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Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Viertes Vierteljahr.

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Offenherzigkeiten

Gegenseite nur noch übrig, daß die Staatsanwaltschaft ebenso unparteiisch wie die
"Vossische Zeitung" vorgeht und neben den Vorratskammern der Berliner Gasthöfe
auch die der hervorragenden Unabhängigen allen Kalibers einer Nachprüfung unter¬
zieht. Es darf nicht vorkommen, daß stark links gerichtete Abgeordnete bloß von
Privatleuten, windigen Redakteuren usw. angeschuldigt werden. Sie habe" un¬
bedingt dasselbe Recht auf amtliche staatsanwaltliche Behandlung wie die großen
Berliner Schlemmerstätten.


Der neue bethlehemitische Aindsrmord

Nachdem ein Dr. Goldstein vor Jahresfrist die Berliner Frauenwelt auf die
unnatürliche Verruchtheit des Kindersegens aufmerksam gemacht hatte und in zahl¬
reichen Versammlungen gegen den Gebärzwang aufgetreten war, glaubt auch die
sozialdemokratische Partei nicht länger ungestraft heilige Pflichten vernachlässigen zu
dürfen. Sie brachte also im Reichstage den Antrag ein, die Sö 218 bis 220 StGB,
aufzuheben. Der "Vorwärts" unterstützte diese menschenfreundlichen Bestrebungen
durch eine hingerissene, öfter unwillkürlich den Reim anwendende Ode des Herrn
Quessel, worin u. a. zu lesen stand:

"Milderung des Gebärzwanges, das ist die Gabe, die zahllose prole¬
tarische Frauen von der Gesetzgebung ersehnen. Sie wollen nicht zu
ihren zwei oder drei Kindern, die sie kaum satt zu machen wissen, ein viertes oder
fünftes hinzugebären. Dagegen erhebt sich das tiefste und edelste Gefühl des
Weibes, ihr mütterliches Empfinden, ihre Liebe für die schon
geborenen Kinder, deren Dasein sie durch den Zwang ruhelosen Gebarens
bedroht steht____Je früher das Ausnahmegesetz gegen Proletarier¬
frauen, das der Gebärzwang zweifellos darstellt, fällt, um so besser für die
Arbeiterschaft und das deutsche Volk____ Die Zeit drängt, mahnend pocht die Rot
an unsere Türen. Helft den Müttern, die ein unsinniges Recht zwingt,
die Lebensgrundlagen der schon vorhandenen Kinder durch ruhelosesWeiter-
gebären zu zerstören!""

Selbst die "Frankfurter Zeitung, die doch wahrhaftig allen modernen Ge¬
dankengängen ein frohes und empfängliches Herz entgegenbringt, kann nicht umhin,
in diesem Falle von ihrem Lieblinge abzurücken. "Hier stehen sich", so ruft sie aus,
"wirkliche Weltanschauungen gegenüber. Man kann verschiedene praktische Gründe
für und wider anführen, aber darauf kommt es gar nicht an, und es ist schade um
jedes Wort darüber. Denn man muß es schon im Gefühl haben, daß das
nicht angeht. Wenn jene Paragraphen nicht beständen, würde man sie heute
schwerlich einführen, aber es bedeutet etwas ganz anderes, sie aufzuheben, und es
müßte sich schon das natürliche Gefühl dagegen sträuben. Das ist christlich gedacht,
aber ebenso idealistisch in dem Sinne, daß wichtiger noch als die unmittelbare Frage
die Wirkung einer solchen Änderung auf die ganze geistige Verfassung
eines Volkes wäre, einer Änderung, die den plattesten Nützlichkeitserwägungen die
Ite" der Heiligkeit werdenden Lebens operierte. Eins geht ins
andere. Wer dieses Leben nicht achtet, wird Leben überhaupt nicht achten, und es
möchte gerade heute wichtig sein, diese Achtung wieder wachsen zu lassen, gar nicht
Zu reden von der seelischen Verwüstung, die besonders in der Frauen¬
welt angerichtet würde."'

Die Frankfurter Worte seien hier wiederholt, obgleich jede ernsthafte Wider¬
legung der Goldstcmerei und der Quesselei eigentlich eine Versündigung gegen die
gesunde Vernunft der Masse ist, die ja doch schließlich selbst nach dem 9. November
nicht gänzlich erwürgt werden kann. Deshalb bleibe auch die Frage unerörtert,
ob den Frauen und Mädchen, die auf Goldstein, Quessel und die sozialdemokratische
Fraktion hören, aus den massenhaft gewünschten Eingriffen nicht schlimmerer ge¬
sundheitlicher Schaden erwachsen würde, als der besonderen roten Volksgesundhett
durch die Beseitigung neuen Lebens Nutzen geschähe. Wir sind augenblicklich
freilich in der Stimmung, für erlaubt und schön zu erklären, was früher als niedriges


Offenherzigkeiten

Gegenseite nur noch übrig, daß die Staatsanwaltschaft ebenso unparteiisch wie die
„Vossische Zeitung" vorgeht und neben den Vorratskammern der Berliner Gasthöfe
auch die der hervorragenden Unabhängigen allen Kalibers einer Nachprüfung unter¬
zieht. Es darf nicht vorkommen, daß stark links gerichtete Abgeordnete bloß von
Privatleuten, windigen Redakteuren usw. angeschuldigt werden. Sie habe» un¬
bedingt dasselbe Recht auf amtliche staatsanwaltliche Behandlung wie die großen
Berliner Schlemmerstätten.


Der neue bethlehemitische Aindsrmord

Nachdem ein Dr. Goldstein vor Jahresfrist die Berliner Frauenwelt auf die
unnatürliche Verruchtheit des Kindersegens aufmerksam gemacht hatte und in zahl¬
reichen Versammlungen gegen den Gebärzwang aufgetreten war, glaubt auch die
sozialdemokratische Partei nicht länger ungestraft heilige Pflichten vernachlässigen zu
dürfen. Sie brachte also im Reichstage den Antrag ein, die Sö 218 bis 220 StGB,
aufzuheben. Der „Vorwärts" unterstützte diese menschenfreundlichen Bestrebungen
durch eine hingerissene, öfter unwillkürlich den Reim anwendende Ode des Herrn
Quessel, worin u. a. zu lesen stand:

„Milderung des Gebärzwanges, das ist die Gabe, die zahllose prole¬
tarische Frauen von der Gesetzgebung ersehnen. Sie wollen nicht zu
ihren zwei oder drei Kindern, die sie kaum satt zu machen wissen, ein viertes oder
fünftes hinzugebären. Dagegen erhebt sich das tiefste und edelste Gefühl des
Weibes, ihr mütterliches Empfinden, ihre Liebe für die schon
geborenen Kinder, deren Dasein sie durch den Zwang ruhelosen Gebarens
bedroht steht____Je früher das Ausnahmegesetz gegen Proletarier¬
frauen, das der Gebärzwang zweifellos darstellt, fällt, um so besser für die
Arbeiterschaft und das deutsche Volk____ Die Zeit drängt, mahnend pocht die Rot
an unsere Türen. Helft den Müttern, die ein unsinniges Recht zwingt,
die Lebensgrundlagen der schon vorhandenen Kinder durch ruhelosesWeiter-
gebären zu zerstören!""

Selbst die „Frankfurter Zeitung, die doch wahrhaftig allen modernen Ge¬
dankengängen ein frohes und empfängliches Herz entgegenbringt, kann nicht umhin,
in diesem Falle von ihrem Lieblinge abzurücken. „Hier stehen sich", so ruft sie aus,
„wirkliche Weltanschauungen gegenüber. Man kann verschiedene praktische Gründe
für und wider anführen, aber darauf kommt es gar nicht an, und es ist schade um
jedes Wort darüber. Denn man muß es schon im Gefühl haben, daß das
nicht angeht. Wenn jene Paragraphen nicht beständen, würde man sie heute
schwerlich einführen, aber es bedeutet etwas ganz anderes, sie aufzuheben, und es
müßte sich schon das natürliche Gefühl dagegen sträuben. Das ist christlich gedacht,
aber ebenso idealistisch in dem Sinne, daß wichtiger noch als die unmittelbare Frage
die Wirkung einer solchen Änderung auf die ganze geistige Verfassung
eines Volkes wäre, einer Änderung, die den plattesten Nützlichkeitserwägungen die
Ite« der Heiligkeit werdenden Lebens operierte. Eins geht ins
andere. Wer dieses Leben nicht achtet, wird Leben überhaupt nicht achten, und es
möchte gerade heute wichtig sein, diese Achtung wieder wachsen zu lassen, gar nicht
Zu reden von der seelischen Verwüstung, die besonders in der Frauen¬
welt angerichtet würde."'

Die Frankfurter Worte seien hier wiederholt, obgleich jede ernsthafte Wider¬
legung der Goldstcmerei und der Quesselei eigentlich eine Versündigung gegen die
gesunde Vernunft der Masse ist, die ja doch schließlich selbst nach dem 9. November
nicht gänzlich erwürgt werden kann. Deshalb bleibe auch die Frage unerörtert,
ob den Frauen und Mädchen, die auf Goldstein, Quessel und die sozialdemokratische
Fraktion hören, aus den massenhaft gewünschten Eingriffen nicht schlimmerer ge¬
sundheitlicher Schaden erwachsen würde, als der besonderen roten Volksgesundhett
durch die Beseitigung neuen Lebens Nutzen geschähe. Wir sind augenblicklich
freilich in der Stimmung, für erlaubt und schön zu erklären, was früher als niedriges


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[0362] Offenherzigkeiten Gegenseite nur noch übrig, daß die Staatsanwaltschaft ebenso unparteiisch wie die „Vossische Zeitung" vorgeht und neben den Vorratskammern der Berliner Gasthöfe auch die der hervorragenden Unabhängigen allen Kalibers einer Nachprüfung unter¬ zieht. Es darf nicht vorkommen, daß stark links gerichtete Abgeordnete bloß von Privatleuten, windigen Redakteuren usw. angeschuldigt werden. Sie habe» un¬ bedingt dasselbe Recht auf amtliche staatsanwaltliche Behandlung wie die großen Berliner Schlemmerstätten. Der neue bethlehemitische Aindsrmord Nachdem ein Dr. Goldstein vor Jahresfrist die Berliner Frauenwelt auf die unnatürliche Verruchtheit des Kindersegens aufmerksam gemacht hatte und in zahl¬ reichen Versammlungen gegen den Gebärzwang aufgetreten war, glaubt auch die sozialdemokratische Partei nicht länger ungestraft heilige Pflichten vernachlässigen zu dürfen. Sie brachte also im Reichstage den Antrag ein, die Sö 218 bis 220 StGB, aufzuheben. Der „Vorwärts" unterstützte diese menschenfreundlichen Bestrebungen durch eine hingerissene, öfter unwillkürlich den Reim anwendende Ode des Herrn Quessel, worin u. a. zu lesen stand: „Milderung des Gebärzwanges, das ist die Gabe, die zahllose prole¬ tarische Frauen von der Gesetzgebung ersehnen. Sie wollen nicht zu ihren zwei oder drei Kindern, die sie kaum satt zu machen wissen, ein viertes oder fünftes hinzugebären. Dagegen erhebt sich das tiefste und edelste Gefühl des Weibes, ihr mütterliches Empfinden, ihre Liebe für die schon geborenen Kinder, deren Dasein sie durch den Zwang ruhelosen Gebarens bedroht steht____Je früher das Ausnahmegesetz gegen Proletarier¬ frauen, das der Gebärzwang zweifellos darstellt, fällt, um so besser für die Arbeiterschaft und das deutsche Volk____ Die Zeit drängt, mahnend pocht die Rot an unsere Türen. Helft den Müttern, die ein unsinniges Recht zwingt, die Lebensgrundlagen der schon vorhandenen Kinder durch ruhelosesWeiter- gebären zu zerstören!"" Selbst die „Frankfurter Zeitung, die doch wahrhaftig allen modernen Ge¬ dankengängen ein frohes und empfängliches Herz entgegenbringt, kann nicht umhin, in diesem Falle von ihrem Lieblinge abzurücken. „Hier stehen sich", so ruft sie aus, „wirkliche Weltanschauungen gegenüber. Man kann verschiedene praktische Gründe für und wider anführen, aber darauf kommt es gar nicht an, und es ist schade um jedes Wort darüber. Denn man muß es schon im Gefühl haben, daß das nicht angeht. Wenn jene Paragraphen nicht beständen, würde man sie heute schwerlich einführen, aber es bedeutet etwas ganz anderes, sie aufzuheben, und es müßte sich schon das natürliche Gefühl dagegen sträuben. Das ist christlich gedacht, aber ebenso idealistisch in dem Sinne, daß wichtiger noch als die unmittelbare Frage die Wirkung einer solchen Änderung auf die ganze geistige Verfassung eines Volkes wäre, einer Änderung, die den plattesten Nützlichkeitserwägungen die Ite« der Heiligkeit werdenden Lebens operierte. Eins geht ins andere. Wer dieses Leben nicht achtet, wird Leben überhaupt nicht achten, und es möchte gerade heute wichtig sein, diese Achtung wieder wachsen zu lassen, gar nicht Zu reden von der seelischen Verwüstung, die besonders in der Frauen¬ welt angerichtet würde."' Die Frankfurter Worte seien hier wiederholt, obgleich jede ernsthafte Wider¬ legung der Goldstcmerei und der Quesselei eigentlich eine Versündigung gegen die gesunde Vernunft der Masse ist, die ja doch schließlich selbst nach dem 9. November nicht gänzlich erwürgt werden kann. Deshalb bleibe auch die Frage unerörtert, ob den Frauen und Mädchen, die auf Goldstein, Quessel und die sozialdemokratische Fraktion hören, aus den massenhaft gewünschten Eingriffen nicht schlimmerer ge¬ sundheitlicher Schaden erwachsen würde, als der besonderen roten Volksgesundhett durch die Beseitigung neuen Lebens Nutzen geschähe. Wir sind augenblicklich freilich in der Stimmung, für erlaubt und schön zu erklären, was früher als niedriges

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_338022/362>, abgerufen am 01.05.2024.