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Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Viertes Vierteljahr.

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Drinnen und draußen

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freienZeit unter Führung ihres deutschen Lehrers
Otto Meistrik auf den Friedhof, und trotz der
geringen zur Verfügung stehenden Mittelrichteten
sie die iür die Werschetzer Bevölkerung heilige
Ruhestätte würdig her. Am 2. November, dem
Allerseelen tag, legte die Werschetzer Ferialver-
bindung "Banatia" einen prachtvollen, mit
Schoa z-rot-goldener Schleife versehenen, eichen-
laubcnen Ehrenkranz, unter Absingung des er¬
greifenden Traucrchorals "Über den Sternen
wohnt Gottes Friede", nieder. Der Erst-
chargicrte der Verbindung, Franz Secmaycr,
hielt in tiefempfundenen, zu Herzen gehenden
Worten die Gebändes ete und schloß mit dem
Ge öbnis, die Ruhestätte der Helden immerdar
in Ehren zu halten. viwa.

Die Weisse> ländische Siedlung.

Unsere
großen Siedlungspläne von 1919 sind als
gescheitert zu betrachten. Der Minister sagt: Die
bescheidenste Landsiedlung kostete 12(1000,/" --
wir haben das Gelf nicht oder, wenn wir's
sei einbar schaffen, treibt uns das unaufhaltsam
ins grundlose Meer der Schuldenwirtschaft.
Für das Nuhrrevier sind für 150 000 Heim¬
stätte" 400 Millionen bereitgestellt, Die sind
bald verbtaucht und Ende des Jahres werden
auch schon 40"0 Heime fertig sein. Die Aus¬
führung des Projektes dauert 30 Jahre. Was
nützt uns das für die Last der Gegenwart.
1914 kostete die Heimstätte t>000 .//ü, heute
über 100 000 Die Mittel sind also mit
4000 Heimstätten draufgcgangen. Der Berg¬
mann soll und kann nicht mehr als 700 ^
Miete zahlen (das Doppelte von 1914).
Also schweben bei jeder Heimstätte (die
700 ^ kapitalisiert) etwa 90 000 in
der Luft. Schaffen wir weitere Mittel, so
heiß das -- -- usw. -- wie oben, -- Hoff¬
nungslos!

Will man dennoch Siedlungshoffnung
haben, so muß man zunächst den Grundfehler
der bisherigen Siedlung einsehen. Wir wollen
immer noch nicht begreifen und als einen
Faktor in unsere Hauptrechnung einstellen,
daß wir ein besiegtes, ein wirtschaftlich
zerbrochenes Volk sind, daß wir ein ganz
armes Vaterland haben. Es geht nicht an,
immer Forderungen an den Staat zu stellen
als wäre gar nichts passiert, als wären wir
noch reich. Dabei ist zunächst die Frage ganz

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gleichgültig: wird der einstige Reichtum recht
angewandt oder nicht? Hin ist hin!

Zu dieser ersten Erkenntnis kommt ti^
zweite Notwendigkeit: Soll das Siedlungs¬
problem staatlich, gemeinwirtschaftlich gelöst
werden, lo kann dieser armselige Staat es
nur, wenn ihm gleichzeitig etwas ganz Positives,
Reales gegeben wird, wirkliche Werte: ein
Kapital, mit dem er wirtschaften kann

Sind diese beiden Tatsachen richtig, so
sind unsere jetzigen Sicdlungsmaßnahmen
fal es Ganz besonders falsch ist der Gedanke,
das Siedlungsplvblem mit dem der produktiven
Erwerbslvsensürsorge zu verbinden. Denn
zwei No,e, zwei Minuswerte geben addiere
kein Plus.

Fürsorge und siedeln sind aber auch an
sich nicht kongruent. Fürsorge ist Notbehelf,
auf eine gewisse Dauer über gewisse Not
hinweghelfend bis eben "bessere Zeiten" ge¬
kommen, die der Fürsorge nicht mehr benötigen,
oder noch schlechtere, die alles gefressen haben.

siedeln aber heißt, von vorn herein etwas
auf Dauer tun, heißt Menschen seßhaft
machen sür ein ganzes Leben, heißt aus Heim
und Scholle Werte schaffen, reale Werte ^
und ideale aus crMter Sehnsucht der Boden-
ständigkeir heraus -- Segen der Heimat!

Soll der Staat die Siclungss.age lösen,
so hat er vom subter zu verlangen, daß er
sich bereitwillig einstellt auf ganz kleine, be¬
scheidene Verhältnisse, wiedieZeir si instch trägt-
Bescheidenste Ansprüche und trotzdem
völlige Hinuabc und ganze Kraft. Mit
Arbeilszeitparagraphcn ist zunächst g r nichts zu
machen. Die Sonne steht über den Gefilden
und kommandiert als Alleinherrscher von
Aufgang bis Niedergang!

Man muß den Mut haben, das zunächst
allen Beteiligten ganz unverblümt zu sage"!
Der Staat muß den Mut habe", das
zu sagen! Und dann: Klein anfangen, d"/
wo die Werte vorhanden sind, aus denen sich
die Siedlung bezahlt.

Diese Werte können nur aus neuen
heimischen Rohstoffen bestehen. Als
solchen gilt es die Groß was serflvra kennen
zu lernen, aufmerksam die hier gegebenen
Möglichkeiten zu überprüfen und dann mutig
zuzugreifen. Sicher ist mit diesem neue"
heimischen Rohstoff, dem Schilfrohr, nicht die

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Drinnen und draußen

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freienZeit unter Führung ihres deutschen Lehrers
Otto Meistrik auf den Friedhof, und trotz der
geringen zur Verfügung stehenden Mittelrichteten
sie die iür die Werschetzer Bevölkerung heilige
Ruhestätte würdig her. Am 2. November, dem
Allerseelen tag, legte die Werschetzer Ferialver-
bindung „Banatia" einen prachtvollen, mit
Schoa z-rot-goldener Schleife versehenen, eichen-
laubcnen Ehrenkranz, unter Absingung des er¬
greifenden Traucrchorals „Über den Sternen
wohnt Gottes Friede", nieder. Der Erst-
chargicrte der Verbindung, Franz Secmaycr,
hielt in tiefempfundenen, zu Herzen gehenden
Worten die Gebändes ete und schloß mit dem
Ge öbnis, die Ruhestätte der Helden immerdar
in Ehren zu halten. viwa.

Die Weisse> ländische Siedlung.

Unsere
großen Siedlungspläne von 1919 sind als
gescheitert zu betrachten. Der Minister sagt: Die
bescheidenste Landsiedlung kostete 12(1000,/« —
wir haben das Gelf nicht oder, wenn wir's
sei einbar schaffen, treibt uns das unaufhaltsam
ins grundlose Meer der Schuldenwirtschaft.
Für das Nuhrrevier sind für 150 000 Heim¬
stätte» 400 Millionen bereitgestellt, Die sind
bald verbtaucht und Ende des Jahres werden
auch schon 40"0 Heime fertig sein. Die Aus¬
führung des Projektes dauert 30 Jahre. Was
nützt uns das für die Last der Gegenwart.
1914 kostete die Heimstätte t>000 .//ü, heute
über 100 000 Die Mittel sind also mit
4000 Heimstätten draufgcgangen. Der Berg¬
mann soll und kann nicht mehr als 700 ^
Miete zahlen (das Doppelte von 1914).
Also schweben bei jeder Heimstätte (die
700 ^ kapitalisiert) etwa 90 000 in
der Luft. Schaffen wir weitere Mittel, so
heiß das — — usw. — wie oben, — Hoff¬
nungslos!

Will man dennoch Siedlungshoffnung
haben, so muß man zunächst den Grundfehler
der bisherigen Siedlung einsehen. Wir wollen
immer noch nicht begreifen und als einen
Faktor in unsere Hauptrechnung einstellen,
daß wir ein besiegtes, ein wirtschaftlich
zerbrochenes Volk sind, daß wir ein ganz
armes Vaterland haben. Es geht nicht an,
immer Forderungen an den Staat zu stellen
als wäre gar nichts passiert, als wären wir
noch reich. Dabei ist zunächst die Frage ganz

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gleichgültig: wird der einstige Reichtum recht
angewandt oder nicht? Hin ist hin!

Zu dieser ersten Erkenntnis kommt ti^
zweite Notwendigkeit: Soll das Siedlungs¬
problem staatlich, gemeinwirtschaftlich gelöst
werden, lo kann dieser armselige Staat es
nur, wenn ihm gleichzeitig etwas ganz Positives,
Reales gegeben wird, wirkliche Werte: ein
Kapital, mit dem er wirtschaften kann

Sind diese beiden Tatsachen richtig, so
sind unsere jetzigen Sicdlungsmaßnahmen
fal es Ganz besonders falsch ist der Gedanke,
das Siedlungsplvblem mit dem der produktiven
Erwerbslvsensürsorge zu verbinden. Denn
zwei No,e, zwei Minuswerte geben addiere
kein Plus.

Fürsorge und siedeln sind aber auch an
sich nicht kongruent. Fürsorge ist Notbehelf,
auf eine gewisse Dauer über gewisse Not
hinweghelfend bis eben „bessere Zeiten" ge¬
kommen, die der Fürsorge nicht mehr benötigen,
oder noch schlechtere, die alles gefressen haben.

siedeln aber heißt, von vorn herein etwas
auf Dauer tun, heißt Menschen seßhaft
machen sür ein ganzes Leben, heißt aus Heim
und Scholle Werte schaffen, reale Werte ^
und ideale aus crMter Sehnsucht der Boden-
ständigkeir heraus — Segen der Heimat!

Soll der Staat die Siclungss.age lösen,
so hat er vom subter zu verlangen, daß er
sich bereitwillig einstellt auf ganz kleine, be¬
scheidene Verhältnisse, wiedieZeir si instch trägt-
Bescheidenste Ansprüche und trotzdem
völlige Hinuabc und ganze Kraft. Mit
Arbeilszeitparagraphcn ist zunächst g r nichts zu
machen. Die Sonne steht über den Gefilden
und kommandiert als Alleinherrscher von
Aufgang bis Niedergang!

Man muß den Mut haben, das zunächst
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wo die Werte vorhanden sind, aus denen sich
die Siedlung bezahlt.

Diese Werte können nur aus neuen
heimischen Rohstoffen bestehen. Als
solchen gilt es die Groß was serflvra kennen
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zuzugreifen. Sicher ist mit diesem neue»
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_338022/316>, abgerufen am 01.05.2024.