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Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716.

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Verliebte und galante Gedichte.
(i) Der Lotus, eine Egyptische Pflantze/ so häuffig in den Nilus
zu finden/ breitet bey der Sonnen Aufaang seine Blätter/ so sich
bey deren Untergang traurig eingehüllt/ und ins Wasser ver-
steckt/ freudig wieder aus. Prosper. Alpinus de Plantis
AEgypti cap. 34. p.
103.
(k) Dieses Weisen Griechen/ an den Lydischen König/ den stoltzen
und reichen König Croesum, welcher ihn fragen lassen/ wer der
Glückseeligste in der Welt wäre? gesandter Spruch/ wird
wol unbewust seyn/ da er gesagt: Nemo ante obitum beatus.


An die zornige Lesbia.
Soll ich mich Lesbia mit Sorgen immer quählen?
Soll denn dein Seladon stets Kummer-Nächte zählen?
Erbarm dich meiner Noht/ erquicke meinen Geist/
Wehr/ daß nicht Atropos den Lebens-Dratt zerreißt;
Muß denn dein Zorn Comet auf mich Betrübten spielen/
Und mit vergrelten Blitz auf meine Scheitel zielen?
Soll ich an statt des Lichts nur schwartzen Schatten sehn/
Und statt der Rosen-Bahn auf scharffen Dornen gehn?
Laß doch galantes Kind die Augen helle werden
Verstelle nicht in Grimm die freundlichen Gebehrden/
Gib deinem Zorn verlaub/ verklährte dein Gesicht
Es sey dein Gnaden-Strahl auf meinen Geist gericht.
Wenn du nun Lesbia wilt wie die Sonne gläntzen/
Wenn holde Freundlichkeit dich Schönste soll bekräntzen?
So küsse mich dein Mund/ so sprich mich wieder loß/
Und nimm den Seladon in deine Marmor-Schooß.


Er vergleicht die Lesbia mit einem Garten.
Entweiche Flora nur mit deiner Blumen-Pracht/
Verhüll das Lust-Gefild der schönen Anemonen,
Gib dem beliebten Schmuck der Nelcken gute Nacht/
Verlaß die Prahlerey der stoltzen Käyser-Cronen.
Hilff der verlaßnen Lilg beperlte Thränen streun/
Auf den gebückten Klee/ entfärbt euch ihr Narcissen,
Jhr Tulpen dancket ab Aurorens Wiederschein/
Jhr grünen Matten sterbt in dunckeln Finsternissen.
Du
Verliebte und galante Gedichte.
(i) Der Lotus, eine Egyptiſche Pflantze/ ſo haͤuffig in den Nilus
zu finden/ breitet bey der Sonnen Aufaang ſeine Blaͤtter/ ſo ſich
bey deren Untergang traurig eingehuͤllt/ und ins Waſſer ver-
ſteckt/ freudig wieder aus. Proſper. Alpinus de Plantis
Ægypti cap. 34. p.
103.
(k) Dieſes Weiſen Griechen/ an den Lydiſchen Koͤnig/ den ſtoltzen
und reichen Koͤnig Crœſum, welcher ihn fragen laſſen/ wer der
Gluͤckſeeligſte in der Welt waͤre? geſandter Spruch/ wird
wol unbewuſt ſeyn/ da er geſagt: Nemo ante obitum beatus.


An die zornige Lesbia.
Soll ich mich Lesbia mit Sorgen immer quaͤhlen?
Soll denn dein Seladon ſtets Kummer-Naͤchte zaͤhlen?
Erbarm dich meiner Noht/ erquicke meinen Geiſt/
Wehr/ daß nicht Atropos den Lebens-Dratt zerreißt;
Muß denn dein Zorn Comet auf mich Betruͤbten ſpielen/
Und mit vergrelten Blitz auf meine Scheitel zielen?
Soll ich an ſtatt des Lichts nur ſchwartzen Schatten ſehn/
Und ſtatt der Roſen-Bahn auf ſcharffen Dornen gehn?
Laß doch galantes Kind die Augen helle werden
Verſtelle nicht in Grimm die freundlichen Gebehrden/
Gib deinem Zorn verlaub/ verklaͤhrte dein Geſicht
Es ſey dein Gnaden-Strahl auf meinen Geiſt gericht.
Wenn du nun Lesbia wilt wie die Sonne glaͤntzen/
Wenn holde Freundlichkeit dich Schoͤnſte ſoll bekraͤntzen?
So kuͤſſe mich dein Mund/ ſo ſprich mich wieder loß/
Und nimm den Seladon in deine Marmor-Schooß.


Er vergleicht die Lesbia mit einem Garten.
Entweiche Flora nur mit deiner Blumen-Pracht/
Verhuͤll das Luſt-Gefild der ſchoͤnen Anemonen,
Gib dem beliebten Schmuck der Nelcken gute Nacht/
Verlaß die Prahlerey der ſtoltzen Kaͤyſer-Cronen.
Hilff der verlaßnen Lilg beperlte Thraͤnen ſtreun/
Auf den gebuͤckten Klee/ entfaͤrbt euch ihr Narciſſen,
Jhr Tulpen dancket ab Aurorens Wiederſchein/
Jhr gruͤnen Matten ſterbt in dunckeln Finſterniſſen.
Du
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[136/0154] Verliebte und galante Gedichte. ⁽i⁾ Der Lotus, eine Egyptiſche Pflantze/ ſo haͤuffig in den Nilus zu finden/ breitet bey der Sonnen Aufaang ſeine Blaͤtter/ ſo ſich bey deren Untergang traurig eingehuͤllt/ und ins Waſſer ver- ſteckt/ freudig wieder aus. Proſper. Alpinus de Plantis Ægypti cap. 34. p. 103. ⁽k⁾ Dieſes Weiſen Griechen/ an den Lydiſchen Koͤnig/ den ſtoltzen und reichen Koͤnig Crœſum, welcher ihn fragen laſſen/ wer der Gluͤckſeeligſte in der Welt waͤre? geſandter Spruch/ wird wol unbewuſt ſeyn/ da er geſagt: Nemo ante obitum beatus. An die zornige Lesbia. Soll ich mich Lesbia mit Sorgen immer quaͤhlen? Soll denn dein Seladon ſtets Kummer-Naͤchte zaͤhlen? Erbarm dich meiner Noht/ erquicke meinen Geiſt/ Wehr/ daß nicht Atropos den Lebens-Dratt zerreißt; Muß denn dein Zorn Comet auf mich Betruͤbten ſpielen/ Und mit vergrelten Blitz auf meine Scheitel zielen? Soll ich an ſtatt des Lichts nur ſchwartzen Schatten ſehn/ Und ſtatt der Roſen-Bahn auf ſcharffen Dornen gehn? Laß doch galantes Kind die Augen helle werden Verſtelle nicht in Grimm die freundlichen Gebehrden/ Gib deinem Zorn verlaub/ verklaͤhrte dein Geſicht Es ſey dein Gnaden-Strahl auf meinen Geiſt gericht. Wenn du nun Lesbia wilt wie die Sonne glaͤntzen/ Wenn holde Freundlichkeit dich Schoͤnſte ſoll bekraͤntzen? So kuͤſſe mich dein Mund/ ſo ſprich mich wieder loß/ Und nimm den Seladon in deine Marmor-Schooß. Er vergleicht die Lesbia mit einem Garten. Entweiche Flora nur mit deiner Blumen-Pracht/ Verhuͤll das Luſt-Gefild der ſchoͤnen Anemonen, Gib dem beliebten Schmuck der Nelcken gute Nacht/ Verlaß die Prahlerey der ſtoltzen Kaͤyſer-Cronen. Hilff der verlaßnen Lilg beperlte Thraͤnen ſtreun/ Auf den gebuͤckten Klee/ entfaͤrbt euch ihr Narciſſen, Jhr Tulpen dancket ab Aurorens Wiederſchein/ Jhr gruͤnen Matten ſterbt in dunckeln Finſterniſſen. Du

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Zitationshilfe: Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716/154>, abgerufen am 29.03.2024.