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Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716.

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Verliebte und galante Arien.
Er zürnet mit sich/ daß er so wanckelmütig.
1.
WO denckt ihr hin/ ihr flüchtigen Gedancken?
Welch Unbestand nimmt euch/ ihr Sinnen/ ein?
Heist dieses wol treu und beständig seyn?
Bald hie/ und denn bald dort hinaus zu wancken.
Was nützet euch die falsche Heucheley?
Wie! wenn ihr lieben wolt/ so liebet treu.
2.
So liebet treu/ mein Glück ist noch verhanden/
Das Wetter/ so ihr Antlitz überzieht
Wird nicht beständig seyn/ ihr Zorn entflieht
So schleunig als er bey dir ist entstanden/
Geduldet euch nur eine kleine Zeit/
So wird zum Ende seyn euer hartes Leid.
3.
Eur hartes Leid wird sich in Lust verkehren
Bey Rosen lassen sich die Dornen sehn
So kan man auch nicht stets auf Sammet gehn
Die Liebe will nicht immer Lust verehren/
Zuweilen sie auch scharffe Salsen giebt/
Und prüfet uns/ ob man beständig lieb't
4.
Beständig liebt ein recht verliebtes Hertze/
Es wancket nicht ob schon ein Sturm entsteht/
Wenn alles neben ihm zu Grunde geht.
So brennet doch in ihm die Liebes-Kertze
Die keine Noht/ wie groß sie ist ausbläßt/
Bis daß den matten Leib der Geist verläst.
5.
Der Geist verläst/ offt eh des Leibes-Höle
Als daß er seine treue Liebe bricht
Wohin man einst den steiffen Sinn gericht
Dahin verlanget immerfort die Seele
Jch fühle auch das angenehme Strick
Das nach Melinden mich nun zieht zurück.
6. Nun
Verliebte und galante Arien.
Er zuͤrnet mit ſich/ daß er ſo wanckelmuͤtig.
1.
WO denckt ihr hin/ ihr fluͤchtigen Gedancken?
Welch Unbeſtand nimmt euch/ ihr Sinnen/ ein?
Heiſt dieſes wol treu und beſtaͤndig ſeyn?
Bald hie/ und denn bald dort hinaus zu wancken.
Was nuͤtzet euch die falſche Heucheley?
Wie! wenn ihr lieben wolt/ ſo liebet treu.
2.
So liebet treu/ mein Gluͤck iſt noch verhanden/
Das Wetter/ ſo ihr Antlitz uͤberzieht
Wird nicht beſtaͤndig ſeyn/ ihr Zorn entflieht
So ſchleunig als er bey dir iſt entſtanden/
Geduldet euch nur eine kleine Zeit/
So wird zum Ende ſeyn euer hartes Leid.
3.
Eur hartes Leid wird ſich in Luſt verkehren
Bey Roſen laſſen ſich die Dornen ſehn
So kan man auch nicht ſtets auf Sammet gehn
Die Liebe will nicht immer Luſt verehren/
Zuweilen ſie auch ſcharffe Salſen giebt/
Und pruͤfet uns/ ob man beſtaͤndig lieb’t
4.
Beſtaͤndig liebt ein recht verliebtes Hertze/
Es wancket nicht ob ſchon ein Sturm entſteht/
Wenn alles neben ihm zu Grunde geht.
So brennet doch in ihm die Liebes-Kertze
Die keine Noht/ wie groß ſie iſt ausblaͤßt/
Bis daß den matten Leib der Geiſt verlaͤſt.
5.
Der Geiſt verlaͤſt/ offt eh des Leibes-Hoͤle
Als daß er ſeine treue Liebe bricht
Wohin man einſt den ſteiffen Sinn gericht
Dahin verlanget immerfort die Seele
Jch fuͤhle auch das angenehme Strick
Das nach Melinden mich nun zieht zuruͤck.
6. Nun
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[184/0202] Verliebte und galante Arien. Er zuͤrnet mit ſich/ daß er ſo wanckelmuͤtig. 1. WO denckt ihr hin/ ihr fluͤchtigen Gedancken? Welch Unbeſtand nimmt euch/ ihr Sinnen/ ein? Heiſt dieſes wol treu und beſtaͤndig ſeyn? Bald hie/ und denn bald dort hinaus zu wancken. Was nuͤtzet euch die falſche Heucheley? Wie! wenn ihr lieben wolt/ ſo liebet treu. 2. So liebet treu/ mein Gluͤck iſt noch verhanden/ Das Wetter/ ſo ihr Antlitz uͤberzieht Wird nicht beſtaͤndig ſeyn/ ihr Zorn entflieht So ſchleunig als er bey dir iſt entſtanden/ Geduldet euch nur eine kleine Zeit/ So wird zum Ende ſeyn euer hartes Leid. 3. Eur hartes Leid wird ſich in Luſt verkehren Bey Roſen laſſen ſich die Dornen ſehn So kan man auch nicht ſtets auf Sammet gehn Die Liebe will nicht immer Luſt verehren/ Zuweilen ſie auch ſcharffe Salſen giebt/ Und pruͤfet uns/ ob man beſtaͤndig lieb’t 4. Beſtaͤndig liebt ein recht verliebtes Hertze/ Es wancket nicht ob ſchon ein Sturm entſteht/ Wenn alles neben ihm zu Grunde geht. So brennet doch in ihm die Liebes-Kertze Die keine Noht/ wie groß ſie iſt ausblaͤßt/ Bis daß den matten Leib der Geiſt verlaͤſt. 5. Der Geiſt verlaͤſt/ offt eh des Leibes-Hoͤle Als daß er ſeine treue Liebe bricht Wohin man einſt den ſteiffen Sinn gericht Dahin verlanget immerfort die Seele Jch fuͤhle auch das angenehme Strick Das nach Melinden mich nun zieht zuruͤck. 6. Nun

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Zitationshilfe: Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716/202>, abgerufen am 25.04.2024.