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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr.

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Zeit unverständlichen Sprache bediene. Ans
Aare trifft das ja zu, aber die neueren
Philosophen -- ich nenne nur Hartmann --
schreiben nicht allein mit der größten Klar¬
heit, sondem behandeln auch Probleme, die
nicht nur die Fachleute interessieren. Herr
WieSner sei auf die erschöpfende Behandlung
des FreihettsbegriffS in Hartmanns .sitt¬
lichen Bewußtsein" hingewiesen, wo die
Willensfreiheit bi" in ihre letzten Schlupf¬
winkel verfolgt worden ist. WieSner nennt
Has unbewußte Wollen den Borwillen und
-unterscheidet zwischen 1. Willensbildung,
das ist die Zusammenfassung der Kräfte.
2. die Entschließung respektive die zielg-naße
Gleichrichtung oder Richtunggebung der zu¬
sammengefaßten Kräfte, und 3. die Willen""
Handlung. Die Determination durch körper¬
liche Beranlagung oder Suggestion verwirft
"r als sittlich beengend, aber er behauptet
doch die Willensfreiheit festgestellt zu haben,
weil man eine Willensrichtung variieren
könne. Darin weicht er aber durchaus nicht
Avr den Deterministen ab. Die Motive von
der mechanischen Kausalität loszulösen und
auf die Finalität einzustellen, ist das Ziel
der Sittlichkeit. Nicht der Wille an sich
-entscheidet, sondern der Inhalt des Willens,
der also immer determiniert wird. "Ich
danke Gott, daß ich muß, das Beste muß."
-sagt Lessing. A. v. H.

Andreas Walther, Das Kulturproblem der
Gegenwart. Friedrich Andreas Perthes.
A.-G. Gotha.

Als Lösung erscheint dem Göttinger
Professor vie: "Menschen zu schaffen, deren
innere Mächtigkeit die disparate Fülle, in
der unsere Kultur ersticken oder verbrennen
will, zu meistern imstande ist." Dazu soll
bis Gemeinschaft dienen. Das im verklärenden
Licht gesehene Mittelalter scheint ihm eine
Kroße Harmonie gewesen zu sein, weil kein

[Spaltenumbruch]

"wesentliches Partikel des ganzen reichen
Lebens wirkliche eigene anarchische Wege
ging". Er übersieht dabei über der Welt¬
anschauung des Mittelalters seine Wirklich¬
keit, und müßte sich von jedem Aufklärer
erinnern lassen an die Ausschreitungen des
Kirchenregiments, an Hexenprozesse. Inqui¬
sition und Judenverfolgungen, die Härten
de" Feudal- und Zunflsystem", Leibeigen¬
schaft usw.. die die "große Sinfonie, die
ihresgleichen nicht hat", doch wesentlich
störten. Wenn der Verfasser -- mit Recht --
Spengler den Borwurf macht, daß er das
abendländische Denken als Einheit fasse, so
kann man ihm wiederum den Borwurf
nicht ersparen, daß er in bezug auf da"
Mittelalter auch allzusehr verallgemeinert
habe. Alle geschichtsvhilosophischen Be¬
trachtungen unterliegen dieser Gefahr. Die
von dem Verfasser gewünschte Gemeinschaft
sieht er nicht in einer einzelnen Partei,
eS sei vielmehr das Unglück Deutschland",
daß e" den immerhin vereinigenden Staat
gegen eine Koalition von Parteien ausge¬
tauscht habe, -- sondern durch Arbeits¬
gemeinschaft verwirklicht, die die verschie¬
densten Stände umschließe. DaS Angel-
sachsentum in Amerika sei dadurch so kräftig
geworden, daß eS auf kalvinistischen Boden
aus der Zelle der nachbarlichen Gemeinschaft
emporgewachsen sei. überall feinsinnige Be¬
merkungen, wenn man auch bei einigen den
Widerspruch nicht unterdrücken kann.

Ralph Waldo Trine. Alle Tage Sonne,
Lichtstrahlen für jeden Tag aus den
Schriften "Engelhorns Lebensbücher".
Stuttgart. 1022. I. Engelhorn" Nachf.
Geb. M. 13.--, Halbpergament M. 60.--.

Eine Postille für Trine-Berehrer, drei-
hundertfünfundsechzig schöne und tiefe Wahr¬
heiten auf die einzelnen Tage des Jahre"
verteilt.

[Ende Spaltensatz]


Der letzte Artikel unserer Artikelreihe Altes und Neues Heer: "Werdende
Macht" Wehrmacht und Zeit, Die neue Revolution) von einem jungen Frout-
vffizier, ist nahezu vergriffen, so daß Nachbestellungen im Interesse unserer Leser
bald erbeten werden.






Verantwortlich I. B. H"l,nu" Frank" in Berlin,
Schriftleitnug und Verlag: Berlin SW 11. T-my-thos-r Ufer SS", Fernruf! Lützow V6I0,
Verlag: K> F. Koester, Abteilung Grenzboten, Berlin,
Druck: "Der Si-ichsbote" G. in, b. H, in Berlin SW 11, Dessauer Strase?,g/37

Niicksendnng von Manuskripten erfolgt nur gegen beigefügtes Rückporto.
Nachdruck sämtlicher Aufsätze ist nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Verlages gestattet.


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könne. Darin weicht er aber durchaus nicht
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auf die Finalität einzustellen, ist das Ziel
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der also immer determiniert wird. „Ich
danke Gott, daß ich muß, das Beste muß."
-sagt Lessing. A. v. H.

Andreas Walther, Das Kulturproblem der
Gegenwart. Friedrich Andreas Perthes.
A.-G. Gotha.

Als Lösung erscheint dem Göttinger
Professor vie: „Menschen zu schaffen, deren
innere Mächtigkeit die disparate Fülle, in
der unsere Kultur ersticken oder verbrennen
will, zu meistern imstande ist." Dazu soll
bis Gemeinschaft dienen. Das im verklärenden
Licht gesehene Mittelalter scheint ihm eine
Kroße Harmonie gewesen zu sein, weil kein

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„wesentliches Partikel des ganzen reichen
Lebens wirkliche eigene anarchische Wege
ging". Er übersieht dabei über der Welt¬
anschauung des Mittelalters seine Wirklich¬
keit, und müßte sich von jedem Aufklärer
erinnern lassen an die Ausschreitungen des
Kirchenregiments, an Hexenprozesse. Inqui¬
sition und Judenverfolgungen, die Härten
de« Feudal- und Zunflsystem», Leibeigen¬
schaft usw.. die die „große Sinfonie, die
ihresgleichen nicht hat", doch wesentlich
störten. Wenn der Verfasser — mit Recht —
Spengler den Borwurf macht, daß er das
abendländische Denken als Einheit fasse, so
kann man ihm wiederum den Borwurf
nicht ersparen, daß er in bezug auf da«
Mittelalter auch allzusehr verallgemeinert
habe. Alle geschichtsvhilosophischen Be¬
trachtungen unterliegen dieser Gefahr. Die
von dem Verfasser gewünschte Gemeinschaft
sieht er nicht in einer einzelnen Partei,
eS sei vielmehr das Unglück Deutschland»,
daß e» den immerhin vereinigenden Staat
gegen eine Koalition von Parteien ausge¬
tauscht habe, — sondern durch Arbeits¬
gemeinschaft verwirklicht, die die verschie¬
densten Stände umschließe. DaS Angel-
sachsentum in Amerika sei dadurch so kräftig
geworden, daß eS auf kalvinistischen Boden
aus der Zelle der nachbarlichen Gemeinschaft
emporgewachsen sei. überall feinsinnige Be¬
merkungen, wenn man auch bei einigen den
Widerspruch nicht unterdrücken kann.

Ralph Waldo Trine. Alle Tage Sonne,
Lichtstrahlen für jeden Tag aus den
Schriften „Engelhorns Lebensbücher".
Stuttgart. 1022. I. Engelhorn« Nachf.
Geb. M. 13.—, Halbpergament M. 60.—.

Eine Postille für Trine-Berehrer, drei-
hundertfünfundsechzig schöne und tiefe Wahr¬
heiten auf die einzelnen Tage des Jahre»
verteilt.

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Der letzte Artikel unserer Artikelreihe Altes und Neues Heer: „Werdende
Macht" Wehrmacht und Zeit, Die neue Revolution) von einem jungen Frout-
vffizier, ist nahezu vergriffen, so daß Nachbestellungen im Interesse unserer Leser
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Verantwortlich I. B. H«l,nu» Frank« in Berlin,
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[0437] Bücherschau Zeit unverständlichen Sprache bediene. Ans Aare trifft das ja zu, aber die neueren Philosophen — ich nenne nur Hartmann — schreiben nicht allein mit der größten Klar¬ heit, sondem behandeln auch Probleme, die nicht nur die Fachleute interessieren. Herr WieSner sei auf die erschöpfende Behandlung des FreihettsbegriffS in Hartmanns .sitt¬ lichen Bewußtsein" hingewiesen, wo die Willensfreiheit bi« in ihre letzten Schlupf¬ winkel verfolgt worden ist. WieSner nennt Has unbewußte Wollen den Borwillen und -unterscheidet zwischen 1. Willensbildung, das ist die Zusammenfassung der Kräfte. 2. die Entschließung respektive die zielg-naße Gleichrichtung oder Richtunggebung der zu¬ sammengefaßten Kräfte, und 3. die Willen«» Handlung. Die Determination durch körper¬ liche Beranlagung oder Suggestion verwirft «r als sittlich beengend, aber er behauptet doch die Willensfreiheit festgestellt zu haben, weil man eine Willensrichtung variieren könne. Darin weicht er aber durchaus nicht Avr den Deterministen ab. Die Motive von der mechanischen Kausalität loszulösen und auf die Finalität einzustellen, ist das Ziel der Sittlichkeit. Nicht der Wille an sich -entscheidet, sondern der Inhalt des Willens, der also immer determiniert wird. „Ich danke Gott, daß ich muß, das Beste muß." -sagt Lessing. A. v. H. Andreas Walther, Das Kulturproblem der Gegenwart. Friedrich Andreas Perthes. A.-G. Gotha. Als Lösung erscheint dem Göttinger Professor vie: „Menschen zu schaffen, deren innere Mächtigkeit die disparate Fülle, in der unsere Kultur ersticken oder verbrennen will, zu meistern imstande ist." Dazu soll bis Gemeinschaft dienen. Das im verklärenden Licht gesehene Mittelalter scheint ihm eine Kroße Harmonie gewesen zu sein, weil kein „wesentliches Partikel des ganzen reichen Lebens wirkliche eigene anarchische Wege ging". Er übersieht dabei über der Welt¬ anschauung des Mittelalters seine Wirklich¬ keit, und müßte sich von jedem Aufklärer erinnern lassen an die Ausschreitungen des Kirchenregiments, an Hexenprozesse. Inqui¬ sition und Judenverfolgungen, die Härten de« Feudal- und Zunflsystem», Leibeigen¬ schaft usw.. die die „große Sinfonie, die ihresgleichen nicht hat", doch wesentlich störten. Wenn der Verfasser — mit Recht — Spengler den Borwurf macht, daß er das abendländische Denken als Einheit fasse, so kann man ihm wiederum den Borwurf nicht ersparen, daß er in bezug auf da« Mittelalter auch allzusehr verallgemeinert habe. Alle geschichtsvhilosophischen Be¬ trachtungen unterliegen dieser Gefahr. Die von dem Verfasser gewünschte Gemeinschaft sieht er nicht in einer einzelnen Partei, eS sei vielmehr das Unglück Deutschland», daß e» den immerhin vereinigenden Staat gegen eine Koalition von Parteien ausge¬ tauscht habe, — sondern durch Arbeits¬ gemeinschaft verwirklicht, die die verschie¬ densten Stände umschließe. DaS Angel- sachsentum in Amerika sei dadurch so kräftig geworden, daß eS auf kalvinistischen Boden aus der Zelle der nachbarlichen Gemeinschaft emporgewachsen sei. überall feinsinnige Be¬ merkungen, wenn man auch bei einigen den Widerspruch nicht unterdrücken kann. Ralph Waldo Trine. Alle Tage Sonne, Lichtstrahlen für jeden Tag aus den Schriften „Engelhorns Lebensbücher". Stuttgart. 1022. I. Engelhorn« Nachf. Geb. M. 13.—, Halbpergament M. 60.—. Eine Postille für Trine-Berehrer, drei- hundertfünfundsechzig schöne und tiefe Wahr¬ heiten auf die einzelnen Tage des Jahre» verteilt. Der letzte Artikel unserer Artikelreihe Altes und Neues Heer: „Werdende Macht" Wehrmacht und Zeit, Die neue Revolution) von einem jungen Frout- vffizier, ist nahezu vergriffen, so daß Nachbestellungen im Interesse unserer Leser bald erbeten werden. Verantwortlich I. B. H«l,nu» Frank« in Berlin, Schriftleitnug und Verlag: Berlin SW 11. T-my-thos-r Ufer SS», Fernruf! Lützow V6I0, Verlag: K> F. Koester, Abteilung Grenzboten, Berlin, Druck: „Der Si-ichsbote" G. in, b. H, in Berlin SW 11, Dessauer Strase?,g/37 Niicksendnng von Manuskripten erfolgt nur gegen beigefügtes Rückporto. Nachdruck sämtlicher Aufsätze ist nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Verlages gestattet.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339548/437>, abgerufen am 29.04.2024.