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Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716.

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Sinn-Gedichte.
Liebe und Haß.
Catull Epigr. 83.
Jch spühre Lieb' und Haß/ vielleicht gelangt an mir
Warum ich solches thu?
Die Ursach weiß ich nicht/ nur daß ichs bey mir spühr/
Jch quähl mich noch dazu.


Als er sie zur Straffe küssen muste.
Florinde soll der Kuß mir eine Straffe seyn?
So werd' ich immerfort nach solcher Straffe ringen/
Jch werd' sonst nichtes nicht als was man strafft vollbringen/
Denn diese Straffe geht mir allzulieblich ein.
Allein mein Mund will sich mit einem nicht vergnügen/
Jch nehm die Straffe an/ solt' ich gleich tausend kriegen.


An seine Reimen.
WO denckt ihr Reime hin? doch geht nur immerfort/
Und saget Lesbien, daß ich ihr eigen bin/
Doch mein bleibt immer hier/ ihr scheitert in dem Port/
Jhr seyd nicht hoch genug vor ihren klugen Sinn.


Niemand kan der Liebe entgehen.
Die Welt hegt nichts in sich/ daß Amors Trieb nicht spühret/
Der Mensch-und Geister/ ja die Götter selber rühret
Der Purpur ist nicht frey von solcher Leydenschafft/
Die von der Liebe kommt: es spühret ihre Krafft
So wol ein hoher Geist/ als ungelehrte Bauren/
Es weis sie allesamt Cupido zu belauren.
Wenn jemand gleich sein Feur im Busen hält verdeckt/
Hat es doch/ eh man meynt/ schon Flammen ausgeheckt.


Gedancken über das Küssen.
Mit den Größten ist dis eins von Jdalis Geheimnissen/
Daß sie Machtß at zu verstecken eine solche Süssigkeit/
Die
Sinn-Gedichte.
Liebe und Haß.
Catull Epigr. 83.
Jch ſpuͤhre Lieb’ und Haß/ vielleicht gelangt an mir
Warum ich ſolches thu?
Die Urſach weiß ich nicht/ nur daß ichs bey mir ſpuͤhr/
Jch quaͤhl mich noch dazu.


Als er ſie zur Straffe kuͤſſen muſte.
Florinde ſoll der Kuß mir eine Straffe ſeyn?
So werd’ ich immerfort nach ſolcher Straffe ringen/
Jch werd’ ſonſt nichtes nicht als was man ſtrafft vollbringen/
Denn dieſe Straffe geht mir allzulieblich ein.
Allein mein Mund will ſich mit einem nicht vergnuͤgen/
Jch nehm die Straffe an/ ſolt’ ich gleich tauſend kriegen.


An ſeine Reimen.
WO denckt ihr Reime hin? doch geht nur immerfort/
Und ſaget Lesbien, daß ich ihr eigen bin/
Doch mein bleibt immer hier/ ihr ſcheitert in dem Port/
Jhr ſeyd nicht hoch genug vor ihren klugen Sinn.


Niemand kan der Liebe entgehen.
Die Welt hegt nichts in ſich/ daß Amors Trieb nicht ſpuͤhret/
Der Menſch-und Geiſter/ ja die Goͤtter ſelber ruͤhret
Der Purpur iſt nicht frey von ſolcher Leydenſchafft/
Die von der Liebe kommt: es ſpuͤhret ihre Krafft
So wol ein hoher Geiſt/ als ungelehrte Bauren/
Es weis ſie alleſamt Cupido zu belauren.
Wenn jemand gleich ſein Feur im Buſen haͤlt verdeckt/
Hat es doch/ eh man meynt/ ſchon Flammen ausgeheckt.


Gedancken uͤber das Kuͤſſen.
Mit den Groͤßten iſt dis eins von Jdalis Geheimniſſen/
Daß ſie Machtß at zu verſtecken eine ſolche Suͤſſigkeit/
Die
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[354/0372] Sinn-Gedichte. Liebe und Haß. Catull Epigr. 83. Jch ſpuͤhre Lieb’ und Haß/ vielleicht gelangt an mir Warum ich ſolches thu? Die Urſach weiß ich nicht/ nur daß ichs bey mir ſpuͤhr/ Jch quaͤhl mich noch dazu. Als er ſie zur Straffe kuͤſſen muſte. Florinde ſoll der Kuß mir eine Straffe ſeyn? So werd’ ich immerfort nach ſolcher Straffe ringen/ Jch werd’ ſonſt nichtes nicht als was man ſtrafft vollbringen/ Denn dieſe Straffe geht mir allzulieblich ein. Allein mein Mund will ſich mit einem nicht vergnuͤgen/ Jch nehm die Straffe an/ ſolt’ ich gleich tauſend kriegen. An ſeine Reimen. WO denckt ihr Reime hin? doch geht nur immerfort/ Und ſaget Lesbien, daß ich ihr eigen bin/ Doch mein bleibt immer hier/ ihr ſcheitert in dem Port/ Jhr ſeyd nicht hoch genug vor ihren klugen Sinn. Niemand kan der Liebe entgehen. Die Welt hegt nichts in ſich/ daß Amors Trieb nicht ſpuͤhret/ Der Menſch-und Geiſter/ ja die Goͤtter ſelber ruͤhret Der Purpur iſt nicht frey von ſolcher Leydenſchafft/ Die von der Liebe kommt: es ſpuͤhret ihre Krafft So wol ein hoher Geiſt/ als ungelehrte Bauren/ Es weis ſie alleſamt Cupido zu belauren. Wenn jemand gleich ſein Feur im Buſen haͤlt verdeckt/ Hat es doch/ eh man meynt/ ſchon Flammen ausgeheckt. Gedancken uͤber das Kuͤſſen. Mit den Groͤßten iſt dis eins von Jdalis Geheimniſſen/ Daß ſie Machtß at zu verſtecken eine ſolche Suͤſſigkeit/ Die

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Zitationshilfe: Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716/372>, abgerufen am 24.04.2024.