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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Zweites Vierteljahr.

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, Der bekannte Freund und doch auch
Kritiker Deutschlands, eine der besten Federn
des heutigen Dänemarks, sammelt in diesem
Bande Kriegsessays, die neben denen des
Schweden Kjellen nachdenklicher Beachtung
sicher sind und das gesunkene deutsche Selbst¬
gefühl stärken.

^mbrolso Lot, l/Memsgne a I'Oeuvre.
Imprimerie LtrssbourMviss. Ltrasbour^.
8.--.

Es tut weh, von einem Straßburger
Verlag das deutschfeindliche Werk eines
Franzosen verlegt zu bekommen, das schwarz¬
rot-goldene Wappenschild "unserer" Republik
auf dem Titel. Got will die schaffenden
Kräfte im heutigen Deutschland schildern,
bleibt aber sehr im Vordergrund der Dinge
hängen.

Wilhelm Wiskott, Dipl,-Jug. Ringendes
Volk. Ziele und Richtlinien für deutsche
Volkspolitik. Verlag von Karl Curtius in
Berlin W, 1921. Preis geh. M. 6.--.

Der Verfasser, Studicnrat in Potsdam,
versteht es, in knappster Form das für Ver¬
fassung, Geschichte und Zweck unserer öffent¬
lichen Einrichtungen seiner Ansicht nach
wichtigste Tatsachenmaterial zusammenzustellen.
Man fragt sich indes, was soll ein jugend¬
liches Gemüt mit diesen entfärbten Tatsachen
anfangen, in deren Nebeneinander sich die
ganze Unmöglichkeit abspiegelt, gleichzeitig ge¬
schichtlich und "verfassungstreu" im Sinne der
jetzigen Parlamentsmehrheit zu denken. Auch
gelingt es Karia bei allem anerkennenswerten
Bemühen nicht, wirklich ein farbloses Neutrum
zu sein. Soll es z. B. jedem Schulkind zum
unen Dogma werden: "Die Aufgabe Deutsch¬
lands muß es sein, den Zutritt zu diesen:
Völkerbünde für sich und seine ehemaligen
Verbündeten zu erlangen, um dann an der
gesetzmäßigen Umgestaltung des Bundes mit¬
zuwirken. Das politische Ziel wird dabei
sein müssen, mit der Hilfe der ehemaligen

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neutralen und kleineren Staaten das allzu (!)
große Übergewicht der Mächte der Entente zu
mildern und ein möglichst (!) gleiches Recht
für alle zu erkämpfen" (S. 73). Hoffen und
harren macht das Schulkind zum Narren.
Grausamer haben wir nie die Stimme der
Geschichte gehört, als in dem Schulbuchsatz
(S. 24): "Der Weltkrieg führte zur Auf¬
lösung des deutschen Heeres und zur Aus¬
lieferung der deutschen Flotte an England
(Irrtum: zu ihrer Selbstversenkung in Scava
Flow!). DaS französische Heer und die eng¬
lische Flotte werden für die Sicherung des
Festlandes und der Meere als unentbehrlich
angesehen und können daher vorläufig (!)
nicht, wie die Völkcrbundsakte es vorsieht,
auf den gleichen Stand mit den übrigen
Staaten des Bundes (!) herabgesetzt werden."

Das Ende Deutschlands liegt nicht im
verlorenen Krieg, sondern es würde gekommen
sein, wenn solche Schulweisheit die Köpfe
einnähme. Wir behaupten nicht, daß Herr
Karia die Ansichten, die er predigt, selber
teilt. Wir können ihm so wenig -- und
so viel nicht zutrauen. Aber wir ver¬
kennen nicht, daß die Maximen des ihm
vorgesetzten Unterrichtsministeriums sich von
denen der Franzosen nach 1870 unter¬
scheiden. "Die staatsbürgerliche Erziehung ist
unvollständig und untreu," sagt der Nannsl
x6n6rat, "wenn sie die Kinder nicht mit der
Achtung vor dem nationalen Ruhm erfüllt,
wenn sie die schreckenerregende Lehre unseres
verletzten Rechtes, des verratenen Heimat¬
bodens und des verstümmelten Frankreichs unter¬
drückt." Wieviel mehr Grund hätten wir ...
jedoch "vorläufig" ist wohl auch nur der
französische Patriotismus "zur Sicherung
des Festlandes unentbehrlich"?

I. I. Ruedorffer, Grundzüge der Welt-
Politik in der Gegenwart. 3. bis 9. Tausend.
Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart und
Berlin. Geb. 27,50 M.

Wie Gentz zu M-tternich, wie Clausewitz
zu Scharnhorst, wie Arndt zu Stein, so ver¬
hält sich der Fedcrbeamte Riezler zum Reichs¬
kanzler Vethmann-Hollweg. Damit soll natür¬
lich über die absolute Größe nichts präju-
diziert werden. Manche behaupten, der
geschichtliche Einfluß Niezlers überrage seinen

[Ende Spaltensatz]

Stellt der unechten Demokratie, die wir
haben, die geforderte echte Volksgemeinschaft
gegenüber.


H. Karia, Staatsbürgerkunde. . Zweite Auf¬
lage. Verlag von B. G. Teubner, Leipzig
und Berlin. 1921. Karl. 4,-- M.

Bücherschau

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, Der bekannte Freund und doch auch
Kritiker Deutschlands, eine der besten Federn
des heutigen Dänemarks, sammelt in diesem
Bande Kriegsessays, die neben denen des
Schweden Kjellen nachdenklicher Beachtung
sicher sind und das gesunkene deutsche Selbst¬
gefühl stärken.

^mbrolso Lot, l/Memsgne a I'Oeuvre.
Imprimerie LtrssbourMviss. Ltrasbour^.
8.—.

Es tut weh, von einem Straßburger
Verlag das deutschfeindliche Werk eines
Franzosen verlegt zu bekommen, das schwarz¬
rot-goldene Wappenschild „unserer" Republik
auf dem Titel. Got will die schaffenden
Kräfte im heutigen Deutschland schildern,
bleibt aber sehr im Vordergrund der Dinge
hängen.

Wilhelm Wiskott, Dipl,-Jug. Ringendes
Volk. Ziele und Richtlinien für deutsche
Volkspolitik. Verlag von Karl Curtius in
Berlin W, 1921. Preis geh. M. 6.—.

Der Verfasser, Studicnrat in Potsdam,
versteht es, in knappster Form das für Ver¬
fassung, Geschichte und Zweck unserer öffent¬
lichen Einrichtungen seiner Ansicht nach
wichtigste Tatsachenmaterial zusammenzustellen.
Man fragt sich indes, was soll ein jugend¬
liches Gemüt mit diesen entfärbten Tatsachen
anfangen, in deren Nebeneinander sich die
ganze Unmöglichkeit abspiegelt, gleichzeitig ge¬
schichtlich und „verfassungstreu" im Sinne der
jetzigen Parlamentsmehrheit zu denken. Auch
gelingt es Karia bei allem anerkennenswerten
Bemühen nicht, wirklich ein farbloses Neutrum
zu sein. Soll es z. B. jedem Schulkind zum
unen Dogma werden: „Die Aufgabe Deutsch¬
lands muß es sein, den Zutritt zu diesen:
Völkerbünde für sich und seine ehemaligen
Verbündeten zu erlangen, um dann an der
gesetzmäßigen Umgestaltung des Bundes mit¬
zuwirken. Das politische Ziel wird dabei
sein müssen, mit der Hilfe der ehemaligen

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neutralen und kleineren Staaten das allzu (!)
große Übergewicht der Mächte der Entente zu
mildern und ein möglichst (!) gleiches Recht
für alle zu erkämpfen" (S. 73). Hoffen und
harren macht das Schulkind zum Narren.
Grausamer haben wir nie die Stimme der
Geschichte gehört, als in dem Schulbuchsatz
(S. 24): „Der Weltkrieg führte zur Auf¬
lösung des deutschen Heeres und zur Aus¬
lieferung der deutschen Flotte an England
(Irrtum: zu ihrer Selbstversenkung in Scava
Flow!). DaS französische Heer und die eng¬
lische Flotte werden für die Sicherung des
Festlandes und der Meere als unentbehrlich
angesehen und können daher vorläufig (!)
nicht, wie die Völkcrbundsakte es vorsieht,
auf den gleichen Stand mit den übrigen
Staaten des Bundes (!) herabgesetzt werden."

Das Ende Deutschlands liegt nicht im
verlorenen Krieg, sondern es würde gekommen
sein, wenn solche Schulweisheit die Köpfe
einnähme. Wir behaupten nicht, daß Herr
Karia die Ansichten, die er predigt, selber
teilt. Wir können ihm so wenig — und
so viel nicht zutrauen. Aber wir ver¬
kennen nicht, daß die Maximen des ihm
vorgesetzten Unterrichtsministeriums sich von
denen der Franzosen nach 1870 unter¬
scheiden. „Die staatsbürgerliche Erziehung ist
unvollständig und untreu," sagt der Nannsl
x6n6rat, „wenn sie die Kinder nicht mit der
Achtung vor dem nationalen Ruhm erfüllt,
wenn sie die schreckenerregende Lehre unseres
verletzten Rechtes, des verratenen Heimat¬
bodens und des verstümmelten Frankreichs unter¬
drückt." Wieviel mehr Grund hätten wir ...
jedoch „vorläufig" ist wohl auch nur der
französische Patriotismus „zur Sicherung
des Festlandes unentbehrlich"?

I. I. Ruedorffer, Grundzüge der Welt-
Politik in der Gegenwart. 3. bis 9. Tausend.
Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart und
Berlin. Geb. 27,50 M.

Wie Gentz zu M-tternich, wie Clausewitz
zu Scharnhorst, wie Arndt zu Stein, so ver¬
hält sich der Fedcrbeamte Riezler zum Reichs¬
kanzler Vethmann-Hollweg. Damit soll natür¬
lich über die absolute Größe nichts präju-
diziert werden. Manche behaupten, der
geschichtliche Einfluß Niezlers überrage seinen

[Ende Spaltensatz]

Stellt der unechten Demokratie, die wir
haben, die geforderte echte Volksgemeinschaft
gegenüber.


H. Karia, Staatsbürgerkunde. . Zweite Auf¬
lage. Verlag von B. G. Teubner, Leipzig
und Berlin. 1921. Karl. 4,— M.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_338800/291>, abgerufen am 28.04.2024.