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Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716.

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Sinn-Gedichte.
Pflegt man schon immer dich bräunlich zu mahlen
Venus ernehret selbst schwärtzliche Strahlen/
Auch sind die Gratien bräunlicht wie du/
Drum zieh mein Licht dir kein Betrüben zu.


Dorinde an dem unentpfindlichen Silvio.
Aus dem Jtaliänischen.
Laß ich den holden Blick nach frembden Augen streichen
So wilt du diese Gunst den Ehe-bruch vergleichen
Wann aber ich von dir verlang' ein heisses Hertz/
So krieg' ich nichts als Eyß/ vor Feude herben Schmertz.
Jch schau zwar Himmels-Lust in deinen schönen Augen/
Und muß doch Höllen-Pein aus den Crystallen saugen/
Drum hör; ich habe dich Kaltsinn'ger gung geliebt
Die Treu ist nun erblaßt/ die ich sonst ausgeübt.


Auf die schöne einäugigte.
Hat dir ein Unfall gleich ein Auge weggenommen/
Womit gedoppelt sonst die rechte Schönheit prahlt:
So weine darum nicht/ du bist und bleibest schön/
Es kan die Lieb' ins Hertz' auch durch ein Auge kommen/
Es ist nur eine Sonn'/ so diese Welt bestrahlt:
Es läst sich nur ein Mond am blassen Himmel sehn/
Wie Sonn' und Mond die Welt genug erleuchten können
So hat dein eines Aug' auch Feuer satt zum brennen.


Das süsse Sterben der Verliebten.
Stirb nur/ Amando stirb/ die Lust steht dir zur Seiten/
Die schöne Marmor-Brust will dir das Grab bereiten:
O wunderschöner Tod! glücksehlig wer so stirbt/
Und in der hohlen Schooß ein süsses Grab erwirbt
Man stirbt indem man lebt/ man geht in Wollust unter/
Und wird nach solchen Tod zu neuen Freuden munter.
Besteige nur das Grab/ erfüll die schöne Grufft/
Denn der ist recht vergnügt/ der so im Grabe dufft.
Als
Sinn-Gedichte.
Pflegt man ſchon immer dich braͤunlich zu mahlen
Venus ernehret ſelbſt ſchwaͤrtzliche Strahlen/
Auch ſind die Gratien braͤunlicht wie du/
Drum zieh mein Licht dir kein Betruͤben zu.


Dorinde an dem unentpfindlichen Silvio.
Aus dem Jtaliaͤniſchen.
Laß ich den holden Blick nach frembden Augen ſtreichen
So wilt du dieſe Gunſt den Ehe-bruch vergleichen
Wann aber ich von dir verlang’ ein heiſſes Hertz/
So krieg’ ich nichts als Eyß/ vor Feude herben Schmertz.
Jch ſchau zwar Himmels-Luſt in deinen ſchoͤnen Augen/
Und muß doch Hoͤllen-Pein aus den Cryſtallen ſaugen/
Drum hoͤr; ich habe dich Kaltſinn’ger gung geliebt
Die Treu iſt nun erblaßt/ die ich ſonſt ausgeuͤbt.


Auf die ſchoͤne einaͤugigte.
Hat dir ein Unfall gleich ein Auge weggenommen/
Womit gedoppelt ſonſt die rechte Schoͤnheit prahlt:
So weine darum nicht/ du biſt und bleibeſt ſchoͤn/
Es kan die Lieb’ ins Hertz’ auch durch ein Auge kommen/
Es iſt nur eine Sonn’/ ſo dieſe Welt beſtrahlt:
Es laͤſt ſich nur ein Mond am blaſſen Himmel ſehn/
Wie Sonn’ und Mond die Welt genug erleuchten koͤnnen
So hat dein eines Aug’ auch Feuer ſatt zum brennen.


Das ſuͤſſe Sterben der Verliebten.
Stirb nur/ Amando ſtirb/ die Luſt ſteht dir zur Seiten/
Die ſchoͤne Marmor-Bruſt will dir das Grab bereiten:
O wunderſchoͤner Tod! gluͤckſehlig wer ſo ſtirbt/
Und in der hohlen Schooß ein ſuͤſſes Grab erwirbt
Man ſtirbt indem man lebt/ man geht in Wolluſt unter/
Und wird nach ſolchen Tod zu neuen Freuden munter.
Beſteige nur das Grab/ erfuͤll die ſchoͤne Grufft/
Denn der iſt recht vergnuͤgt/ der ſo im Grabe dufft.
Als
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[330/0348] Sinn-Gedichte. Pflegt man ſchon immer dich braͤunlich zu mahlen Venus ernehret ſelbſt ſchwaͤrtzliche Strahlen/ Auch ſind die Gratien braͤunlicht wie du/ Drum zieh mein Licht dir kein Betruͤben zu. Dorinde an dem unentpfindlichen Silvio. Aus dem Jtaliaͤniſchen. Laß ich den holden Blick nach frembden Augen ſtreichen So wilt du dieſe Gunſt den Ehe-bruch vergleichen Wann aber ich von dir verlang’ ein heiſſes Hertz/ So krieg’ ich nichts als Eyß/ vor Feude herben Schmertz. Jch ſchau zwar Himmels-Luſt in deinen ſchoͤnen Augen/ Und muß doch Hoͤllen-Pein aus den Cryſtallen ſaugen/ Drum hoͤr; ich habe dich Kaltſinn’ger gung geliebt Die Treu iſt nun erblaßt/ die ich ſonſt ausgeuͤbt. Auf die ſchoͤne einaͤugigte. Hat dir ein Unfall gleich ein Auge weggenommen/ Womit gedoppelt ſonſt die rechte Schoͤnheit prahlt: So weine darum nicht/ du biſt und bleibeſt ſchoͤn/ Es kan die Lieb’ ins Hertz’ auch durch ein Auge kommen/ Es iſt nur eine Sonn’/ ſo dieſe Welt beſtrahlt: Es laͤſt ſich nur ein Mond am blaſſen Himmel ſehn/ Wie Sonn’ und Mond die Welt genug erleuchten koͤnnen So hat dein eines Aug’ auch Feuer ſatt zum brennen. Das ſuͤſſe Sterben der Verliebten. Stirb nur/ Amando ſtirb/ die Luſt ſteht dir zur Seiten/ Die ſchoͤne Marmor-Bruſt will dir das Grab bereiten: O wunderſchoͤner Tod! gluͤckſehlig wer ſo ſtirbt/ Und in der hohlen Schooß ein ſuͤſſes Grab erwirbt Man ſtirbt indem man lebt/ man geht in Wolluſt unter/ Und wird nach ſolchen Tod zu neuen Freuden munter. Beſteige nur das Grab/ erfuͤll die ſchoͤne Grufft/ Denn der iſt recht vergnuͤgt/ der ſo im Grabe dufft. Als

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Zitationshilfe: Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716/348>, abgerufen am 28.03.2024.