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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr.

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Altes und neues Heer

Die Diktatur jener, die mit Haß die gehässige Herrschaft der heute in
Parlamenten und Redaktionsstuben Herrschenden verfolgen, jener Herrschenden,
die durch altüberwucherte Zwietracht und durch Mauern, die ^sie als ihr Lebens¬
werk eifersüchtig um ihre kleinen Persönlichkeiten, um ihren engbegrenzten Wir¬
kungskreis gebaut haben, den Weg zur Freiheit und zur Einigung nicht gefunden
haben.

Die Diktatur jener, die durch ihre auch im grauen Alltag bewiesene Ein¬
heit der Wehrmacht prädestiniert sind, das erbarmungslose Schwert und die
wuchtige Macht zu sein, um die Einigung zwischen Kapitalismus und Sozialis¬
mus zu erzwingen!


Der Führer der Wehrmacht."
Begründung der Sozialdiktatur

Proklamation des Führers der Wehrmacht
nach Erzwingung des Waffenstillstandes im
Kampfe Kapitalismus und Sozialismus.

13. April 19 . .
"Deutsche!

Seit Jahrhunderten war't Ihr gewöhnt, geführt zu werden.

Nach der Novemberrevolution des Jahres 1918 solltet Ihr Euch selbst
regieren!

Ihr zeigtet Euch nicht reif.

Schuld eurer Geschichte und eures Volkscharakters, der nie steifnackig war.

Ihr zeigtet Euch nicht reif! Das bewies auch der Bürgerkrieg.

Die Demokratie in Deutschland einzuführen nach einem Siege, wäre viel¬
leicht unmöglich gewesen.

Der Schaden, der durch den plötzlichen Wechsel vom Untertanenstaat zum
volksverantwortlichen Staat entstanden, er wäre dann eher ertragbar geworden.
Aber ein kriegsunterlegeues Deutschland in Not konnte die formale Demokratie
mit ihren katastrophalen Übergangserscheinungen nicht ertragen.

Das Springen können vom Untertanenstaat zum demokratischen Staat
hat sich als die verhängnisvollste Ideologie nach dem Kriege erwiesen.

Wenn man uuter Demokratie die ratende Mitarbeit aller verstanden hätte:
so hätte dieser Demokratie keine Schranke gesetzt werden brauchen.

Hätte Demokratie geheißen: hervorragende Menschen aller Volksschichten
an führende Stellen zu bringen, so hätte sie dazu beigetragen, unser Land
wieder hochzubringen (denn die alte Führerschicht des Volkes bedarf der Blut¬
auffrischung).

Aber Demokratie hieß:

Das Feilschen und Handeln, wo Taten nötig sind.

Kuhhandel mit Plänen und Ideen.

Vor lauter Konzessionen die klare Linie verlieren.

Aus vielen Kompromissen die Tat verlernen.

Die Tatfreude der Verantwortlicher untergraben.

So wußte und wird jetzt die Demokratie eine Wandlung durchmachen:


Altes und neues Heer

Die Diktatur jener, die mit Haß die gehässige Herrschaft der heute in
Parlamenten und Redaktionsstuben Herrschenden verfolgen, jener Herrschenden,
die durch altüberwucherte Zwietracht und durch Mauern, die ^sie als ihr Lebens¬
werk eifersüchtig um ihre kleinen Persönlichkeiten, um ihren engbegrenzten Wir¬
kungskreis gebaut haben, den Weg zur Freiheit und zur Einigung nicht gefunden
haben.

Die Diktatur jener, die durch ihre auch im grauen Alltag bewiesene Ein¬
heit der Wehrmacht prädestiniert sind, das erbarmungslose Schwert und die
wuchtige Macht zu sein, um die Einigung zwischen Kapitalismus und Sozialis¬
mus zu erzwingen!


Der Führer der Wehrmacht."
Begründung der Sozialdiktatur

Proklamation des Führers der Wehrmacht
nach Erzwingung des Waffenstillstandes im
Kampfe Kapitalismus und Sozialismus.

13. April 19 . .
„Deutsche!

Seit Jahrhunderten war't Ihr gewöhnt, geführt zu werden.

Nach der Novemberrevolution des Jahres 1918 solltet Ihr Euch selbst
regieren!

Ihr zeigtet Euch nicht reif.

Schuld eurer Geschichte und eures Volkscharakters, der nie steifnackig war.

Ihr zeigtet Euch nicht reif! Das bewies auch der Bürgerkrieg.

Die Demokratie in Deutschland einzuführen nach einem Siege, wäre viel¬
leicht unmöglich gewesen.

Der Schaden, der durch den plötzlichen Wechsel vom Untertanenstaat zum
volksverantwortlichen Staat entstanden, er wäre dann eher ertragbar geworden.
Aber ein kriegsunterlegeues Deutschland in Not konnte die formale Demokratie
mit ihren katastrophalen Übergangserscheinungen nicht ertragen.

Das Springen können vom Untertanenstaat zum demokratischen Staat
hat sich als die verhängnisvollste Ideologie nach dem Kriege erwiesen.

Wenn man uuter Demokratie die ratende Mitarbeit aller verstanden hätte:
so hätte dieser Demokratie keine Schranke gesetzt werden brauchen.

Hätte Demokratie geheißen: hervorragende Menschen aller Volksschichten
an führende Stellen zu bringen, so hätte sie dazu beigetragen, unser Land
wieder hochzubringen (denn die alte Führerschicht des Volkes bedarf der Blut¬
auffrischung).

Aber Demokratie hieß:

Das Feilschen und Handeln, wo Taten nötig sind.

Kuhhandel mit Plänen und Ideen.

Vor lauter Konzessionen die klare Linie verlieren.

Aus vielen Kompromissen die Tat verlernen.

Die Tatfreude der Verantwortlicher untergraben.

So wußte und wird jetzt die Demokratie eine Wandlung durchmachen:


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[0347] Altes und neues Heer Die Diktatur jener, die mit Haß die gehässige Herrschaft der heute in Parlamenten und Redaktionsstuben Herrschenden verfolgen, jener Herrschenden, die durch altüberwucherte Zwietracht und durch Mauern, die ^sie als ihr Lebens¬ werk eifersüchtig um ihre kleinen Persönlichkeiten, um ihren engbegrenzten Wir¬ kungskreis gebaut haben, den Weg zur Freiheit und zur Einigung nicht gefunden haben. Die Diktatur jener, die durch ihre auch im grauen Alltag bewiesene Ein¬ heit der Wehrmacht prädestiniert sind, das erbarmungslose Schwert und die wuchtige Macht zu sein, um die Einigung zwischen Kapitalismus und Sozialis¬ mus zu erzwingen! Der Führer der Wehrmacht." Begründung der Sozialdiktatur Proklamation des Führers der Wehrmacht nach Erzwingung des Waffenstillstandes im Kampfe Kapitalismus und Sozialismus. 13. April 19 . . „Deutsche! Seit Jahrhunderten war't Ihr gewöhnt, geführt zu werden. Nach der Novemberrevolution des Jahres 1918 solltet Ihr Euch selbst regieren! Ihr zeigtet Euch nicht reif. Schuld eurer Geschichte und eures Volkscharakters, der nie steifnackig war. Ihr zeigtet Euch nicht reif! Das bewies auch der Bürgerkrieg. Die Demokratie in Deutschland einzuführen nach einem Siege, wäre viel¬ leicht unmöglich gewesen. Der Schaden, der durch den plötzlichen Wechsel vom Untertanenstaat zum volksverantwortlichen Staat entstanden, er wäre dann eher ertragbar geworden. Aber ein kriegsunterlegeues Deutschland in Not konnte die formale Demokratie mit ihren katastrophalen Übergangserscheinungen nicht ertragen. Das Springen können vom Untertanenstaat zum demokratischen Staat hat sich als die verhängnisvollste Ideologie nach dem Kriege erwiesen. Wenn man uuter Demokratie die ratende Mitarbeit aller verstanden hätte: so hätte dieser Demokratie keine Schranke gesetzt werden brauchen. Hätte Demokratie geheißen: hervorragende Menschen aller Volksschichten an führende Stellen zu bringen, so hätte sie dazu beigetragen, unser Land wieder hochzubringen (denn die alte Führerschicht des Volkes bedarf der Blut¬ auffrischung). Aber Demokratie hieß: Das Feilschen und Handeln, wo Taten nötig sind. Kuhhandel mit Plänen und Ideen. Vor lauter Konzessionen die klare Linie verlieren. Aus vielen Kompromissen die Tat verlernen. Die Tatfreude der Verantwortlicher untergraben. So wußte und wird jetzt die Demokratie eine Wandlung durchmachen:

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339548/347>, abgerufen am 28.04.2024.