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Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Viertes Vierteljahr.

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Neue Männer

Inzwischen ist England fieberhaft tätig, wenigstens seine Position in
Konstanrinoptl zu stärken. Es hat den Einfluß des französischen Generals Franchet-
d Esperry ausgeschaltet und iucht. trotzdem es damit die Mohammedaner Indiens
beunruhigt, mit allen Mitteln Vmwände zu schaffen, die Türken endgültig aus Europa
zu vertreiben. Halt es den Bosporus und die Ostsee, so wird es auch in Mittelasien
wo Kurdinan inzwischen ganz unter bolschewistischen Einfluß geraten zu "ein scheint,
zum mindesten an der indischen Grenze und in Mesopotamien, Rat schaffen. Jeden¬
falls ist aber für E glaub der Krieg noch lange nicht vorbei, ein Grund mehr,
in Europa möglichst für Ruhe zu orgelt, einerlei, ob es nun auf Kosten Deutsch¬
lands oder Flankreichs g Menenius. eschieht. _


Neue Männer
Beim alten Landrat, dem Fachmann von Rang
Und Meister politischen Speeches,
Vermißten wir doch den Tatendrang.
"Des Mannes ist hier wenig!" klang >
Damals der Bannfluch Nietzsches.
Jetzt ist es anders, meiner Seel'l
Heut zeigt sich Woche für Woche,
Daß es nicht länger an Männern fehl'
Die Landräte Reichardt und Passest
Verkörpern die neue Epoche.
Ist Reichardt auch sonst nicht voulus it kaut,
Erringe er wenigstens den Preis:
Daß er im Verkehr auf dem Landratsbureau
Mit weiblichen Sekretären und so
Durchaus seinen Mann zu steh'n weiß.
Und wie steht Landrat Passest erst da.
Den Eros immer recht roh packt!
Als er den Freund der Geliebten sah,
Wie hat er ihn mit Hip hip Hurra
Urkräftig beschimpft und vertobackt!
"Ich bin ein Mann, wer ist es mehr?"
Wahrhaftig, ein Anblick für Kenner!
Nun haben wir endlich, was von jeher
All unser Wünschen und Begehr:
Nicht Maßregeln, sondern Männer!
Das Amt des Landrath steht heute in Bann
Süßlieblichen Weibergequietsches.
Und ist er schon kein Verwaltungsmann,
Entspricht er doch, und darauf kommt's an,
Den strengsten Fort'rungen Nietzsches.

pandur


Neue Männer

Inzwischen ist England fieberhaft tätig, wenigstens seine Position in
Konstanrinoptl zu stärken. Es hat den Einfluß des französischen Generals Franchet-
d Esperry ausgeschaltet und iucht. trotzdem es damit die Mohammedaner Indiens
beunruhigt, mit allen Mitteln Vmwände zu schaffen, die Türken endgültig aus Europa
zu vertreiben. Halt es den Bosporus und die Ostsee, so wird es auch in Mittelasien
wo Kurdinan inzwischen ganz unter bolschewistischen Einfluß geraten zu »ein scheint,
zum mindesten an der indischen Grenze und in Mesopotamien, Rat schaffen. Jeden¬
falls ist aber für E glaub der Krieg noch lange nicht vorbei, ein Grund mehr,
in Europa möglichst für Ruhe zu orgelt, einerlei, ob es nun auf Kosten Deutsch¬
lands oder Flankreichs g Menenius. eschieht. _


Neue Männer
Beim alten Landrat, dem Fachmann von Rang
Und Meister politischen Speeches,
Vermißten wir doch den Tatendrang.
„Des Mannes ist hier wenig!" klang >
Damals der Bannfluch Nietzsches.
Jetzt ist es anders, meiner Seel'l
Heut zeigt sich Woche für Woche,
Daß es nicht länger an Männern fehl'
Die Landräte Reichardt und Passest
Verkörpern die neue Epoche.
Ist Reichardt auch sonst nicht voulus it kaut,
Erringe er wenigstens den Preis:
Daß er im Verkehr auf dem Landratsbureau
Mit weiblichen Sekretären und so
Durchaus seinen Mann zu steh'n weiß.
Und wie steht Landrat Passest erst da.
Den Eros immer recht roh packt!
Als er den Freund der Geliebten sah,
Wie hat er ihn mit Hip hip Hurra
Urkräftig beschimpft und vertobackt!
„Ich bin ein Mann, wer ist es mehr?"
Wahrhaftig, ein Anblick für Kenner!
Nun haben wir endlich, was von jeher
All unser Wünschen und Begehr:
Nicht Maßregeln, sondern Männer!
Das Amt des Landrath steht heute in Bann
Süßlieblichen Weibergequietsches.
Und ist er schon kein Verwaltungsmann,
Entspricht er doch, und darauf kommt's an,
Den strengsten Fort'rungen Nietzsches.

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[0231] Neue Männer Inzwischen ist England fieberhaft tätig, wenigstens seine Position in Konstanrinoptl zu stärken. Es hat den Einfluß des französischen Generals Franchet- d Esperry ausgeschaltet und iucht. trotzdem es damit die Mohammedaner Indiens beunruhigt, mit allen Mitteln Vmwände zu schaffen, die Türken endgültig aus Europa zu vertreiben. Halt es den Bosporus und die Ostsee, so wird es auch in Mittelasien wo Kurdinan inzwischen ganz unter bolschewistischen Einfluß geraten zu »ein scheint, zum mindesten an der indischen Grenze und in Mesopotamien, Rat schaffen. Jeden¬ falls ist aber für E glaub der Krieg noch lange nicht vorbei, ein Grund mehr, in Europa möglichst für Ruhe zu orgelt, einerlei, ob es nun auf Kosten Deutsch¬ lands oder Flankreichs g Menenius. eschieht. _ Neue Männer Beim alten Landrat, dem Fachmann von Rang Und Meister politischen Speeches, Vermißten wir doch den Tatendrang. „Des Mannes ist hier wenig!" klang > Damals der Bannfluch Nietzsches. Jetzt ist es anders, meiner Seel'l Heut zeigt sich Woche für Woche, Daß es nicht länger an Männern fehl' Die Landräte Reichardt und Passest Verkörpern die neue Epoche. Ist Reichardt auch sonst nicht voulus it kaut, Erringe er wenigstens den Preis: Daß er im Verkehr auf dem Landratsbureau Mit weiblichen Sekretären und so Durchaus seinen Mann zu steh'n weiß. Und wie steht Landrat Passest erst da. Den Eros immer recht roh packt! Als er den Freund der Geliebten sah, Wie hat er ihn mit Hip hip Hurra Urkräftig beschimpft und vertobackt! „Ich bin ein Mann, wer ist es mehr?" Wahrhaftig, ein Anblick für Kenner! Nun haben wir endlich, was von jeher All unser Wünschen und Begehr: Nicht Maßregeln, sondern Männer! Das Amt des Landrath steht heute in Bann Süßlieblichen Weibergequietsches. Und ist er schon kein Verwaltungsmann, Entspricht er doch, und darauf kommt's an, Den strengsten Fort'rungen Nietzsches. pandur

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_338022/231>, abgerufen am 01.05.2024.