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Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716.

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Sinn-Gedichte.
Die flüchtige Schönheit.
Auson. Epigr. p. 6.
Jch habe offt gesagt/ wir grauen und veralten/
Gebrauche deiner Schooß/ dieweil du brauchbahr bist/
Allein es war umsonst/ inzwischen zog in Falten
Die Zeit dein Angesicht/ die nicht zu halten ist.
Jetzund gereut es dich/ weil du nicht diesen Willen/
Noch jetzige Gestalt zu jener Zeit gehabt.
Doch hör/ umarme mich die alte Lust zu stillen/
Werd' ich gleich nicht mit dem/ was ich gewolt/ begabt.


Der eigensinnige Liebhaber.
Auson Epigr. p. 13.
Das Mädgen liebe ich/ daß mir nicht günstig ist/
Dasselbe will ich nicht/ das mich mit Willen küßt.
Die Venus will den Geist zwar in die Fesseln kriegen/
Jhn aber nicht mit Lust und Frölichkeit vergnügen.
Den angebohtnen Knß/ den schlag' ich in den Wind/
Und den verlang' ich nicht/ der mir nicht wird vergünnt.
Die Sinnen will ich nicht mit Wollust überschwemmen/
Den Unmuth aber doch in seinem Lauffe hemmen.
Die Venus lieb' ich nicht/ Dianen hasse ich/
Jen' hat zu viel der Lust/ und diese nichts in sich/
Jch will die Mittel-Bahn von diesen beyden gehen/
Und will nach einer Frau/ die etwas listig stehen/
Die die Verschlagenheit/ und lose Schlackheit liebt/
Und sich dem/ was ich will/ allzeit entgegen giebt/
Die wieder zürnt und schilt/ und gleich darzwischen schläget/
Wenn meine Hand noch nicht den Knüttel angereget.


Der zufriedene Liebhaber.
Auson. p. 23.
ES sind zwar einige den Crispa nicht gefällt;
Mir aber ist sie schön/ wie es mein Sinn vermeynet/
Denn weil die Eyversucht zur Liebe sich gesellt/
So seh' ich auch nicht gern/ daß allen schön sie scheinet.
Sein
Sinn-Gedichte.
Die fluͤchtige Schoͤnheit.
Auſon. Epigr. p. 6.
Jch habe offt geſagt/ wir grauen und veralten/
Gebrauche deiner Schooß/ dieweil du brauchbahr biſt/
Allein es war umſonſt/ inzwiſchen zog in Falten
Die Zeit dein Angeſicht/ die nicht zu halten iſt.
Jetzund gereut es dich/ weil du nicht dieſen Willen/
Noch jetzige Geſtalt zu jener Zeit gehabt.
Doch hoͤr/ umarme mich die alte Luſt zu ſtillen/
Werd’ ich gleich nicht mit dem/ was ich gewolt/ begabt.


Der eigenſinnige Liebhaber.
Auſon Epigr. p. 13.
Das Maͤdgen liebe ich/ daß mir nicht guͤnſtig iſt/
Daſſelbe will ich nicht/ das mich mit Willen kuͤßt.
Die Venus will den Geiſt zwar in die Feſſeln kriegen/
Jhn aber nicht mit Luſt und Froͤlichkeit vergnuͤgen.
Den angebohtnen Knß/ den ſchlag’ ich in den Wind/
Und den verlang’ ich nicht/ der mir nicht wird verguͤnnt.
Die Sinnen will ich nicht mit Wolluſt uͤberſchwemmen/
Den Unmuth aber doch in ſeinem Lauffe hemmen.
Die Venus lieb’ ich nicht/ Dianen haſſe ich/
Jen’ hat zu viel der Luſt/ und dieſe nichts in ſich/
Jch will die Mittel-Bahn von dieſen beyden gehen/
Und will nach einer Frau/ die etwas liſtig ſtehen/
Die die Verſchlagenheit/ und loſe Schlackheit liebt/
Und ſich dem/ was ich will/ allzeit entgegen giebt/
Die wieder zuͤrnt und ſchilt/ und gleich darzwiſchen ſchlaͤget/
Wenn meine Hand noch nicht den Knuͤttel angereget.


Der zufriedene Liebhaber.
Auſon. p. 23.
ES ſind zwar einige den Criſpa nicht gefaͤllt;
Mir aber iſt ſie ſchoͤn/ wie es mein Sinn vermeynet/
Denn weil die Eyverſucht zur Liebe ſich geſellt/
So ſeh’ ich auch nicht gern/ daß allen ſchoͤn ſie ſcheinet.
Sein
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[366/0384] Sinn-Gedichte. Die fluͤchtige Schoͤnheit. Auſon. Epigr. p. 6. Jch habe offt geſagt/ wir grauen und veralten/ Gebrauche deiner Schooß/ dieweil du brauchbahr biſt/ Allein es war umſonſt/ inzwiſchen zog in Falten Die Zeit dein Angeſicht/ die nicht zu halten iſt. Jetzund gereut es dich/ weil du nicht dieſen Willen/ Noch jetzige Geſtalt zu jener Zeit gehabt. Doch hoͤr/ umarme mich die alte Luſt zu ſtillen/ Werd’ ich gleich nicht mit dem/ was ich gewolt/ begabt. Der eigenſinnige Liebhaber. Auſon Epigr. p. 13. Das Maͤdgen liebe ich/ daß mir nicht guͤnſtig iſt/ Daſſelbe will ich nicht/ das mich mit Willen kuͤßt. Die Venus will den Geiſt zwar in die Feſſeln kriegen/ Jhn aber nicht mit Luſt und Froͤlichkeit vergnuͤgen. Den angebohtnen Knß/ den ſchlag’ ich in den Wind/ Und den verlang’ ich nicht/ der mir nicht wird verguͤnnt. Die Sinnen will ich nicht mit Wolluſt uͤberſchwemmen/ Den Unmuth aber doch in ſeinem Lauffe hemmen. Die Venus lieb’ ich nicht/ Dianen haſſe ich/ Jen’ hat zu viel der Luſt/ und dieſe nichts in ſich/ Jch will die Mittel-Bahn von dieſen beyden gehen/ Und will nach einer Frau/ die etwas liſtig ſtehen/ Die die Verſchlagenheit/ und loſe Schlackheit liebt/ Und ſich dem/ was ich will/ allzeit entgegen giebt/ Die wieder zuͤrnt und ſchilt/ und gleich darzwiſchen ſchlaͤget/ Wenn meine Hand noch nicht den Knuͤttel angereget. Der zufriedene Liebhaber. Auſon. p. 23. ES ſind zwar einige den Criſpa nicht gefaͤllt; Mir aber iſt ſie ſchoͤn/ wie es mein Sinn vermeynet/ Denn weil die Eyverſucht zur Liebe ſich geſellt/ So ſeh’ ich auch nicht gern/ daß allen ſchoͤn ſie ſcheinet. Sein

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Zitationshilfe: Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716/384>, abgerufen am 24.04.2024.