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Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Viertes Vierteljahr.

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Drinnen und draußen

Wort: "Der Friedensvertrag ist nur ein Stück Papier." Er wird so behandelt,
aber gerade deshalb wird das nie ausgesprochen. Man redet stattdesien in den
betreffenden Fällen zum hunderteinstenmal von der deutschen Schuld am Krieg,
den deutschen Verwüstungen in Frankreich usw.

Als wir im August 1914 in Belgien einmarschierten, besaßen wir ein altes
Preußisches Durchzugsrecht. Darüber hatte sich Bethmann-Hollweg nie unterrichtet.
Wäre er aber ein Politiker, wäre er Engländer oder Franzose gewesen, so hätte
er dennoch niemals verächtlich die belgische Neutralität ein "Stück Papier" genannt,
sondern ein Durchzugsrecht improvisiert, wenn keines bestanden hätte. Und auf Grund
der Ententeschuld am Krieg hätte er jedes deutsche Unrecht an Belgien abgeleugnet.

Es schien den meisten Deutschen so unendlich weise, an Stelle der Macht das
Recht zu setzen, und nichts hat Bethmann bei Freund wie bei Feind mehr Dank
eingetragen, als das Wort von dem Unrecht, das wir an Belgien begehen. Das
war überhaupt das Merkwürdige an Bethmann und seiner Erzbergerschule, daß
'hre Leistungen den Feinden ebensogut wie den Deutschen gefielen. Damals
schöpften wir aus dem Vollen. Heute, wo wir im Leeren liegen, ist uns eines
geblieben: wir beziehen immer noch Lob und Tadel für unsere Politiker gern ab¬
gestempelt aus dem Ausland. Bismarck und Tirpitz hatten dagegen es sich zum
Lob angerechnet, daß das Ausland sie nicht leiden mochte.

Professor Hoetzsch wirft Bethmann außer Schwäche und Entschlußlosigkeit
auch einen gewissen'Machiavellismus vor, mit dem er spielte, indem er seine
diplomatischen Fähigkeiten überschätzte. Hoetzsch denkt hierbei an das unselige
Doppelspiel um die Jahreswende 1916/17. Er hätte auch den "Scrap of Paper"
vom 4. August Z914 anführen können. Denn Bethmann glaubte sich damals in
echtdeutscher Sentimentalität das Air eines rücksichtslosen Machtpolitikers geben
zu müssen. Gerade da er es nicht war, gab er sich einen Ruck, um zu sagen, daß
er es wäre, was ein echter Machtpolitiker kaum jemals sagt. Gewissenhaft glaubte
er, zum Politiker gehöre Gewissenlosigkeit, und heuchelte, obwohl es ihm schwer
stet, Frivolität. Und weil er so sentimental war, ließ er sich in eine seiner Kriegs¬
reden von Riezler den Satz hineinschreiben: "Wir haben die Sentimentalität
verlernt."


Vierklör

^ Jüngst war ich in Kiel an einem Tag, da man flaggte. Da sah ich
ichwarzweißrote, rote, schwarzrotgoldene, schwarzweiße und blauweißrote (schleswig-
holsteinische) Farben. Ach ja., und draußen der Hafen, der vor kurzem noch zu
eng war für des Reiches Kriegsmarine, lag öde und leer, kein Schiff und keine
Mgge mehr. Da mußre ich an den einen Union-Jack, an die eine Trikolore
denken, die ohne Konkurrenz in jedem Weltwinkel flattern, wo Briten oder
Franzosen leben. Was hat uns unsere bunte Vielfältigkeit genützt? Daß wir
ondes mehr schwimmen haben zur See, und kaum mehr das Fahnentuch für
unsere vielen eigensinnigen Flaggen bezahlen können. Wir sind das Volk der
zweierlei Konfession, der zweierlei Schrift, der zweierlei Reichsfarben, das Volk
der Mainlinie, der Elblinie, das Volk Weimar kontra Potsdam (und beide
^löschen), München kontra Berlin, und wo sonst eigentlich ein Volk, ohne
Kontras? Deutsche Mannigfaltigkeit, bis 1914 ein kostspieliger, aber anregender
^ verrina uxus, heute ein Gespött sür den Fremden.




Drinnen und draußen

[Beginn Spaltensatz] [Spaltenumbruch]

liebes Zeichen, das im Gegensatz zu dem
Gründungsfieber, daß wir im Osten unmittelbar
nach den Tagen des Zusammenbruchs er-
lebten, jetzt ein Bestreben folgt, das parallel-
laufende Organisationen zum Zusammenschluß
und damit zur Verstärkung der in ihnen


[Ende Spaltensatz]
Deutscher Ostlmnd.
r

Unter diesen, Namen
Kude am 26. September d. I. im Reichstage
W Berlin die Fusion des Reichsverbandes
Dstschutz w Berlin mit dem Deutschen
Heimatsbund Posener Flüchtlinge in Frank-
furt ". O. eingegangen. Es ist ein erfreu-


Drinnen und draußen

Wort: „Der Friedensvertrag ist nur ein Stück Papier." Er wird so behandelt,
aber gerade deshalb wird das nie ausgesprochen. Man redet stattdesien in den
betreffenden Fällen zum hunderteinstenmal von der deutschen Schuld am Krieg,
den deutschen Verwüstungen in Frankreich usw.

Als wir im August 1914 in Belgien einmarschierten, besaßen wir ein altes
Preußisches Durchzugsrecht. Darüber hatte sich Bethmann-Hollweg nie unterrichtet.
Wäre er aber ein Politiker, wäre er Engländer oder Franzose gewesen, so hätte
er dennoch niemals verächtlich die belgische Neutralität ein „Stück Papier" genannt,
sondern ein Durchzugsrecht improvisiert, wenn keines bestanden hätte. Und auf Grund
der Ententeschuld am Krieg hätte er jedes deutsche Unrecht an Belgien abgeleugnet.

Es schien den meisten Deutschen so unendlich weise, an Stelle der Macht das
Recht zu setzen, und nichts hat Bethmann bei Freund wie bei Feind mehr Dank
eingetragen, als das Wort von dem Unrecht, das wir an Belgien begehen. Das
war überhaupt das Merkwürdige an Bethmann und seiner Erzbergerschule, daß
'hre Leistungen den Feinden ebensogut wie den Deutschen gefielen. Damals
schöpften wir aus dem Vollen. Heute, wo wir im Leeren liegen, ist uns eines
geblieben: wir beziehen immer noch Lob und Tadel für unsere Politiker gern ab¬
gestempelt aus dem Ausland. Bismarck und Tirpitz hatten dagegen es sich zum
Lob angerechnet, daß das Ausland sie nicht leiden mochte.

Professor Hoetzsch wirft Bethmann außer Schwäche und Entschlußlosigkeit
auch einen gewissen'Machiavellismus vor, mit dem er spielte, indem er seine
diplomatischen Fähigkeiten überschätzte. Hoetzsch denkt hierbei an das unselige
Doppelspiel um die Jahreswende 1916/17. Er hätte auch den „Scrap of Paper"
vom 4. August Z914 anführen können. Denn Bethmann glaubte sich damals in
echtdeutscher Sentimentalität das Air eines rücksichtslosen Machtpolitikers geben
zu müssen. Gerade da er es nicht war, gab er sich einen Ruck, um zu sagen, daß
er es wäre, was ein echter Machtpolitiker kaum jemals sagt. Gewissenhaft glaubte
er, zum Politiker gehöre Gewissenlosigkeit, und heuchelte, obwohl es ihm schwer
stet, Frivolität. Und weil er so sentimental war, ließ er sich in eine seiner Kriegs¬
reden von Riezler den Satz hineinschreiben: „Wir haben die Sentimentalität
verlernt."


Vierklör

^ Jüngst war ich in Kiel an einem Tag, da man flaggte. Da sah ich
ichwarzweißrote, rote, schwarzrotgoldene, schwarzweiße und blauweißrote (schleswig-
holsteinische) Farben. Ach ja., und draußen der Hafen, der vor kurzem noch zu
eng war für des Reiches Kriegsmarine, lag öde und leer, kein Schiff und keine
Mgge mehr. Da mußre ich an den einen Union-Jack, an die eine Trikolore
denken, die ohne Konkurrenz in jedem Weltwinkel flattern, wo Briten oder
Franzosen leben. Was hat uns unsere bunte Vielfältigkeit genützt? Daß wir
ondes mehr schwimmen haben zur See, und kaum mehr das Fahnentuch für
unsere vielen eigensinnigen Flaggen bezahlen können. Wir sind das Volk der
zweierlei Konfession, der zweierlei Schrift, der zweierlei Reichsfarben, das Volk
der Mainlinie, der Elblinie, das Volk Weimar kontra Potsdam (und beide
^löschen), München kontra Berlin, und wo sonst eigentlich ein Volk, ohne
Kontras? Deutsche Mannigfaltigkeit, bis 1914 ein kostspieliger, aber anregender
^ verrina uxus, heute ein Gespött sür den Fremden.




Drinnen und draußen

[Beginn Spaltensatz] [Spaltenumbruch]

liebes Zeichen, das im Gegensatz zu dem
Gründungsfieber, daß wir im Osten unmittelbar
nach den Tagen des Zusammenbruchs er-
lebten, jetzt ein Bestreben folgt, das parallel-
laufende Organisationen zum Zusammenschluß
und damit zur Verstärkung der in ihnen


[Ende Spaltensatz]
Deutscher Ostlmnd.
r

Unter diesen, Namen
Kude am 26. September d. I. im Reichstage
W Berlin die Fusion des Reichsverbandes
Dstschutz w Berlin mit dem Deutschen
Heimatsbund Posener Flüchtlinge in Frank-
furt «. O. eingegangen. Es ist ein erfreu-


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[0049] Drinnen und draußen Wort: „Der Friedensvertrag ist nur ein Stück Papier." Er wird so behandelt, aber gerade deshalb wird das nie ausgesprochen. Man redet stattdesien in den betreffenden Fällen zum hunderteinstenmal von der deutschen Schuld am Krieg, den deutschen Verwüstungen in Frankreich usw. Als wir im August 1914 in Belgien einmarschierten, besaßen wir ein altes Preußisches Durchzugsrecht. Darüber hatte sich Bethmann-Hollweg nie unterrichtet. Wäre er aber ein Politiker, wäre er Engländer oder Franzose gewesen, so hätte er dennoch niemals verächtlich die belgische Neutralität ein „Stück Papier" genannt, sondern ein Durchzugsrecht improvisiert, wenn keines bestanden hätte. Und auf Grund der Ententeschuld am Krieg hätte er jedes deutsche Unrecht an Belgien abgeleugnet. Es schien den meisten Deutschen so unendlich weise, an Stelle der Macht das Recht zu setzen, und nichts hat Bethmann bei Freund wie bei Feind mehr Dank eingetragen, als das Wort von dem Unrecht, das wir an Belgien begehen. Das war überhaupt das Merkwürdige an Bethmann und seiner Erzbergerschule, daß 'hre Leistungen den Feinden ebensogut wie den Deutschen gefielen. Damals schöpften wir aus dem Vollen. Heute, wo wir im Leeren liegen, ist uns eines geblieben: wir beziehen immer noch Lob und Tadel für unsere Politiker gern ab¬ gestempelt aus dem Ausland. Bismarck und Tirpitz hatten dagegen es sich zum Lob angerechnet, daß das Ausland sie nicht leiden mochte. Professor Hoetzsch wirft Bethmann außer Schwäche und Entschlußlosigkeit auch einen gewissen'Machiavellismus vor, mit dem er spielte, indem er seine diplomatischen Fähigkeiten überschätzte. Hoetzsch denkt hierbei an das unselige Doppelspiel um die Jahreswende 1916/17. Er hätte auch den „Scrap of Paper" vom 4. August Z914 anführen können. Denn Bethmann glaubte sich damals in echtdeutscher Sentimentalität das Air eines rücksichtslosen Machtpolitikers geben zu müssen. Gerade da er es nicht war, gab er sich einen Ruck, um zu sagen, daß er es wäre, was ein echter Machtpolitiker kaum jemals sagt. Gewissenhaft glaubte er, zum Politiker gehöre Gewissenlosigkeit, und heuchelte, obwohl es ihm schwer stet, Frivolität. Und weil er so sentimental war, ließ er sich in eine seiner Kriegs¬ reden von Riezler den Satz hineinschreiben: „Wir haben die Sentimentalität verlernt." Vierklör ^ Jüngst war ich in Kiel an einem Tag, da man flaggte. Da sah ich ichwarzweißrote, rote, schwarzrotgoldene, schwarzweiße und blauweißrote (schleswig- holsteinische) Farben. Ach ja., und draußen der Hafen, der vor kurzem noch zu eng war für des Reiches Kriegsmarine, lag öde und leer, kein Schiff und keine Mgge mehr. Da mußre ich an den einen Union-Jack, an die eine Trikolore denken, die ohne Konkurrenz in jedem Weltwinkel flattern, wo Briten oder Franzosen leben. Was hat uns unsere bunte Vielfältigkeit genützt? Daß wir ondes mehr schwimmen haben zur See, und kaum mehr das Fahnentuch für unsere vielen eigensinnigen Flaggen bezahlen können. Wir sind das Volk der zweierlei Konfession, der zweierlei Schrift, der zweierlei Reichsfarben, das Volk der Mainlinie, der Elblinie, das Volk Weimar kontra Potsdam (und beide ^löschen), München kontra Berlin, und wo sonst eigentlich ein Volk, ohne Kontras? Deutsche Mannigfaltigkeit, bis 1914 ein kostspieliger, aber anregender ^ verrina uxus, heute ein Gespött sür den Fremden. Drinnen und draußen liebes Zeichen, das im Gegensatz zu dem Gründungsfieber, daß wir im Osten unmittelbar nach den Tagen des Zusammenbruchs er- lebten, jetzt ein Bestreben folgt, das parallel- laufende Organisationen zum Zusammenschluß und damit zur Verstärkung der in ihnen Deutscher Ostlmnd. r Unter diesen, Namen Kude am 26. September d. I. im Reichstage W Berlin die Fusion des Reichsverbandes Dstschutz w Berlin mit dem Deutschen Heimatsbund Posener Flüchtlinge in Frank- furt «. O. eingegangen. Es ist ein erfreu-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_338022/49>, abgerufen am 01.05.2024.