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Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716.

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Verliebte und galante Gedichte.
So/ wie/ wenn Phoebus fort die dunckle Demmrung leuchtet/
Wie/ oder nach der Nacht des Tages Vortrab scheint/
Jn welcher Dunckelheit kein Mädgen es verneint/
Weil der Furchtsahmen Schaam darinn gesichert däuchtet.
Corinna kahm darauf mit einem Rock bedecket/
Loß um den weissen Hals des Haar ohn Schleyer hing/
So wie Semiramis vor dem zur Ruhe ging/
Und wie die Lais sich ins Buhler-Bett gestrecket.
Jch raubte ihr den Rock/ und dachte sie zu kriegen/
Sie aber griff auch zu/ und faßte das Gewand
Es wieder anzuziehn/ doch war ihr Widerstand
Kein Ernst/ sie ward besiegt durch willigs Unterliegen.
Daß sie nun gantz entblößt vor unsern Augen stehet/
Es war so gar kein Fehl an dem galanten Bauch/
Als ich die Schulter sah so war der Armen auch/
Die Brust/ die war gerecht zur Tastung aufgeblähet.
Jch weiß nicht alle Pracht/ und was sich kostbahr zeigte/
So wie die Seite war/ so war der Hüffte-Zier
Jch fand/ mit einem Wort/ nichts Tadelhaffts an ihr/
Daß ich auch meinen Leib an ihre Glieder beugte.
Wers Ubrige nicht weiß/ der rahte in die Wette
Bis ihn die Reitzung hin auf die Gedancken zieht/
Wir schlieffen endlich ein/ weil wir zu sehr ermüdt/
Doch wünsch ich/ daß ich stets so guten Mittag hätte.


Als sie zu ihm sagte: er wäre zu furchtsahm.

Rondeau.

Jch bin und bleibe so in meinem Courtifiren/
Daß ich die Frucht mag sehn doch nicht zum Munde führen/
Die wurmenstichig ist und voller Galle steckt/
Die/ ob sie Anfangs süß/ hernach verzweiffelt schmeckt.
Drum kanich auch nichts mehr als ihre Brust berühren/
Und der Gewohnheit nach mit Worten sie flattiren/
Denn dieses werde ich niemahlen hazardiren
Noch gönnen/ daß mein Sinn nach ihrer Schooß sich streckt.
Jch bin und bleibe so.
Jch
Verliebte und galante Gedichte.
So/ wie/ wenn Phœbus fort die dunckle Demmrung leuchtet/
Wie/ oder nach der Nacht des Tages Vortrab ſcheint/
Jn welcher Dunckelheit kein Maͤdgen es verneint/
Weil der Furchtſahmen Schaam darinn geſichert daͤuchtet.
Corinna kahm darauf mit einem Rock bedecket/
Loß um den weiſſen Hals des Haar ohn Schleyer hing/
So wie Semiramis vor dem zur Ruhe ging/
Und wie die Lais ſich ins Buhler-Bett geſtrecket.
Jch raubte ihr den Rock/ und dachte ſie zu kriegen/
Sie aber griff auch zu/ und faßte das Gewand
Es wieder anzuziehn/ doch war ihr Widerſtand
Kein Ernſt/ ſie ward beſiegt durch willigs Unterliegen.
Daß ſie nun gantz entbloͤßt vor unſern Augen ſtehet/
Es war ſo gar kein Fehl an dem galanten Bauch/
Als ich die Schulter ſah ſo war der Armen auch/
Die Bruſt/ die war gerecht zur Taſtung aufgeblaͤhet.
Jch weiß nicht alle Pracht/ und was ſich koſtbahr zeigte/
So wie die Seite war/ ſo war der Huͤffte-Zier
Jch fand/ mit einem Wort/ nichts Tadelhaffts an ihr/
Daß ich auch meinen Leib an ihre Glieder beugte.
Wers Ubrige nicht weiß/ der rahte in die Wette
Bis ihn die Reitzung hin auf die Gedancken zieht/
Wir ſchlieffen endlich ein/ weil wir zu ſehr ermuͤdt/
Doch wuͤnſch ich/ daß ich ſtets ſo guten Mittag haͤtte.


Als ſie zu ihm ſagte: er waͤre zu furchtſahm.

Rondeau.

Jch bin und bleibe ſo in meinem Courtifiren/
Daß ich die Frucht mag ſehn doch nicht zum Munde fuͤhren/
Die wurmenſtichig iſt und voller Galle ſteckt/
Die/ ob ſie Anfangs ſuͤß/ hernach verzweiffelt ſchmeckt.
Drum kanich auch nichts mehr als ihre Bruſt beruͤhren/
Und der Gewohnheit nach mit Worten ſie flattiren/
Denn dieſes werde ich niemahlen hazardiren
Noch goͤnnen/ daß mein Sinn nach ihrer Schooß ſich ſtreckt.
Jch bin und bleibe ſo.
Jch
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[157/0175] Verliebte und galante Gedichte. So/ wie/ wenn Phœbus fort die dunckle Demmrung leuchtet/ Wie/ oder nach der Nacht des Tages Vortrab ſcheint/ Jn welcher Dunckelheit kein Maͤdgen es verneint/ Weil der Furchtſahmen Schaam darinn geſichert daͤuchtet. Corinna kahm darauf mit einem Rock bedecket/ Loß um den weiſſen Hals des Haar ohn Schleyer hing/ So wie Semiramis vor dem zur Ruhe ging/ Und wie die Lais ſich ins Buhler-Bett geſtrecket. Jch raubte ihr den Rock/ und dachte ſie zu kriegen/ Sie aber griff auch zu/ und faßte das Gewand Es wieder anzuziehn/ doch war ihr Widerſtand Kein Ernſt/ ſie ward beſiegt durch willigs Unterliegen. Daß ſie nun gantz entbloͤßt vor unſern Augen ſtehet/ Es war ſo gar kein Fehl an dem galanten Bauch/ Als ich die Schulter ſah ſo war der Armen auch/ Die Bruſt/ die war gerecht zur Taſtung aufgeblaͤhet. Jch weiß nicht alle Pracht/ und was ſich koſtbahr zeigte/ So wie die Seite war/ ſo war der Huͤffte-Zier Jch fand/ mit einem Wort/ nichts Tadelhaffts an ihr/ Daß ich auch meinen Leib an ihre Glieder beugte. Wers Ubrige nicht weiß/ der rahte in die Wette Bis ihn die Reitzung hin auf die Gedancken zieht/ Wir ſchlieffen endlich ein/ weil wir zu ſehr ermuͤdt/ Doch wuͤnſch ich/ daß ich ſtets ſo guten Mittag haͤtte. Als ſie zu ihm ſagte: er waͤre zu furchtſahm. Rondeau. Jch bin und bleibe ſo in meinem Courtifiren/ Daß ich die Frucht mag ſehn doch nicht zum Munde fuͤhren/ Die wurmenſtichig iſt und voller Galle ſteckt/ Die/ ob ſie Anfangs ſuͤß/ hernach verzweiffelt ſchmeckt. Drum kanich auch nichts mehr als ihre Bruſt beruͤhren/ Und der Gewohnheit nach mit Worten ſie flattiren/ Denn dieſes werde ich niemahlen hazardiren Noch goͤnnen/ daß mein Sinn nach ihrer Schooß ſich ſtreckt. Jch bin und bleibe ſo. Jch

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Zitationshilfe: Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716/175>, abgerufen am 25.04.2024.