Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Materialien zur ostdeutschen Frage

[Beginn Spaltensatz]

und Land Tirschtiegel erlassen haben, um ihr
Deutschtum darzutun, heißt eS:

Tirschtiegel nebst den dazugehörigen Ort¬
schaften östlich der Obra mit rund 10 000
Einwohnern, nämlich den Dörfern Deutsch¬
höhe, Ziegelscheune, Lentschen, Amtskaßner'
Kupferhammer, Altvorwerk, Glashütte, Hütten-
haulcmd, Lubenhauland, Sawade, Blake,
Lewitzhauland, Kreuzwehr, Lewitz, Punken,
Neuschilln, Jablonke und Petershag ist seit
Jahrhunderten deutsches Land und von
Deutschen bewohnt. Nur 6 Prozent Polen
sind der deutschen Bevölkerung untermischt.

Schon vor der Völkerwanderung haben
hier deutsche Stämme gesessen und bereits
im zehnten und elften Jahrhundert haben
deutsche Kolonisten dieses Land dem Deutsch¬
tum zurückerobert. Wenn auch vorübergehend
unter polnischer Oberhoheit stehend, sind
Land und Leute doch stets deutsch geblieben
und haben deutsches Recht, deutsche Sprache,
Volksart und Sitte bis auf den heutigen
Tag unberührt bewahrt. Polnischen Ein¬
fluß ist es nie gelungen, die hier wohnenden
deutschen Ackerbauer, Bürger und Handwerker
zu Polonisieren. Polnische Schulen und
Kirchen haben nie bestanden. Der größte
Teil der Bewohner ist evangelisch, aber auch
der katholische Teil ist deutsch und weist alle
Polnischen Ansprüche auf diese Gegend auf
das schärfste zurück. Zahlreiche Original¬
urkunden, die uns aus jener Zeit vorliegen,
haben deutschen Wortlaut und Inhalt und
beweisen, daß Polnische Sprache und Kultur
hier nie Einfluß zu erlangen vermocht haben.

Neindeutsch hat sich auch die Bevölkerung
bis auf die heutige Zeit erhalten und weit
in den angrenzenden Kreis Neutomischel,
noch über die ebenfalls reindeutsche Stadt
Neutomischel hinaus, reicht unbestritten
deutsches Sprachgebiet.

Auch wirtschaftlich bildet unsere Gegend
einen wichtigen Faktor für die Volksernährung
und Industrie des deutschen Hinterlandes.
Unser Bezirk liefert 16000 gentner Körner¬
früchte und 100000 Zentner Kartoffeln. Die
weitausgedehnter Seen und Flußläufe geben
alljährlich mehrere tausend Zentner Fische
her, die besonders nach den Großstädten
Mitteldeutschlands, und insbesondere nach
Berlin gehen. Die großen Schilfrohrbestände

[Spaltenumbruch]

unserer Seen versorgen die Rohrwebereien
und sonstigen Rohrindustrien von fast ganz
Deutschland. Tirschtiegel ist ferner die Zen¬
trale des Korbweidenbaues im Osten des
Reiches, und liefert jährlich 300000 Zentner
wertvollsten Korbweidenmaterials. Die weit¬
ausgedehnter Waldungen beschäftigen viele
Schneidemühlen, welche den Westen mit
Schnittmaterial beliefern. Große Mengen
Grubenhölzer werden nach denKohlengebieten
Westfalens und Nied"'rschlesiens ausgeführt.
Der Grundbesitz befindet sich ausschließlich
in deutschen Händen, auch wird die Steuer¬
last nur von Deutschen getragen.

Wir können es daher nicht dulden, daß
unser geschichtlicher und wirtschaftlicher Zu¬
sammenhang mit dem westlichen Hinterkante
auch nur vorübergehend gestört werde. Es
gäbe keine größere Ungerechtigkeit in unserer
Zeit,' als wenn Landesteile, deren Volks-
tum, Sprache und Wirtschaft aufeinander
angewiesen sind, auseinandergerissen werden
sollten.

Das deutsche Volk, das im Vertrauen
auf die Wilsonschen Grundsätze die Waffen
niedergelegt hat, muß verlangen, daß das
Selbstbestimmungsrecht der Bevölkerung auch
auf unseren Kreis angewandt wird.

4. Betsche.

Die Stadt Betsche im Nordosten deS
Kreises, der einige Dörfer mit überwiegend
polnischer Bevölkerung aufweist, ist nach Ein¬
wohnerzahl, nach dem Stadtbilde, seinen
Sitten und Gewohnheiten ebenfalls eine
unbestreitbar deutsche Stadt. Auch Betsche
und Umgegend liefern deutsches Korn und
deutsche Kartoffeln in reichstem Maße, und
seine Moorkulturen zeigen deutschen Fleiß
und deutsche Tatkraft.

ö. Brätz.

Brätz, unmittelbar an der branden¬
burgischen Grenze gelegen, hat reindeutschen
Charakter und weist nur 1 Prozent Polen
auf. Deutscher Handwerkerfleiß, besonders
Tuchmacherei und Schuhmacherei, haben dem
Städtchen sein deutsches Gepräge gegeben.
Ackerbau und Viehzucht liefern besonders in
Brätz bedeutsame Erträge.

[Ende Spaltensatz]
Materialien zur ostdeutschen Frage

[Beginn Spaltensatz]

und Land Tirschtiegel erlassen haben, um ihr
Deutschtum darzutun, heißt eS:

Tirschtiegel nebst den dazugehörigen Ort¬
schaften östlich der Obra mit rund 10 000
Einwohnern, nämlich den Dörfern Deutsch¬
höhe, Ziegelscheune, Lentschen, Amtskaßner'
Kupferhammer, Altvorwerk, Glashütte, Hütten-
haulcmd, Lubenhauland, Sawade, Blake,
Lewitzhauland, Kreuzwehr, Lewitz, Punken,
Neuschilln, Jablonke und Petershag ist seit
Jahrhunderten deutsches Land und von
Deutschen bewohnt. Nur 6 Prozent Polen
sind der deutschen Bevölkerung untermischt.

Schon vor der Völkerwanderung haben
hier deutsche Stämme gesessen und bereits
im zehnten und elften Jahrhundert haben
deutsche Kolonisten dieses Land dem Deutsch¬
tum zurückerobert. Wenn auch vorübergehend
unter polnischer Oberhoheit stehend, sind
Land und Leute doch stets deutsch geblieben
und haben deutsches Recht, deutsche Sprache,
Volksart und Sitte bis auf den heutigen
Tag unberührt bewahrt. Polnischen Ein¬
fluß ist es nie gelungen, die hier wohnenden
deutschen Ackerbauer, Bürger und Handwerker
zu Polonisieren. Polnische Schulen und
Kirchen haben nie bestanden. Der größte
Teil der Bewohner ist evangelisch, aber auch
der katholische Teil ist deutsch und weist alle
Polnischen Ansprüche auf diese Gegend auf
das schärfste zurück. Zahlreiche Original¬
urkunden, die uns aus jener Zeit vorliegen,
haben deutschen Wortlaut und Inhalt und
beweisen, daß Polnische Sprache und Kultur
hier nie Einfluß zu erlangen vermocht haben.

Neindeutsch hat sich auch die Bevölkerung
bis auf die heutige Zeit erhalten und weit
in den angrenzenden Kreis Neutomischel,
noch über die ebenfalls reindeutsche Stadt
Neutomischel hinaus, reicht unbestritten
deutsches Sprachgebiet.

Auch wirtschaftlich bildet unsere Gegend
einen wichtigen Faktor für die Volksernährung
und Industrie des deutschen Hinterlandes.
Unser Bezirk liefert 16000 gentner Körner¬
früchte und 100000 Zentner Kartoffeln. Die
weitausgedehnter Seen und Flußläufe geben
alljährlich mehrere tausend Zentner Fische
her, die besonders nach den Großstädten
Mitteldeutschlands, und insbesondere nach
Berlin gehen. Die großen Schilfrohrbestände

[Spaltenumbruch]

unserer Seen versorgen die Rohrwebereien
und sonstigen Rohrindustrien von fast ganz
Deutschland. Tirschtiegel ist ferner die Zen¬
trale des Korbweidenbaues im Osten des
Reiches, und liefert jährlich 300000 Zentner
wertvollsten Korbweidenmaterials. Die weit¬
ausgedehnter Waldungen beschäftigen viele
Schneidemühlen, welche den Westen mit
Schnittmaterial beliefern. Große Mengen
Grubenhölzer werden nach denKohlengebieten
Westfalens und Nied«'rschlesiens ausgeführt.
Der Grundbesitz befindet sich ausschließlich
in deutschen Händen, auch wird die Steuer¬
last nur von Deutschen getragen.

Wir können es daher nicht dulden, daß
unser geschichtlicher und wirtschaftlicher Zu¬
sammenhang mit dem westlichen Hinterkante
auch nur vorübergehend gestört werde. Es
gäbe keine größere Ungerechtigkeit in unserer
Zeit,' als wenn Landesteile, deren Volks-
tum, Sprache und Wirtschaft aufeinander
angewiesen sind, auseinandergerissen werden
sollten.

Das deutsche Volk, das im Vertrauen
auf die Wilsonschen Grundsätze die Waffen
niedergelegt hat, muß verlangen, daß das
Selbstbestimmungsrecht der Bevölkerung auch
auf unseren Kreis angewandt wird.

4. Betsche.

Die Stadt Betsche im Nordosten deS
Kreises, der einige Dörfer mit überwiegend
polnischer Bevölkerung aufweist, ist nach Ein¬
wohnerzahl, nach dem Stadtbilde, seinen
Sitten und Gewohnheiten ebenfalls eine
unbestreitbar deutsche Stadt. Auch Betsche
und Umgegend liefern deutsches Korn und
deutsche Kartoffeln in reichstem Maße, und
seine Moorkulturen zeigen deutschen Fleiß
und deutsche Tatkraft.

ö. Brätz.

Brätz, unmittelbar an der branden¬
burgischen Grenze gelegen, hat reindeutschen
Charakter und weist nur 1 Prozent Polen
auf. Deutscher Handwerkerfleiß, besonders
Tuchmacherei und Schuhmacherei, haben dem
Städtchen sein deutsches Gepräge gegeben.
Ackerbau und Viehzucht liefern besonders in
Brätz bedeutsame Erträge.

[Ende Spaltensatz]
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <div n="4">
                <div n="5">
                  <div n="6">
                    <pb facs="#f0536" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/335948"/>
                    <fw type="header" place="top"> Materialien zur ostdeutschen Frage</fw><lb/>
                    <cb type="start"/>
                    <p xml:id="ID_3070" prev="#ID_3069"> und Land Tirschtiegel erlassen haben, um ihr<lb/>
Deutschtum darzutun, heißt eS:</p>
                    <p xml:id="ID_3071"> Tirschtiegel nebst den dazugehörigen Ort¬<lb/>
schaften östlich der Obra mit rund 10 000<lb/>
Einwohnern, nämlich den Dörfern Deutsch¬<lb/>
höhe, Ziegelscheune, Lentschen, Amtskaßner'<lb/>
Kupferhammer, Altvorwerk, Glashütte, Hütten-<lb/>
haulcmd, Lubenhauland, Sawade, Blake,<lb/>
Lewitzhauland, Kreuzwehr, Lewitz, Punken,<lb/>
Neuschilln, Jablonke und Petershag ist seit<lb/>
Jahrhunderten deutsches Land und von<lb/>
Deutschen bewohnt. Nur 6 Prozent Polen<lb/>
sind der deutschen Bevölkerung untermischt.</p>
                    <p xml:id="ID_3072"> Schon vor der Völkerwanderung haben<lb/>
hier deutsche Stämme gesessen und bereits<lb/>
im zehnten und elften Jahrhundert haben<lb/>
deutsche Kolonisten dieses Land dem Deutsch¬<lb/>
tum zurückerobert. Wenn auch vorübergehend<lb/>
unter polnischer Oberhoheit stehend, sind<lb/>
Land und Leute doch stets deutsch geblieben<lb/>
und haben deutsches Recht, deutsche Sprache,<lb/>
Volksart und Sitte bis auf den heutigen<lb/>
Tag unberührt bewahrt. Polnischen Ein¬<lb/>
fluß ist es nie gelungen, die hier wohnenden<lb/>
deutschen Ackerbauer, Bürger und Handwerker<lb/>
zu Polonisieren. Polnische Schulen und<lb/>
Kirchen haben nie bestanden. Der größte<lb/>
Teil der Bewohner ist evangelisch, aber auch<lb/>
der katholische Teil ist deutsch und weist alle<lb/>
Polnischen Ansprüche auf diese Gegend auf<lb/>
das schärfste zurück. Zahlreiche Original¬<lb/>
urkunden, die uns aus jener Zeit vorliegen,<lb/>
haben deutschen Wortlaut und Inhalt und<lb/>
beweisen, daß Polnische Sprache und Kultur<lb/>
hier nie Einfluß zu erlangen vermocht haben.</p>
                    <p xml:id="ID_3073"> Neindeutsch hat sich auch die Bevölkerung<lb/>
bis auf die heutige Zeit erhalten und weit<lb/>
in den angrenzenden Kreis Neutomischel,<lb/>
noch über die ebenfalls reindeutsche Stadt<lb/>
Neutomischel hinaus, reicht unbestritten<lb/>
deutsches Sprachgebiet.</p>
                    <p xml:id="ID_3074" next="#ID_3075"> Auch wirtschaftlich bildet unsere Gegend<lb/>
einen wichtigen Faktor für die Volksernährung<lb/>
und Industrie des deutschen Hinterlandes.<lb/>
Unser Bezirk liefert 16000 gentner Körner¬<lb/>
früchte und 100000 Zentner Kartoffeln. Die<lb/>
weitausgedehnter Seen und Flußläufe geben<lb/>
alljährlich mehrere tausend Zentner Fische<lb/>
her, die besonders nach den Großstädten<lb/>
Mitteldeutschlands, und insbesondere nach<lb/>
Berlin gehen. Die großen Schilfrohrbestände</p>
                    <cb/><lb/>
                    <p xml:id="ID_3075" prev="#ID_3074"> unserer Seen versorgen die Rohrwebereien<lb/>
und sonstigen Rohrindustrien von fast ganz<lb/>
Deutschland. Tirschtiegel ist ferner die Zen¬<lb/>
trale des Korbweidenbaues im Osten des<lb/>
Reiches, und liefert jährlich 300000 Zentner<lb/>
wertvollsten Korbweidenmaterials. Die weit¬<lb/>
ausgedehnter Waldungen beschäftigen viele<lb/>
Schneidemühlen, welche den Westen mit<lb/>
Schnittmaterial beliefern. Große Mengen<lb/>
Grubenhölzer werden nach denKohlengebieten<lb/>
Westfalens und Nied«'rschlesiens ausgeführt.<lb/>
Der Grundbesitz befindet sich ausschließlich<lb/>
in deutschen Händen, auch wird die Steuer¬<lb/>
last nur von Deutschen getragen.</p>
                    <p xml:id="ID_3076"> Wir können es daher nicht dulden, daß<lb/>
unser geschichtlicher und wirtschaftlicher Zu¬<lb/>
sammenhang mit dem westlichen Hinterkante<lb/>
auch nur vorübergehend gestört werde. Es<lb/>
gäbe keine größere Ungerechtigkeit in unserer<lb/>
Zeit,' als wenn Landesteile, deren Volks-<lb/>
tum, Sprache und Wirtschaft aufeinander<lb/>
angewiesen sind, auseinandergerissen werden<lb/>
sollten.</p>
                    <p xml:id="ID_3077"> Das deutsche Volk, das im Vertrauen<lb/>
auf die Wilsonschen Grundsätze die Waffen<lb/>
niedergelegt hat, muß verlangen, daß das<lb/>
Selbstbestimmungsrecht der Bevölkerung auch<lb/>
auf unseren Kreis angewandt wird.</p>
                  </div>
                  <div n="6">
                    <head> 4. Betsche.</head><lb/>
                    <p xml:id="ID_3078"> Die Stadt Betsche im Nordosten deS<lb/>
Kreises, der einige Dörfer mit überwiegend<lb/>
polnischer Bevölkerung aufweist, ist nach Ein¬<lb/>
wohnerzahl, nach dem Stadtbilde, seinen<lb/>
Sitten und Gewohnheiten ebenfalls eine<lb/>
unbestreitbar deutsche Stadt. Auch Betsche<lb/>
und Umgegend liefern deutsches Korn und<lb/>
deutsche Kartoffeln in reichstem Maße, und<lb/>
seine Moorkulturen zeigen deutschen Fleiß<lb/>
und deutsche Tatkraft.</p>
                  </div>
                  <div n="6">
                    <head> ö. Brätz.</head><lb/>
                    <p xml:id="ID_3079"> Brätz, unmittelbar an der branden¬<lb/>
burgischen Grenze gelegen, hat reindeutschen<lb/>
Charakter und weist nur 1 Prozent Polen<lb/>
auf. Deutscher Handwerkerfleiß, besonders<lb/>
Tuchmacherei und Schuhmacherei, haben dem<lb/>
Städtchen sein deutsches Gepräge gegeben.<lb/>
Ackerbau und Viehzucht liefern besonders in<lb/>
Brätz bedeutsame Erträge.</p>
                    <cb type="end"/><lb/>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0536] Materialien zur ostdeutschen Frage und Land Tirschtiegel erlassen haben, um ihr Deutschtum darzutun, heißt eS: Tirschtiegel nebst den dazugehörigen Ort¬ schaften östlich der Obra mit rund 10 000 Einwohnern, nämlich den Dörfern Deutsch¬ höhe, Ziegelscheune, Lentschen, Amtskaßner' Kupferhammer, Altvorwerk, Glashütte, Hütten- haulcmd, Lubenhauland, Sawade, Blake, Lewitzhauland, Kreuzwehr, Lewitz, Punken, Neuschilln, Jablonke und Petershag ist seit Jahrhunderten deutsches Land und von Deutschen bewohnt. Nur 6 Prozent Polen sind der deutschen Bevölkerung untermischt. Schon vor der Völkerwanderung haben hier deutsche Stämme gesessen und bereits im zehnten und elften Jahrhundert haben deutsche Kolonisten dieses Land dem Deutsch¬ tum zurückerobert. Wenn auch vorübergehend unter polnischer Oberhoheit stehend, sind Land und Leute doch stets deutsch geblieben und haben deutsches Recht, deutsche Sprache, Volksart und Sitte bis auf den heutigen Tag unberührt bewahrt. Polnischen Ein¬ fluß ist es nie gelungen, die hier wohnenden deutschen Ackerbauer, Bürger und Handwerker zu Polonisieren. Polnische Schulen und Kirchen haben nie bestanden. Der größte Teil der Bewohner ist evangelisch, aber auch der katholische Teil ist deutsch und weist alle Polnischen Ansprüche auf diese Gegend auf das schärfste zurück. Zahlreiche Original¬ urkunden, die uns aus jener Zeit vorliegen, haben deutschen Wortlaut und Inhalt und beweisen, daß Polnische Sprache und Kultur hier nie Einfluß zu erlangen vermocht haben. Neindeutsch hat sich auch die Bevölkerung bis auf die heutige Zeit erhalten und weit in den angrenzenden Kreis Neutomischel, noch über die ebenfalls reindeutsche Stadt Neutomischel hinaus, reicht unbestritten deutsches Sprachgebiet. Auch wirtschaftlich bildet unsere Gegend einen wichtigen Faktor für die Volksernährung und Industrie des deutschen Hinterlandes. Unser Bezirk liefert 16000 gentner Körner¬ früchte und 100000 Zentner Kartoffeln. Die weitausgedehnter Seen und Flußläufe geben alljährlich mehrere tausend Zentner Fische her, die besonders nach den Großstädten Mitteldeutschlands, und insbesondere nach Berlin gehen. Die großen Schilfrohrbestände unserer Seen versorgen die Rohrwebereien und sonstigen Rohrindustrien von fast ganz Deutschland. Tirschtiegel ist ferner die Zen¬ trale des Korbweidenbaues im Osten des Reiches, und liefert jährlich 300000 Zentner wertvollsten Korbweidenmaterials. Die weit¬ ausgedehnter Waldungen beschäftigen viele Schneidemühlen, welche den Westen mit Schnittmaterial beliefern. Große Mengen Grubenhölzer werden nach denKohlengebieten Westfalens und Nied«'rschlesiens ausgeführt. Der Grundbesitz befindet sich ausschließlich in deutschen Händen, auch wird die Steuer¬ last nur von Deutschen getragen. Wir können es daher nicht dulden, daß unser geschichtlicher und wirtschaftlicher Zu¬ sammenhang mit dem westlichen Hinterkante auch nur vorübergehend gestört werde. Es gäbe keine größere Ungerechtigkeit in unserer Zeit,' als wenn Landesteile, deren Volks- tum, Sprache und Wirtschaft aufeinander angewiesen sind, auseinandergerissen werden sollten. Das deutsche Volk, das im Vertrauen auf die Wilsonschen Grundsätze die Waffen niedergelegt hat, muß verlangen, daß das Selbstbestimmungsrecht der Bevölkerung auch auf unseren Kreis angewandt wird. 4. Betsche. Die Stadt Betsche im Nordosten deS Kreises, der einige Dörfer mit überwiegend polnischer Bevölkerung aufweist, ist nach Ein¬ wohnerzahl, nach dem Stadtbilde, seinen Sitten und Gewohnheiten ebenfalls eine unbestreitbar deutsche Stadt. Auch Betsche und Umgegend liefern deutsches Korn und deutsche Kartoffeln in reichstem Maße, und seine Moorkulturen zeigen deutschen Fleiß und deutsche Tatkraft. ö. Brätz. Brätz, unmittelbar an der branden¬ burgischen Grenze gelegen, hat reindeutschen Charakter und weist nur 1 Prozent Polen auf. Deutscher Handwerkerfleiß, besonders Tuchmacherei und Schuhmacherei, haben dem Städtchen sein deutsches Gepräge gegeben. Ackerbau und Viehzucht liefern besonders in Brätz bedeutsame Erträge.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/536
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/536>, abgerufen am 29.04.2024.