutsche Mehrheit
künstlich geschaffen sei, ist an dieser Stelle
schon zu oft als falsch erwiesen, als daß sich
ein Eingehen darauf lohnte. Im übrigen ist
die Methode einmal wieder echt. Um einen
kümmerlichen Beweis für den angeblich Pol¬
nischen Charakter Wsstpreußens zu führen,
wird Danzig aus der Berechnung ausge¬
schaltet, was aber natürlich nicht hindert,
dieses selbe Danzig unter anderm Vormcmd
für Polen »u beanspruchen.)

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[0503] Materialien zur ostdeutschen Frage polnische Beweiskunst Wir berichteten kürzlich über die Ent¬ sendung einer kassubisch-polnischen Abordnung nach Paris. Wie diese veranlaßt worden ist, geht aus der folgenden Abschrift eines Briefes des polnischen Volksrats in Kulm hervor: Sehr geehrter Herr Kommissarl Ich erlaube mir zu meinen Ausführungen auf der Konferenz im Kommissariat am 1V. d, Mes. betreffend Entsendung eines oder mehrerer Informatoren nach Paris speziell für Westpreußen und Danzig zurückzukommen. Die Auslandsnachrichten der letzten Stunden bestärken mich in meinen auf der Konferenz geäußerten Ansichten. Wenn die letzten Kundgebungen, die die Presse Lloyd George zuschreibt, der Wahrheit entsprechen, so erhellt daraus mehr als genug, daß Lloyd George und seine Umgebung voll¬ ständig unzulänglich informiert ist über die Verhältnisse in Westpreußen, oder die War¬ schauer und Posener haben in der West- Preußischen Angelegenheit versagt. Hat der sehr geehrte Herr Kommissar die Sicherheit, daß die augenblicklichen Informa¬ toren auch die örtliche Verteilung der Polnischen Bevölkerung genau kennen und daß sie ein entsprechendes Material in der Hand haben? Was für uns eine elementare Kenntnis ist — wie z, B, daß die deutsche Mehrheit von un¬ gefähr 300 000 in Westpreußen, abgesehen davon, daß sie zum großen Teil künstlich ge¬ schaffen ist, territorial so verteilt ist, daß nach Abtrennung der Gegend von Elbing, Rosen¬ berg das Bevölkerungsresultat für beide Nationalitäten gleichmäßig ausfällt, das eben kann möglicherweise den jetzigen Informatoren eine l'erre inLoZnita sein. Danzig wiederum als eine Stadt, die auf einem verhältnismäßig kleinen Gebiet 200 000 deutsche Einwohner vereinigt, kann nicht als ein maßgebender Faktor gelten für eine Sonderbehandlung innerhalb West¬ preußens; ebenso wie Konstantinopel nicht Griechenland zufällt, obwohl dort 400 000 Griechen wohnen, sondern politisch dem Territorium zufällt, auf dem es steht. Wenn man die genannten Kreise und Danzig abstreicht, dann haben wir in West- Preußen sogar eine erhebliche Polnische Mehr¬ heit. Die deutsche Bevölkerung ist also auf einige Punkte Westpreußens und auf Danzig beschränkt. Zuzugeben, daß in Westpreußen eine Pol¬ nische Minderheit besteht, ist also falsch, ge¬ radezu geeignet, die Koalition in eine irrige Auffassung zu bringen. Die deutsche Mehr¬ heit kommt eben nur durch .die genannten einzelnen Punkte zustande, die fast rein deutsch sind. Wenn die Kundgebung Lloyd Georges auf Wahrheit beruht, dann wäre diese An¬ schauung offenbar irrig. Wäre es in Anbe- betracht solcher Vorfälle nicht angebracht, eher zu viel als zu wenig zu tun? Es ist gleichgültig, wer und wieviel Personen hinfahren — wenn nur alles getan wird, was in unserer Möglichkeit steht. Heute gerade lese ich in der „Gazette de Lausanne" vom 21. März: „Heute ist eine schlesische Deputation in Paris eingetroffen, um der Konferenz die Aspirationen des schlesischen Teils vorzutragen, der mit Polen wieder vereinigt zu werden wünscht". Sollte Westpreußen nicht das gleiche Recht haben, ebenso vorzugehen wie Oberschlesien? Victeant oonsules! Vielleicht wird es heute noch nicht zu spät sein, am 10. März war schon die höchste Zeit. gez.: Dr. Ossowski. (Auch nach Abtrennung der Kreise Rosen¬ berg und Elbing. die rund 147 000 deutsche Einwohner haben, ist die Mehrheit der Ein¬ wohner Westpreuß-us, entgegen den Behaup¬ tungen des Dr. Ossowski, unzweifelhaft deuisch. Die Behauptung, daß die deutsche Mehrheit künstlich geschaffen sei, ist an dieser Stelle schon zu oft als falsch erwiesen, als daß sich ein Eingehen darauf lohnte. Im übrigen ist die Methode einmal wieder echt. Um einen kümmerlichen Beweis für den angeblich Pol¬ nischen Charakter Wsstpreußens zu führen, wird Danzig aus der Berechnung ausge¬ schaltet, was aber natürlich nicht hindert, dieses selbe Danzig unter anderm Vormcmd für Polen »u beanspruchen.)

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/503>, abgerufen am 29.04.2024.