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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Zweites Vierteljahr.

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[Beginn Spaltensatz]
Auffenlierg-Kamarow. Aus Österreichs Höhe
und Niedergang. Eine Lebensschilderung.
Drei Masken-Verlag, München. 19S1. Geh.
M. 4S.-, geb. M. SS.--.

In mitteilsamer Breite und mit dem
menschlich begreiflichen, aber für den Leser
unbequemen Rechtfertigungsdrang eines Viel¬
verlästerten giebt der ehemalige k. u. k.
Kriegsminister, derFührcr der ersten Schlachten
bei Lemberg, ein Bild seines gesamte": Lebens.
Man muß ihm darin zustimmen, das; Auffen-
bergs militärische und bürokratische Laufbahn
einen getreuen Spiegel der Zustände in den
letzten Jahrzehnten des unglücklichen Kaiser¬
reichs abgiebt.

Rudolf der Letzte. Tagebuchblätter eines
deutschen Fürsten. Preis gebunden SO.-- M.
Heinrich Diekmcmn, Verlagsbuchhandlung,
Halle (Saale).

So wie dies eigentümliche Werk vorliegt,
ist eS großenteils ein erdichteter Roman nach
billigen Klischees. Der berufslose, aber

[Spaltenumbruch]

menschlich freie und feine moderne Prinz mit
der liberalen Oppositionsstimmung des Thron¬
folgers, anglophil, mit Poesie Altheidelberg,
kleine Garnison und morganatische Liebcsehe:
alles das ist geschickt, aber doch gewöhnlich
erfunden, zum Teil voll widerlicher Verzerrung.
Nun ist das Tagebuch indes keine reine Mysti¬
fikation. Es stecken in ihm tatsächliche Ein¬
drücke eines offenbar mitteldeutschen Seigneurs,
der Gelegenheit gehabt hat, z. B. 1898 den
deutsch-englischen Verhandlungen zuzusehen,
der hierüber, wie über die leitenden Personen
der Zeit von 1339 bis 1918 wirklich Inter¬
essantes ans der Nähe zu sagen hat, aber
alles hinter erdichteten Einzelheiten versteckt.
Kurz, ein Werk aus sehr verschiedenartigem
Stoff, für den Historiker schon als Quellen¬
problem fesselnd, alles in allem eine der
besten literarischen Projektionen unserer deut¬
schen Geschichtstragödie, die bis zum Augen¬
blick erschienen sind, aber in keiner einzigen
Angabe für bare Münze zu nehmen.

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Auffenlierg-Kamarow. Aus Österreichs Höhe
und Niedergang. Eine Lebensschilderung.
Drei Masken-Verlag, München. 19S1. Geh.
M. 4S.-, geb. M. SS.—.

In mitteilsamer Breite und mit dem
menschlich begreiflichen, aber für den Leser
unbequemen Rechtfertigungsdrang eines Viel¬
verlästerten giebt der ehemalige k. u. k.
Kriegsminister, derFührcr der ersten Schlachten
bei Lemberg, ein Bild seines gesamte«: Lebens.
Man muß ihm darin zustimmen, das; Auffen-
bergs militärische und bürokratische Laufbahn
einen getreuen Spiegel der Zustände in den
letzten Jahrzehnten des unglücklichen Kaiser¬
reichs abgiebt.

Rudolf der Letzte. Tagebuchblätter eines
deutschen Fürsten. Preis gebunden SO.— M.
Heinrich Diekmcmn, Verlagsbuchhandlung,
Halle (Saale).

So wie dies eigentümliche Werk vorliegt,
ist eS großenteils ein erdichteter Roman nach
billigen Klischees. Der berufslose, aber

[Spaltenumbruch]

menschlich freie und feine moderne Prinz mit
der liberalen Oppositionsstimmung des Thron¬
folgers, anglophil, mit Poesie Altheidelberg,
kleine Garnison und morganatische Liebcsehe:
alles das ist geschickt, aber doch gewöhnlich
erfunden, zum Teil voll widerlicher Verzerrung.
Nun ist das Tagebuch indes keine reine Mysti¬
fikation. Es stecken in ihm tatsächliche Ein¬
drücke eines offenbar mitteldeutschen Seigneurs,
der Gelegenheit gehabt hat, z. B. 1898 den
deutsch-englischen Verhandlungen zuzusehen,
der hierüber, wie über die leitenden Personen
der Zeit von 1339 bis 1918 wirklich Inter¬
essantes ans der Nähe zu sagen hat, aber
alles hinter erdichteten Einzelheiten versteckt.
Kurz, ein Werk aus sehr verschiedenartigem
Stoff, für den Historiker schon als Quellen¬
problem fesselnd, alles in allem eine der
besten literarischen Projektionen unserer deut¬
schen Geschichtstragödie, die bis zum Augen¬
blick erschienen sind, aber in keiner einzigen
Angabe für bare Münze zu nehmen.

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[0052] Vücherschcui Auffenlierg-Kamarow. Aus Österreichs Höhe und Niedergang. Eine Lebensschilderung. Drei Masken-Verlag, München. 19S1. Geh. M. 4S.-, geb. M. SS.—. In mitteilsamer Breite und mit dem menschlich begreiflichen, aber für den Leser unbequemen Rechtfertigungsdrang eines Viel¬ verlästerten giebt der ehemalige k. u. k. Kriegsminister, derFührcr der ersten Schlachten bei Lemberg, ein Bild seines gesamte«: Lebens. Man muß ihm darin zustimmen, das; Auffen- bergs militärische und bürokratische Laufbahn einen getreuen Spiegel der Zustände in den letzten Jahrzehnten des unglücklichen Kaiser¬ reichs abgiebt. Rudolf der Letzte. Tagebuchblätter eines deutschen Fürsten. Preis gebunden SO.— M. Heinrich Diekmcmn, Verlagsbuchhandlung, Halle (Saale). So wie dies eigentümliche Werk vorliegt, ist eS großenteils ein erdichteter Roman nach billigen Klischees. Der berufslose, aber menschlich freie und feine moderne Prinz mit der liberalen Oppositionsstimmung des Thron¬ folgers, anglophil, mit Poesie Altheidelberg, kleine Garnison und morganatische Liebcsehe: alles das ist geschickt, aber doch gewöhnlich erfunden, zum Teil voll widerlicher Verzerrung. Nun ist das Tagebuch indes keine reine Mysti¬ fikation. Es stecken in ihm tatsächliche Ein¬ drücke eines offenbar mitteldeutschen Seigneurs, der Gelegenheit gehabt hat, z. B. 1898 den deutsch-englischen Verhandlungen zuzusehen, der hierüber, wie über die leitenden Personen der Zeit von 1339 bis 1918 wirklich Inter¬ essantes ans der Nähe zu sagen hat, aber alles hinter erdichteten Einzelheiten versteckt. Kurz, ein Werk aus sehr verschiedenartigem Stoff, für den Historiker schon als Quellen¬ problem fesselnd, alles in allem eine der besten literarischen Projektionen unserer deut¬ schen Geschichtstragödie, die bis zum Augen¬ blick erschienen sind, aber in keiner einzigen Angabe für bare Münze zu nehmen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_338800/52>, abgerufen am 28.04.2024.