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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr.

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Altes und neues Heer

Schnell von Entschluß, oft allzuschnell und nicht geneigt sich von dem
einmal als richtig erkannten abbringen zu lassen.

Da er die Menschen sehr schnell beurteilt und selbst ein gerader offener
Charakter ist, irrt er oft. Hat er zu einem Menschen Vertrauen gefaßt, dann
vertraut er ihm ganz und läßt sehr viel Freiheit, so daß er stets tüchtige Mit¬
arbeiter findet. Immer empfänglich für ein freies Wort und für herbe Kritik,
bleibt er jedoch stets der überlegene.

Mit einem feinen Verständnis für die Psyche des Soldaten begabt, tief
innerlich an den Soldatenberuf gebunden, weiß er stets wo seinen Soldaten der
Schuh drückt, ist in der Fürsorge für sie unermüdlich und scheut weder Zeit noch
-Ruhe, bei höheren Dienststellen etwas für seine Offiziere und Mannschaften
durchzudrücken.

Ein glänzender packender Redner, bleibt er immer militärisch scharf, kurz
und sachlich: daß es durch Mark und Bein geht.

Er lügt nie. Darin liegt das Geheimnis seiner Macht über die Brigade,
deren Leuten er nie etwas falsches gesagt hat.

nervös, kämpft er diese Nervosität energisch nieder.

Verantwortungsfreudig: und deshalb der Mann, der den Mut zur Tat und
Zur militärischen Ausführung des Kapp-Putsches findet.


Lhrhardt als Politiker

... Ehrhardt, im Lager Döberitz, schreibt und felle an einem Manuskript,
Während Kapp aus der Ferne wirkt.

. . . Der Eckfeiler jedes Wiederaufbaues ist die sittliche Erneuerung
Unseres Volkes. Die Auffassung vom Staat lediglich als Wirtschaftgemeinschaft
Me verheerend und lähmend auf unser Volk gewirkt. Deshalb stehen an verant-
wortlichster Stelle diejenigen, die in erster Linie berufen sind, an dem sittlichen
und geistigen Wiederaufstieg unseres Volkes, sei es kraft ihres Amtes, sei es kraft
chrer Bildung, sei es kraft ihrer Zukunftsmission, mitzuwirken; also die Geistigen,
die im soliden Sinn des Wortes Gebildeten, unsere akademische Jugend, die
^hrer, die Geistlichkeit und unser Militär, als die Erzieher im Gegensatz zum
Schulmeister. -- Die rauhe Not des Lebens aber erfordert auch viel praktische,
produktive Arbeit. Und produktive Arbeit ist wiederum nur die, die in irgend
°wer Weise unabhängig von persönlicher Besitzmehrung, dem Volksganzen zugute
virent. Daraus ergibt sich die dringende Notwendigkeit staatlicher Regelung der
^esitzverhältnisse, staatlicher Regelung der Organisation der Arbeitskräfte, und
staatlicher Regelung des Arbeitsertrages.

. Wir haben ein halbes Dutzend Parteien, von denen keine auch nur entfernt
vie Aussicht hat, die Mehrheit des Volkes geschlossen hinter sich zu vereinen. Sie
kennen nur sich und jede von ihnen ist bereit, der Stärkung ihrer Macht,
Mes Einflusses, ihres Parteiwillens, das Wohl des Volksganzen zu opfern. Wir
?°wen keine Männer, weil die Parteien jede kraftvolle, starke Persönlichkeit von
^der einflußreichen Stelle fernhalten und nur solche Männer an der Spitze
Dulden, die sich jederzeit bedingungslos dem Parteiwillen unterwerfen. Nur der
^wzelne ist in der Lage kraftvollen Entschließens. Wir wollen daher kein Parla-
Wentskabinett, sondern eine Regierung über den Parteien.


Altes und neues Heer

Schnell von Entschluß, oft allzuschnell und nicht geneigt sich von dem
einmal als richtig erkannten abbringen zu lassen.

Da er die Menschen sehr schnell beurteilt und selbst ein gerader offener
Charakter ist, irrt er oft. Hat er zu einem Menschen Vertrauen gefaßt, dann
vertraut er ihm ganz und läßt sehr viel Freiheit, so daß er stets tüchtige Mit¬
arbeiter findet. Immer empfänglich für ein freies Wort und für herbe Kritik,
bleibt er jedoch stets der überlegene.

Mit einem feinen Verständnis für die Psyche des Soldaten begabt, tief
innerlich an den Soldatenberuf gebunden, weiß er stets wo seinen Soldaten der
Schuh drückt, ist in der Fürsorge für sie unermüdlich und scheut weder Zeit noch
-Ruhe, bei höheren Dienststellen etwas für seine Offiziere und Mannschaften
durchzudrücken.

Ein glänzender packender Redner, bleibt er immer militärisch scharf, kurz
und sachlich: daß es durch Mark und Bein geht.

Er lügt nie. Darin liegt das Geheimnis seiner Macht über die Brigade,
deren Leuten er nie etwas falsches gesagt hat.

nervös, kämpft er diese Nervosität energisch nieder.

Verantwortungsfreudig: und deshalb der Mann, der den Mut zur Tat und
Zur militärischen Ausführung des Kapp-Putsches findet.


Lhrhardt als Politiker

... Ehrhardt, im Lager Döberitz, schreibt und felle an einem Manuskript,
Während Kapp aus der Ferne wirkt.

. . . Der Eckfeiler jedes Wiederaufbaues ist die sittliche Erneuerung
Unseres Volkes. Die Auffassung vom Staat lediglich als Wirtschaftgemeinschaft
Me verheerend und lähmend auf unser Volk gewirkt. Deshalb stehen an verant-
wortlichster Stelle diejenigen, die in erster Linie berufen sind, an dem sittlichen
und geistigen Wiederaufstieg unseres Volkes, sei es kraft ihres Amtes, sei es kraft
chrer Bildung, sei es kraft ihrer Zukunftsmission, mitzuwirken; also die Geistigen,
die im soliden Sinn des Wortes Gebildeten, unsere akademische Jugend, die
^hrer, die Geistlichkeit und unser Militär, als die Erzieher im Gegensatz zum
Schulmeister. — Die rauhe Not des Lebens aber erfordert auch viel praktische,
produktive Arbeit. Und produktive Arbeit ist wiederum nur die, die in irgend
°wer Weise unabhängig von persönlicher Besitzmehrung, dem Volksganzen zugute
virent. Daraus ergibt sich die dringende Notwendigkeit staatlicher Regelung der
^esitzverhältnisse, staatlicher Regelung der Organisation der Arbeitskräfte, und
staatlicher Regelung des Arbeitsertrages.

. Wir haben ein halbes Dutzend Parteien, von denen keine auch nur entfernt
vie Aussicht hat, die Mehrheit des Volkes geschlossen hinter sich zu vereinen. Sie
kennen nur sich und jede von ihnen ist bereit, der Stärkung ihrer Macht,
Mes Einflusses, ihres Parteiwillens, das Wohl des Volksganzen zu opfern. Wir
?°wen keine Männer, weil die Parteien jede kraftvolle, starke Persönlichkeit von
^der einflußreichen Stelle fernhalten und nur solche Männer an der Spitze
Dulden, die sich jederzeit bedingungslos dem Parteiwillen unterwerfen. Nur der
^wzelne ist in der Lage kraftvollen Entschließens. Wir wollen daher kein Parla-
Wentskabinett, sondern eine Regierung über den Parteien.


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[0117] Altes und neues Heer Schnell von Entschluß, oft allzuschnell und nicht geneigt sich von dem einmal als richtig erkannten abbringen zu lassen. Da er die Menschen sehr schnell beurteilt und selbst ein gerader offener Charakter ist, irrt er oft. Hat er zu einem Menschen Vertrauen gefaßt, dann vertraut er ihm ganz und läßt sehr viel Freiheit, so daß er stets tüchtige Mit¬ arbeiter findet. Immer empfänglich für ein freies Wort und für herbe Kritik, bleibt er jedoch stets der überlegene. Mit einem feinen Verständnis für die Psyche des Soldaten begabt, tief innerlich an den Soldatenberuf gebunden, weiß er stets wo seinen Soldaten der Schuh drückt, ist in der Fürsorge für sie unermüdlich und scheut weder Zeit noch -Ruhe, bei höheren Dienststellen etwas für seine Offiziere und Mannschaften durchzudrücken. Ein glänzender packender Redner, bleibt er immer militärisch scharf, kurz und sachlich: daß es durch Mark und Bein geht. Er lügt nie. Darin liegt das Geheimnis seiner Macht über die Brigade, deren Leuten er nie etwas falsches gesagt hat. nervös, kämpft er diese Nervosität energisch nieder. Verantwortungsfreudig: und deshalb der Mann, der den Mut zur Tat und Zur militärischen Ausführung des Kapp-Putsches findet. Lhrhardt als Politiker ... Ehrhardt, im Lager Döberitz, schreibt und felle an einem Manuskript, Während Kapp aus der Ferne wirkt. . . . Der Eckfeiler jedes Wiederaufbaues ist die sittliche Erneuerung Unseres Volkes. Die Auffassung vom Staat lediglich als Wirtschaftgemeinschaft Me verheerend und lähmend auf unser Volk gewirkt. Deshalb stehen an verant- wortlichster Stelle diejenigen, die in erster Linie berufen sind, an dem sittlichen und geistigen Wiederaufstieg unseres Volkes, sei es kraft ihres Amtes, sei es kraft chrer Bildung, sei es kraft ihrer Zukunftsmission, mitzuwirken; also die Geistigen, die im soliden Sinn des Wortes Gebildeten, unsere akademische Jugend, die ^hrer, die Geistlichkeit und unser Militär, als die Erzieher im Gegensatz zum Schulmeister. — Die rauhe Not des Lebens aber erfordert auch viel praktische, produktive Arbeit. Und produktive Arbeit ist wiederum nur die, die in irgend °wer Weise unabhängig von persönlicher Besitzmehrung, dem Volksganzen zugute virent. Daraus ergibt sich die dringende Notwendigkeit staatlicher Regelung der ^esitzverhältnisse, staatlicher Regelung der Organisation der Arbeitskräfte, und staatlicher Regelung des Arbeitsertrages. . Wir haben ein halbes Dutzend Parteien, von denen keine auch nur entfernt vie Aussicht hat, die Mehrheit des Volkes geschlossen hinter sich zu vereinen. Sie kennen nur sich und jede von ihnen ist bereit, der Stärkung ihrer Macht, Mes Einflusses, ihres Parteiwillens, das Wohl des Volksganzen zu opfern. Wir ?°wen keine Männer, weil die Parteien jede kraftvolle, starke Persönlichkeit von ^der einflußreichen Stelle fernhalten und nur solche Männer an der Spitze Dulden, die sich jederzeit bedingungslos dem Parteiwillen unterwerfen. Nur der ^wzelne ist in der Lage kraftvollen Entschließens. Wir wollen daher kein Parla- Wentskabinett, sondern eine Regierung über den Parteien.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339548/117>, abgerufen am 29.04.2024.