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Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Viertes Vierteljahr.

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aufzusparen, haben unserer Marine das Grab
gegraben. Dazu kam ein wenig glücklicher
Operationsplan und des Fehlen eines über¬
ragenden Führergenies an den entscheidenden
Stellen, Admiralstab und Flotte. Um so
Heller leuchten die Einzeltaten der Schiffe
und Menschen. -- Sachlich,' dabei frisch und
mit Wärme geschrieben, freimütig in der
Kritik, doch ohne jede persönliche Schärfen,
erweist das Buch sich würdig des großen und
schwierigen Gegenstandes, den es behandelt.
Bearbeitet ist es von Korvettenkapitän Groos
unter verantwortlicher Leitung des Konter¬
admirals a. D. E. v. Mantey.

Im Schatten Kleists. Roman von Hans
Schoenfeld, Leipzig. Fr. Wilh. Grunow.

Im Schatten Kleists wandert Georg
Leisegang. Er ist im Besitz großer Gaben,
und er legt sie dem Schatten Kleists zu
Füßen. Lebt doch in ihm die Ahnung, daß
er berufen ist, die Arbeit Heinrichs von Kleist
weiterzuführen, daß der große Tote ihm
seine Seele übertragen hat, die ihn beeinflußt
und leitet. Georg Leisegang ist der Typus
"mes modernen Menschen. Er will vieles,

[Spaltenumbruch]

und immer das Gute, aber er bleibt meistens
auf halbem Wege stehen, weil ihn andre
Probleme reizen. Zuerst wollte er nur der
Freundschaft leben, dann sehnt er sich nach
Frauenliebe und zweifelt doch, ob er sich
ihrer erfreuen darf. Die Frauen sind ihm
sehr gewogen, ein wenig zu sehr, aber wo
eine zarte Liebe ihm entgegengebracht Wird
da vergrübelt er die beste Gelegenheit und
muß erleben, daß die einst Begehrenden sich
ebenso von ihm wenden, wie der Freund, der
ihm den Abschied gibt. Immer ist es der
Schatten Kleists, der ihn hindert, das erlösende
Wort zu finden, immer spricht die mystische
Stimme in seinem Innern, daß er Kleist
gleich sein müßte, wie er ihm auch in seinem
Äußern gleicht. Die Welt bietet ihm Arbeit,
damit er genese, er wirft sich sogar der
Christlichen Wissenschaft in die Arme und
findet in ihr einige Zeit Ruhe der Seele.
Bis auch sie versagt und sogar der Krieg mit
seinem großen Erleben ihn durch sein unseliges
Ende so verbittert, daß er beschließt, es seinem
großen Schatten gleich zu tun und die Welt
zu verlassen. Er findet sogar eine zweite
Henriette Vogel, die bereit ist mit ihm Z"

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Bücherschau

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aufzusparen, haben unserer Marine das Grab
gegraben. Dazu kam ein wenig glücklicher
Operationsplan und des Fehlen eines über¬
ragenden Führergenies an den entscheidenden
Stellen, Admiralstab und Flotte. Um so
Heller leuchten die Einzeltaten der Schiffe
und Menschen. — Sachlich,' dabei frisch und
mit Wärme geschrieben, freimütig in der
Kritik, doch ohne jede persönliche Schärfen,
erweist das Buch sich würdig des großen und
schwierigen Gegenstandes, den es behandelt.
Bearbeitet ist es von Korvettenkapitän Groos
unter verantwortlicher Leitung des Konter¬
admirals a. D. E. v. Mantey.

Im Schatten Kleists. Roman von Hans
Schoenfeld, Leipzig. Fr. Wilh. Grunow.

Im Schatten Kleists wandert Georg
Leisegang. Er ist im Besitz großer Gaben,
und er legt sie dem Schatten Kleists zu
Füßen. Lebt doch in ihm die Ahnung, daß
er berufen ist, die Arbeit Heinrichs von Kleist
weiterzuführen, daß der große Tote ihm
seine Seele übertragen hat, die ihn beeinflußt
und leitet. Georg Leisegang ist der Typus
«mes modernen Menschen. Er will vieles,

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und immer das Gute, aber er bleibt meistens
auf halbem Wege stehen, weil ihn andre
Probleme reizen. Zuerst wollte er nur der
Freundschaft leben, dann sehnt er sich nach
Frauenliebe und zweifelt doch, ob er sich
ihrer erfreuen darf. Die Frauen sind ihm
sehr gewogen, ein wenig zu sehr, aber wo
eine zarte Liebe ihm entgegengebracht Wird
da vergrübelt er die beste Gelegenheit und
muß erleben, daß die einst Begehrenden sich
ebenso von ihm wenden, wie der Freund, der
ihm den Abschied gibt. Immer ist es der
Schatten Kleists, der ihn hindert, das erlösende
Wort zu finden, immer spricht die mystische
Stimme in seinem Innern, daß er Kleist
gleich sein müßte, wie er ihm auch in seinem
Äußern gleicht. Die Welt bietet ihm Arbeit,
damit er genese, er wirft sich sogar der
Christlichen Wissenschaft in die Arme und
findet in ihr einige Zeit Ruhe der Seele.
Bis auch sie versagt und sogar der Krieg mit
seinem großen Erleben ihn durch sein unseliges
Ende so verbittert, daß er beschließt, es seinem
großen Schatten gleich zu tun und die Welt
zu verlassen. Er findet sogar eine zweite
Henriette Vogel, die bereit ist mit ihm Z»

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[0102] Bücherschau aufzusparen, haben unserer Marine das Grab gegraben. Dazu kam ein wenig glücklicher Operationsplan und des Fehlen eines über¬ ragenden Führergenies an den entscheidenden Stellen, Admiralstab und Flotte. Um so Heller leuchten die Einzeltaten der Schiffe und Menschen. — Sachlich,' dabei frisch und mit Wärme geschrieben, freimütig in der Kritik, doch ohne jede persönliche Schärfen, erweist das Buch sich würdig des großen und schwierigen Gegenstandes, den es behandelt. Bearbeitet ist es von Korvettenkapitän Groos unter verantwortlicher Leitung des Konter¬ admirals a. D. E. v. Mantey. Im Schatten Kleists. Roman von Hans Schoenfeld, Leipzig. Fr. Wilh. Grunow. Im Schatten Kleists wandert Georg Leisegang. Er ist im Besitz großer Gaben, und er legt sie dem Schatten Kleists zu Füßen. Lebt doch in ihm die Ahnung, daß er berufen ist, die Arbeit Heinrichs von Kleist weiterzuführen, daß der große Tote ihm seine Seele übertragen hat, die ihn beeinflußt und leitet. Georg Leisegang ist der Typus «mes modernen Menschen. Er will vieles, und immer das Gute, aber er bleibt meistens auf halbem Wege stehen, weil ihn andre Probleme reizen. Zuerst wollte er nur der Freundschaft leben, dann sehnt er sich nach Frauenliebe und zweifelt doch, ob er sich ihrer erfreuen darf. Die Frauen sind ihm sehr gewogen, ein wenig zu sehr, aber wo eine zarte Liebe ihm entgegengebracht Wird da vergrübelt er die beste Gelegenheit und muß erleben, daß die einst Begehrenden sich ebenso von ihm wenden, wie der Freund, der ihm den Abschied gibt. Immer ist es der Schatten Kleists, der ihn hindert, das erlösende Wort zu finden, immer spricht die mystische Stimme in seinem Innern, daß er Kleist gleich sein müßte, wie er ihm auch in seinem Äußern gleicht. Die Welt bietet ihm Arbeit, damit er genese, er wirft sich sogar der Christlichen Wissenschaft in die Arme und findet in ihr einige Zeit Ruhe der Seele. Bis auch sie versagt und sogar der Krieg mit seinem großen Erleben ihn durch sein unseliges Ende so verbittert, daß er beschließt, es seinem großen Schatten gleich zu tun und die Welt zu verlassen. Er findet sogar eine zweite Henriette Vogel, die bereit ist mit ihm Z»

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_338022/102>, abgerufen am 01.05.2024.