Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716.

Bild:
<< vorherige Seite
Sinn-Gedichte.
Er liebet eine Wittwe.
Aus dem Frantzösischen.
Liebet welche die ihr wolt/ euch sind alle frey gegeben/
Mein Hertz aber soll allzeit nur in einer Wittwen leben/
Der ein heisses Seuffzen steitig aus der Quell des Hertzens
steigt/
Und die sich als schon bewandert besser zu den Lüsten neigt.
Wenn der Wein die Wirckung thut/ daß er in die Geister
kommen/
Denn laufft man der Tonnen zu/ wo er ist heraus genommen/
Und man macht sich kein Bedencken braff zu trincken von dem
Wein/
Ob ein ander schon der Tonnen erst der Bohrer müssen seyn.


An ihre Augen.
Jhr Augen strahlet mich mit sanfften Blicken an/
Erquicket meinen Geist/ der sonst nicht leben kan/
Labt ihn mit holdem Schein/ vertreibt den bittern Kummer/
Erweckt ihn aus dem Schlaff/ verstöhrt des Glückes-Schlummer/
Doch Nein! bestralt mich nicht; es mehrt nur meinen Schmertz
Genieß ich gleich von euch begehrte Lust und Schertz;
Chlorinde weichet nicht von ihren steiffen Sinnen/
Kein Flehn noch Dräuen kan ihr hartes Hertz gewinnen.


Als er sie im grünen schlaffen fand.
Jhr Lüffte wehet nicht/ halt euren Oden auf/
Steh Zephyr stehe stille/ bezäume deinen Lauff;
Laß/ laß/ mein Engels-Kind in süsser Ruhe liegen/
Laß Ros-und Nelcken sich zu ihren Füssen schmiegen.
Hauch an mein Paradies mit Ambra schwangrer Lufft
Still! daß kein Satyr hart in jenem Busche rufft.
Macht kein Geräusche nicht Napeen im Gebüsche
Still/ daß sie schlaffend bleibt/ und ich den Kuß erwische.
Als
Sinn-Gedichte.
Er liebet eine Wittwe.
Aus dem Frantzoͤſiſchen.
Liebet welche die ihr wolt/ euch ſind alle frey gegeben/
Mein Hertz aber ſoll allzeit nur in einer Wittwen leben/
Der ein heiſſes Seuffzen ſteitig aus der Quell des Hertzens
ſteigt/
Und die ſich als ſchon bewandert beſſer zu den Luͤſten neigt.
Wenn der Wein die Wirckung thut/ daß er in die Geiſter
kommen/
Denn laufft man der Tonnen zu/ wo er iſt heraus genommen/
Und man macht ſich kein Bedencken braff zu trincken von dem
Wein/
Ob ein ander ſchon der Tonnen erſt der Bohrer muͤſſen ſeyn.


An ihre Augen.
Jhr Augen ſtrahlet mich mit ſanfften Blicken an/
Erquicket meinen Geiſt/ der ſonſt nicht leben kan/
Labt ihn mit holdem Schein/ vertreibt den bittern Kummer/
Erweckt ihn aus dem Schlaff/ verſtoͤhrt des Gluͤckes-Schlum̃er/
Doch Nein! beſtralt mich nicht; es mehrt nur meinen Schmertz
Genieß ich gleich von euch begehrte Luſt und Schertz;
Chlorinde weichet nicht von ihren ſteiffen Sinnen/
Kein Flehn noch Draͤuen kan ihr hartes Hertz gewinnen.


Als er ſie im gruͤnen ſchlaffen fand.
Jhr Luͤffte wehet nicht/ halt euren Oden auf/
Steh Zephyr ſtehe ſtille/ bezaͤume deinen Lauff;
Laß/ laß/ mein Engels-Kind in ſuͤſſer Ruhe liegen/
Laß Ros-und Nelcken ſich zu ihren Fuͤſſen ſchmiegen.
Hauch an mein Paradies mit Ambra ſchwangrer Lufft
Still! daß kein Satyr hart in jenem Buſche rufft.
Macht kein Geraͤuſche nicht Napeen im Gebuͤſche
Still/ daß ſie ſchlaffend bleibt/ und ich den Kuß erwiſche.
Als
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0367" n="349"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Sinn-Gedichte.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Er liebet eine Wittwe.<lb/>
Aus dem Frantzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">L</hi>iebet welche die ihr wolt/ euch &#x017F;ind alle frey gegeben/</l><lb/>
            <l>Mein Hertz aber &#x017F;oll allzeit nur in einer Wittwen leben/</l><lb/>
            <l>Der ein hei&#x017F;&#x017F;es Seuffzen &#x017F;teitig aus der Quell des Hertzens</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">&#x017F;teigt/</hi> </l><lb/>
            <l>Und die &#x017F;ich als &#x017F;chon bewandert be&#x017F;&#x017F;er zu den Lu&#x0364;&#x017F;ten neigt.</l><lb/>
            <l>Wenn der Wein die Wirckung thut/ daß er in die Gei&#x017F;ter</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">kommen/</hi> </l><lb/>
            <l>Denn laufft man der Tonnen zu/ wo er i&#x017F;t heraus genommen/</l><lb/>
            <l>Und man macht &#x017F;ich kein Bedencken braff zu trincken von dem</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Wein/</hi> </l><lb/>
            <l>Ob ein ander &#x017F;chon der Tonnen er&#x017F;t der Bohrer mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;eyn.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">An ihre Augen.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">J</hi>hr Augen &#x017F;trahlet mich mit &#x017F;anfften Blicken an/</l><lb/>
            <l>Erquicket meinen Gei&#x017F;t/ der &#x017F;on&#x017F;t nicht leben kan/</l><lb/>
            <l>Labt ihn mit holdem Schein/ vertreibt den bittern Kummer/</l><lb/>
            <l>Erweckt ihn aus dem Schlaff/ ver&#x017F;to&#x0364;hrt des Glu&#x0364;ckes-Schlum&#x0303;er/</l><lb/>
            <l>Doch Nein! be&#x017F;tralt mich nicht; es mehrt nur meinen Schmertz</l><lb/>
            <l>Genieß ich gleich von euch begehrte Lu&#x017F;t und Schertz;</l><lb/>
            <l><hi rendition="#aq">Chlorinde</hi> weichet nicht von ihren &#x017F;teiffen Sinnen/</l><lb/>
            <l>Kein Flehn noch Dra&#x0364;uen kan ihr hartes Hertz gewinnen.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Als er &#x017F;ie im gru&#x0364;nen &#x017F;chlaffen fand.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">J</hi>hr Lu&#x0364;ffte wehet nicht/ halt euren Oden auf/</l><lb/>
            <l>Steh <hi rendition="#aq">Zephyr</hi> &#x017F;tehe &#x017F;tille/ beza&#x0364;ume deinen Lauff;</l><lb/>
            <l>Laß/ laß/ mein Engels-Kind in &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;er Ruhe liegen/</l><lb/>
            <l>Laß Ros-und Nelcken &#x017F;ich zu ihren Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;chmiegen.</l><lb/>
            <l>Hauch an mein Paradies mit <hi rendition="#aq">Ambra</hi> &#x017F;chwangrer Lufft</l><lb/>
            <l>Still! daß kein <hi rendition="#aq">Satyr</hi> hart in jenem Bu&#x017F;che rufft.</l><lb/>
            <l>Macht kein Gera&#x0364;u&#x017F;che nicht <hi rendition="#aq">Napeen</hi> im Gebu&#x0364;&#x017F;che</l><lb/>
            <l>Still/ daß &#x017F;ie &#x017F;chlaffend bleibt/ und ich den Kuß erwi&#x017F;che.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Als</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[349/0367] Sinn-Gedichte. Er liebet eine Wittwe. Aus dem Frantzoͤſiſchen. Liebet welche die ihr wolt/ euch ſind alle frey gegeben/ Mein Hertz aber ſoll allzeit nur in einer Wittwen leben/ Der ein heiſſes Seuffzen ſteitig aus der Quell des Hertzens ſteigt/ Und die ſich als ſchon bewandert beſſer zu den Luͤſten neigt. Wenn der Wein die Wirckung thut/ daß er in die Geiſter kommen/ Denn laufft man der Tonnen zu/ wo er iſt heraus genommen/ Und man macht ſich kein Bedencken braff zu trincken von dem Wein/ Ob ein ander ſchon der Tonnen erſt der Bohrer muͤſſen ſeyn. An ihre Augen. Jhr Augen ſtrahlet mich mit ſanfften Blicken an/ Erquicket meinen Geiſt/ der ſonſt nicht leben kan/ Labt ihn mit holdem Schein/ vertreibt den bittern Kummer/ Erweckt ihn aus dem Schlaff/ verſtoͤhrt des Gluͤckes-Schlum̃er/ Doch Nein! beſtralt mich nicht; es mehrt nur meinen Schmertz Genieß ich gleich von euch begehrte Luſt und Schertz; Chlorinde weichet nicht von ihren ſteiffen Sinnen/ Kein Flehn noch Draͤuen kan ihr hartes Hertz gewinnen. Als er ſie im gruͤnen ſchlaffen fand. Jhr Luͤffte wehet nicht/ halt euren Oden auf/ Steh Zephyr ſtehe ſtille/ bezaͤume deinen Lauff; Laß/ laß/ mein Engels-Kind in ſuͤſſer Ruhe liegen/ Laß Ros-und Nelcken ſich zu ihren Fuͤſſen ſchmiegen. Hauch an mein Paradies mit Ambra ſchwangrer Lufft Still! daß kein Satyr hart in jenem Buſche rufft. Macht kein Geraͤuſche nicht Napeen im Gebuͤſche Still/ daß ſie ſchlaffend bleibt/ und ich den Kuß erwiſche. Als

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716/367
Zitationshilfe: Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716/367>, abgerufen am 24.04.2024.