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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr.

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Itslia ksrÄ se

Übersetzung ins Deutsche z. Zt. verboten)


Warnung für Hoffende
Fritz Rem von
1.
London

rankreichs U-Boots- und Fliegerdrohuug, sein syrischer Keil, sein
kontinental-militärischer Bormachtstraum und die wirtschaftlichen
Krebsschäden des Versailler Diktats wiegen, seit mindestens einem
Jahr schwerer als der englische Gegensatz zu Amerika. Infolge¬
dessen laufen seit dem Londoner Diktat (Frühjahr 1921) geheime
Verhandlungen Londons mit Washington, deren Ergebnis teils vorliegt, teils
zu erwarten steht. Die "New friendships", mit denen Lloyd George im Frühjahr
dein Franzosen drohte, waren njcht der Leichnam des Deutschen Reiches, sondern
der amerikanische Riese. England schließt einen zeitweiligen Ausgleich mit Ame¬
rika über Flotte, Petroleum, Japans Isolierung, Wirtschaftsfragen usw. (was
nach Ablauf der zehnjährigen Flottenferien sein wird, interessiert in: Augenblick
nicht) und wendet sich augenblicks mit voller Front gegen Frankreich. Man hat
Mersina mit Agadir verglichen; der Vergleich ist oberflächlich, ein anderer trifft
besser. Vor (erst!) zehn Jahren drohte Lloyd Georges Frühstücksrede nach Agadir
-Kiderlen-Wächter mit Krieg, und Kiderlen zuckte zurück. Heute droht Curzons
Frühstücksrede und die Landung in Mersina den Franzosen, und wenn sie ihre
syrischen Neigungen, die zehnmal gefährlicher sind, als die deutsche Bagdadbahn
war, und ihre Rüstungen, soweit England sie fürchtet, nicht aufgeben, können sie
in Bälde den Krieg haben. Weil England und Amerika sich glatrstelltcn. Trotz¬
dem ist Englands Geste mehr theatralisch zu würdigen, denn es weiß: Der Nach¬
folger Briands wird sich unterwerfen wie Delcasft bei Faschoda und wie Kiderlen
im Jahre 1911. Weil England sich in der Flottenfrage Amerika unterworfen hat.


Grenzboten IV 1921 Is


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Warnung für Hoffende
Fritz Rem von
1.
London

rankreichs U-Boots- und Fliegerdrohuug, sein syrischer Keil, sein
kontinental-militärischer Bormachtstraum und die wirtschaftlichen
Krebsschäden des Versailler Diktats wiegen, seit mindestens einem
Jahr schwerer als der englische Gegensatz zu Amerika. Infolge¬
dessen laufen seit dem Londoner Diktat (Frühjahr 1921) geheime
Verhandlungen Londons mit Washington, deren Ergebnis teils vorliegt, teils
zu erwarten steht. Die „New friendships", mit denen Lloyd George im Frühjahr
dein Franzosen drohte, waren njcht der Leichnam des Deutschen Reiches, sondern
der amerikanische Riese. England schließt einen zeitweiligen Ausgleich mit Ame¬
rika über Flotte, Petroleum, Japans Isolierung, Wirtschaftsfragen usw. (was
nach Ablauf der zehnjährigen Flottenferien sein wird, interessiert in: Augenblick
nicht) und wendet sich augenblicks mit voller Front gegen Frankreich. Man hat
Mersina mit Agadir verglichen; der Vergleich ist oberflächlich, ein anderer trifft
besser. Vor (erst!) zehn Jahren drohte Lloyd Georges Frühstücksrede nach Agadir
-Kiderlen-Wächter mit Krieg, und Kiderlen zuckte zurück. Heute droht Curzons
Frühstücksrede und die Landung in Mersina den Franzosen, und wenn sie ihre
syrischen Neigungen, die zehnmal gefährlicher sind, als die deutsche Bagdadbahn
war, und ihre Rüstungen, soweit England sie fürchtet, nicht aufgeben, können sie
in Bälde den Krieg haben. Weil England und Amerika sich glatrstelltcn. Trotz¬
dem ist Englands Geste mehr theatralisch zu würdigen, denn es weiß: Der Nach¬
folger Briands wird sich unterwerfen wie Delcasft bei Faschoda und wie Kiderlen
im Jahre 1911. Weil England sich in der Flottenfrage Amerika unterworfen hat.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339548/297>, abgerufen am 29.04.2024.