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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr.

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Des kraft'gen Mann'S Behagen ist Parteilichkeit.
Goethe


Unserer heutigen Ausgabe liegt ein Prospekt bei des Verlages Hirth
". Sohn, Bresten, für die bei ihm erschienenen "Heldensagen der germanischen
Friihzeit" von Wolters u. Petersen, auf den mir hinweisen.

Das pro und (Lontra der Rechtsparteien
Fritz Kern von
l,. Der Deutschnationale gegen die Aoalition

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>v. ,'<^^ur Rettung Deutschlands ist vor allem die Erziehung der Massen
zum nationalen Einheitswillen unerläßlich; diese Entwicklung wird
aber durch eine Koalition nicht gefördert, in welcher die Mehrheits-
sozialdemokratie die Rolle des verwöhnten Kindes weiterspielen
darf. Die sozialistischen Gewerkschaftler Hetzen weiter gegen "Unter¬
nehmer-Erpressung", beeifern sich verblendet die Vermögenssubstanz dem Feinde
auszuliefern, predigen den Besitzlosen noch immer das Evangelium des einzig un¬
versöhnlichen Gegensatzes, der nicht zwischen dem französischen Zerstörungseifer
und unserer deutschen Existenz bestehe, sondern zwischen Kapital und Arbeit. In
einem Augenblick, da der Franzose endlich auch den Arbeitern der zu zerstörenden
Deutschen Werke die Augen öffnet, verschleiern Wirth und Genossen immer krampf¬
hafter und unehrlicher den alleinigen Grund des wachsenden Elends, die unter¬
schriebene, unerfüllbare Kriegsentschädigung. Statt der Verzweiflung des Volkes
das Ventil gegen den allein schuldigen Feind zu öffnen, heuchelt diese Regierung,
als ob die Plünderung von Einkommen und Besitz irgendwie noch Deutschland zu
retten, dieNot zu lindern vermöchte. So wird in diesen Wochen unter dem Zeichen
der Koalitionsbildung der vielleicht letzte Augenblick zur Erziehung der Massen ver¬
säumt und mit einer neuen Revolution gespielt, weil die in Preußen koalierte
Linke im Reich nicht die Wahrheit über Teuerung, Zahlungsunfähigkeit und Nutz¬
losigkeit konfiskatorischer Steuern zu bekennen wagt. Denn diese Wahrheit würde
den nationalen Gedanken stärken und die "Ideale" der Linken schwächen. Wohl
kann in so jammervoller Zeit kaum ein Motiv der Selbstsucht, sondern nur ein
gutgemeinter Gedanke die Volkspartei zum Eintritt in eine solche disziplinlose
Koalition bewegen; aber indem sie eintritt, belastet die Volkspartei sich und den
nationalen Gedanken mit der Verantwortung für eine Politik, die nicht von ihr


Grenzboten IV 1921 17


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Des kraft'gen Mann'S Behagen ist Parteilichkeit.
Goethe


Unserer heutigen Ausgabe liegt ein Prospekt bei des Verlages Hirth
«. Sohn, Bresten, für die bei ihm erschienenen „Heldensagen der germanischen
Friihzeit" von Wolters u. Petersen, auf den mir hinweisen.

Das pro und (Lontra der Rechtsparteien
Fritz Kern von
l,. Der Deutschnationale gegen die Aoalition

AÄ^^
>v. ,'<^^ur Rettung Deutschlands ist vor allem die Erziehung der Massen
zum nationalen Einheitswillen unerläßlich; diese Entwicklung wird
aber durch eine Koalition nicht gefördert, in welcher die Mehrheits-
sozialdemokratie die Rolle des verwöhnten Kindes weiterspielen
darf. Die sozialistischen Gewerkschaftler Hetzen weiter gegen „Unter¬
nehmer-Erpressung", beeifern sich verblendet die Vermögenssubstanz dem Feinde
auszuliefern, predigen den Besitzlosen noch immer das Evangelium des einzig un¬
versöhnlichen Gegensatzes, der nicht zwischen dem französischen Zerstörungseifer
und unserer deutschen Existenz bestehe, sondern zwischen Kapital und Arbeit. In
einem Augenblick, da der Franzose endlich auch den Arbeitern der zu zerstörenden
Deutschen Werke die Augen öffnet, verschleiern Wirth und Genossen immer krampf¬
hafter und unehrlicher den alleinigen Grund des wachsenden Elends, die unter¬
schriebene, unerfüllbare Kriegsentschädigung. Statt der Verzweiflung des Volkes
das Ventil gegen den allein schuldigen Feind zu öffnen, heuchelt diese Regierung,
als ob die Plünderung von Einkommen und Besitz irgendwie noch Deutschland zu
retten, dieNot zu lindern vermöchte. So wird in diesen Wochen unter dem Zeichen
der Koalitionsbildung der vielleicht letzte Augenblick zur Erziehung der Massen ver¬
säumt und mit einer neuen Revolution gespielt, weil die in Preußen koalierte
Linke im Reich nicht die Wahrheit über Teuerung, Zahlungsunfähigkeit und Nutz¬
losigkeit konfiskatorischer Steuern zu bekennen wagt. Denn diese Wahrheit würde
den nationalen Gedanken stärken und die „Ideale" der Linken schwächen. Wohl
kann in so jammervoller Zeit kaum ein Motiv der Selbstsucht, sondern nur ein
gutgemeinter Gedanke die Volkspartei zum Eintritt in eine solche disziplinlose
Koalition bewegen; aber indem sie eintritt, belastet die Volkspartei sich und den
nationalen Gedanken mit der Verantwortung für eine Politik, die nicht von ihr


Grenzboten IV 1921 17
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339548/265>, abgerufen am 29.04.2024.