Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Altes und neues Heer

Die Brücke zwischen Frontoffizier und Sozialismus ist vorhanden, man
muß sie nur beschreiten.

Das Ideal des Offiziers ist die Pflicht. Er ist der Frontsoldat der Pflicht.

Das Ideal des Arbeiters ist der Sozialismus, er ist der Frontsoldat der
Arbeit.

Der Pflichtgedanke des Offiziers muß schlackenfrei von egoistischen Standes¬
interesse werden.

Muß sozialistische Demagogie beseitigen.

Der Idealismus der sozialistischen Theorie muß den Offizier zu grundsätzlich
neuer Einstellung gegenüber dem Sozialismus zwingen.

Er muß in der Erkenntnis des Sozialismus die ewige Not der Masse erleben.


Wehrmacht und Rlassenkampf

Die Einheit der Wehrmacht erfordert, daß sie aus dem Klassenkampf
herausbleibt.

Deshalb ist die neutrale Stellung der Wehrmacht zum Kapitalismus und
Sozialismus notwendig, sowohl in Zeiten des friedlichen politischen Kampfes,
als auch in Zeiten gewaltsamen Klassenkampfes:

Die Wehrmacht darf im Bürgerkrieg nicht eingesetzt werden.

Nur die Polizei im Dienste des demokratischen Staates, sei es, daß dieser
nach den Mehrheitsverhältnissen kapitalistisch oder proletarisch orientiert ist.

Denn oberstes Gesetz ist uns:

Offizier und Mannschaft der Wehrmacht dürfen sich nicht aktiv politisch be¬
tätigen, weder in Wort noch in Schrift oder durch die Tat.

Denn die Wehrmacht umspannt in ihrem Innern zwei Klassen.

Wie darf nach unserem Grundsatz die eine Klasse die andere eigennützig
oder scheinbar eigennützig zwingen, ihr zu folgen?

Dann würde unser Ideal -- die innere Einheit der Wehrmacht -- zwar
nicht laut in Scherben gehen, aber leise wie ein kostbares Glas zerspringen.


Wehrmacht und Volk

Wehrmacht und Volk müssen ineinander aufgehen: ein Ideal für ein Volk,
das ein einig Volk ist.

Für ein so gespaltenes Volk, wie es das deutsche ist und wie es das was.
rend der ganzen Alltagszeit nach dem verlorenen Kriege sein wird, ist dies kein
Ideal. Denn wollten wir Volk und Wehrmacht eins sein lassen, also beide be¬
wußt in Wechselbeziehungen bringen und eins in dem andern sich spiegeln lassen,
so würden wir bald in der Wehrmacht dasselbe Bild sehen wie im Volk:


ohnmächtig, zerrissen, sich hassend.
Deshalb heißt unser Ideal:
Wehrmacht: Staat im Staat.

Wehrmacht Staat im Staat

Die Wehrmacht wird, wenn sie den Kapitalismus rechts liegen läßt und
den Sozialismus links liegen läßt, die bürgerlichen Parteien nicht beachtet und
die Arbeiterparteien nicht beachtet, sich zunächst alle zu Feinden machen.


Altes und neues Heer

Die Brücke zwischen Frontoffizier und Sozialismus ist vorhanden, man
muß sie nur beschreiten.

Das Ideal des Offiziers ist die Pflicht. Er ist der Frontsoldat der Pflicht.

Das Ideal des Arbeiters ist der Sozialismus, er ist der Frontsoldat der
Arbeit.

Der Pflichtgedanke des Offiziers muß schlackenfrei von egoistischen Standes¬
interesse werden.

Muß sozialistische Demagogie beseitigen.

Der Idealismus der sozialistischen Theorie muß den Offizier zu grundsätzlich
neuer Einstellung gegenüber dem Sozialismus zwingen.

Er muß in der Erkenntnis des Sozialismus die ewige Not der Masse erleben.


Wehrmacht und Rlassenkampf

Die Einheit der Wehrmacht erfordert, daß sie aus dem Klassenkampf
herausbleibt.

Deshalb ist die neutrale Stellung der Wehrmacht zum Kapitalismus und
Sozialismus notwendig, sowohl in Zeiten des friedlichen politischen Kampfes,
als auch in Zeiten gewaltsamen Klassenkampfes:

Die Wehrmacht darf im Bürgerkrieg nicht eingesetzt werden.

Nur die Polizei im Dienste des demokratischen Staates, sei es, daß dieser
nach den Mehrheitsverhältnissen kapitalistisch oder proletarisch orientiert ist.

Denn oberstes Gesetz ist uns:

Offizier und Mannschaft der Wehrmacht dürfen sich nicht aktiv politisch be¬
tätigen, weder in Wort noch in Schrift oder durch die Tat.

Denn die Wehrmacht umspannt in ihrem Innern zwei Klassen.

Wie darf nach unserem Grundsatz die eine Klasse die andere eigennützig
oder scheinbar eigennützig zwingen, ihr zu folgen?

Dann würde unser Ideal — die innere Einheit der Wehrmacht — zwar
nicht laut in Scherben gehen, aber leise wie ein kostbares Glas zerspringen.


Wehrmacht und Volk

Wehrmacht und Volk müssen ineinander aufgehen: ein Ideal für ein Volk,
das ein einig Volk ist.

Für ein so gespaltenes Volk, wie es das deutsche ist und wie es das was.
rend der ganzen Alltagszeit nach dem verlorenen Kriege sein wird, ist dies kein
Ideal. Denn wollten wir Volk und Wehrmacht eins sein lassen, also beide be¬
wußt in Wechselbeziehungen bringen und eins in dem andern sich spiegeln lassen,
so würden wir bald in der Wehrmacht dasselbe Bild sehen wie im Volk:


ohnmächtig, zerrissen, sich hassend.
Deshalb heißt unser Ideal:
Wehrmacht: Staat im Staat.

Wehrmacht Staat im Staat

Die Wehrmacht wird, wenn sie den Kapitalismus rechts liegen läßt und
den Sozialismus links liegen läßt, die bürgerlichen Parteien nicht beachtet und
die Arbeiterparteien nicht beachtet, sich zunächst alle zu Feinden machen.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <pb facs="#f0340" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/339889"/>
              <fw type="header" place="top"> Altes und neues Heer</fw><lb/>
              <p xml:id="ID_1404"> Die Brücke zwischen Frontoffizier und Sozialismus ist vorhanden, man<lb/>
muß sie nur beschreiten.</p><lb/>
              <p xml:id="ID_1405"> Das Ideal des Offiziers ist die Pflicht. Er ist der Frontsoldat der Pflicht.</p><lb/>
              <p xml:id="ID_1406"> Das Ideal des Arbeiters ist der Sozialismus, er ist der Frontsoldat der<lb/>
Arbeit.</p><lb/>
              <p xml:id="ID_1407"> Der Pflichtgedanke des Offiziers muß schlackenfrei von egoistischen Standes¬<lb/>
interesse werden.</p><lb/>
              <p xml:id="ID_1408"> Muß sozialistische Demagogie beseitigen.</p><lb/>
              <p xml:id="ID_1409"> Der Idealismus der sozialistischen Theorie muß den Offizier zu grundsätzlich<lb/>
neuer Einstellung gegenüber dem Sozialismus zwingen.</p><lb/>
              <p xml:id="ID_1410"> Er muß in der Erkenntnis des Sozialismus die ewige Not der Masse erleben.</p><lb/>
            </div>
            <div n="3">
              <head> Wehrmacht und Rlassenkampf</head><lb/>
              <p xml:id="ID_1411"> Die Einheit der Wehrmacht erfordert, daß sie aus dem Klassenkampf<lb/>
herausbleibt.</p><lb/>
              <p xml:id="ID_1412"> Deshalb ist die neutrale Stellung der Wehrmacht zum Kapitalismus und<lb/>
Sozialismus notwendig, sowohl in Zeiten des friedlichen politischen Kampfes,<lb/>
als auch in Zeiten gewaltsamen Klassenkampfes:</p><lb/>
              <p xml:id="ID_1413"> Die Wehrmacht darf im Bürgerkrieg nicht eingesetzt werden.</p><lb/>
              <p xml:id="ID_1414"> Nur die Polizei im Dienste des demokratischen Staates, sei es, daß dieser<lb/>
nach den Mehrheitsverhältnissen kapitalistisch oder proletarisch orientiert ist.</p><lb/>
              <p xml:id="ID_1415"> Denn oberstes Gesetz ist uns:</p><lb/>
              <p xml:id="ID_1416"> Offizier und Mannschaft der Wehrmacht dürfen sich nicht aktiv politisch be¬<lb/>
tätigen, weder in Wort noch in Schrift oder durch die Tat.</p><lb/>
              <p xml:id="ID_1417"> Denn die Wehrmacht umspannt in ihrem Innern zwei Klassen.</p><lb/>
              <p xml:id="ID_1418"> Wie darf nach unserem Grundsatz die eine Klasse die andere eigennützig<lb/>
oder scheinbar eigennützig zwingen, ihr zu folgen?</p><lb/>
              <p xml:id="ID_1419"> Dann würde unser Ideal &#x2014; die innere Einheit der Wehrmacht &#x2014; zwar<lb/>
nicht laut in Scherben gehen, aber leise wie ein kostbares Glas zerspringen.</p><lb/>
            </div>
            <div n="3">
              <head> Wehrmacht und Volk</head><lb/>
              <p xml:id="ID_1420"> Wehrmacht und Volk müssen ineinander aufgehen: ein Ideal für ein Volk,<lb/>
das ein einig Volk ist.</p><lb/>
              <p xml:id="ID_1421"> Für ein so gespaltenes Volk, wie es das deutsche ist und wie es das was.<lb/>
rend der ganzen Alltagszeit nach dem verlorenen Kriege sein wird, ist dies kein<lb/>
Ideal. Denn wollten wir Volk und Wehrmacht eins sein lassen, also beide be¬<lb/>
wußt in Wechselbeziehungen bringen und eins in dem andern sich spiegeln lassen,<lb/>
so würden wir bald in der Wehrmacht dasselbe Bild sehen wie im Volk:</p><lb/>
              <quote> ohnmächtig, zerrissen, sich hassend.<lb/>
Deshalb heißt unser Ideal:<lb/>
Wehrmacht: Staat im Staat.</quote><lb/>
            </div>
            <div n="3">
              <head> Wehrmacht Staat im Staat</head><lb/>
              <p xml:id="ID_1422"> Die Wehrmacht wird, wenn sie den Kapitalismus rechts liegen läßt und<lb/>
den Sozialismus links liegen läßt, die bürgerlichen Parteien nicht beachtet und<lb/>
die Arbeiterparteien nicht beachtet, sich zunächst alle zu Feinden machen.</p><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0340] Altes und neues Heer Die Brücke zwischen Frontoffizier und Sozialismus ist vorhanden, man muß sie nur beschreiten. Das Ideal des Offiziers ist die Pflicht. Er ist der Frontsoldat der Pflicht. Das Ideal des Arbeiters ist der Sozialismus, er ist der Frontsoldat der Arbeit. Der Pflichtgedanke des Offiziers muß schlackenfrei von egoistischen Standes¬ interesse werden. Muß sozialistische Demagogie beseitigen. Der Idealismus der sozialistischen Theorie muß den Offizier zu grundsätzlich neuer Einstellung gegenüber dem Sozialismus zwingen. Er muß in der Erkenntnis des Sozialismus die ewige Not der Masse erleben. Wehrmacht und Rlassenkampf Die Einheit der Wehrmacht erfordert, daß sie aus dem Klassenkampf herausbleibt. Deshalb ist die neutrale Stellung der Wehrmacht zum Kapitalismus und Sozialismus notwendig, sowohl in Zeiten des friedlichen politischen Kampfes, als auch in Zeiten gewaltsamen Klassenkampfes: Die Wehrmacht darf im Bürgerkrieg nicht eingesetzt werden. Nur die Polizei im Dienste des demokratischen Staates, sei es, daß dieser nach den Mehrheitsverhältnissen kapitalistisch oder proletarisch orientiert ist. Denn oberstes Gesetz ist uns: Offizier und Mannschaft der Wehrmacht dürfen sich nicht aktiv politisch be¬ tätigen, weder in Wort noch in Schrift oder durch die Tat. Denn die Wehrmacht umspannt in ihrem Innern zwei Klassen. Wie darf nach unserem Grundsatz die eine Klasse die andere eigennützig oder scheinbar eigennützig zwingen, ihr zu folgen? Dann würde unser Ideal — die innere Einheit der Wehrmacht — zwar nicht laut in Scherben gehen, aber leise wie ein kostbares Glas zerspringen. Wehrmacht und Volk Wehrmacht und Volk müssen ineinander aufgehen: ein Ideal für ein Volk, das ein einig Volk ist. Für ein so gespaltenes Volk, wie es das deutsche ist und wie es das was. rend der ganzen Alltagszeit nach dem verlorenen Kriege sein wird, ist dies kein Ideal. Denn wollten wir Volk und Wehrmacht eins sein lassen, also beide be¬ wußt in Wechselbeziehungen bringen und eins in dem andern sich spiegeln lassen, so würden wir bald in der Wehrmacht dasselbe Bild sehen wie im Volk: ohnmächtig, zerrissen, sich hassend. Deshalb heißt unser Ideal: Wehrmacht: Staat im Staat. Wehrmacht Staat im Staat Die Wehrmacht wird, wenn sie den Kapitalismus rechts liegen läßt und den Sozialismus links liegen läßt, die bürgerlichen Parteien nicht beachtet und die Arbeiterparteien nicht beachtet, sich zunächst alle zu Feinden machen.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339548
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339548/340
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339548/340>, abgerufen am 28.04.2024.