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Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716.

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Vermischte Gedichte.
Hier reichte ich das Buch ihm wieder in die Hand/
Das er denn auch sofort an seine Stelle brachte/
Und mir in einem Huy aus dem Gesicht verschwand/
Der Tempel regte sich/ die gantze Gegend krachte/
Die Venus die entzog sich ihrem Rauch-Altar/
Die Nymphen flogen weg/ und wo ich nur hin blickte
Wurd' ich von aller Pracht gar nichtes mehr gewahr.
Die Ampeln gingen aus/ ein grosser Wind verrückte
Zu letzt den gantzen Bau. Jndem erwachte ich/
Jch wust' nicht wo ich war/ noch wo ich mich befunde/
Jch sahe gar kein Licht/ und kunte keinen Stich
Vor meinen Augen sehn. Die Dunckelheit verbunde
Mit ihren schwartzen Flohr mein schläffriges Gesicht/
Die Wolcken waren gantz mit Finsterniß bezogen/
Und Phoebens blasser Schein verbarg sein silber Licht.
So hatte mich der Schlaff und Morpheus Tand betrogen.
Zuletzt besonn ich mich/ ich wuste wo ich war
Als Phoebens silber Horn den Erden-Kreyß bemahlte/
Und in Metall und Wein den Lebens-Safft gebahr/
Wie sie das Sternen-Heer mit ihrem Glantz bestrahlte.
Es war ein leerer Traum/ und eitel Phantasey
Das mir verwichne Zeit den Sinnen-Bau bethöret/
So gleich schlug auch das Uhr durch seinem Hammer zwey
Dadurch ward mir die Zeit nach Bett zu gehn gelehret.


Als sich Polidor auf einem lustigen Berge
divertiret.
Nächst/ als nach Mittags-Zeit die helle Sonne blitzte/
Da ihr beliebter Strahl erquickte jede Brust/
Und als der Ackersmann bey seinem Pfluge schwitzte/
Erkohr ihm Polidor im grünen eine Lust.
Er sahe bald den Berg/ der dem Parnassus gliche/
Die Anmuth hat sich da ins grüne Gras Postirt,
Desselben grünes Haupt bis an die Wolcken striche/
Von dem die Westen Lufft den süssen Ambra führt.
Hier streckte Polidor die müd-und matten Glieder
Jn das beblümmte Gras/ wo Flora Hoff-Statt hält.
Das
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Vermiſchte Gedichte.
Hier reichte ich das Buch ihm wieder in die Hand/
Das er denn auch ſofort an ſeine Stelle brachte/
Und mir in einem Huy aus dem Geſicht verſchwand/
Der Tempel regte ſich/ die gantze Gegend krachte/
Die Venus die entzog ſich ihrem Rauch-Altar/
Die Nymphen flogen weg/ und wo ich nur hin blickte
Wurd’ ich von aller Pracht gar nichtes mehr gewahr.
Die Ampeln gingen aus/ ein groſſer Wind verruͤckte
Zu letzt den gantzen Bau. Jndem erwachte ich/
Jch wuſt’ nicht wo ich war/ noch wo ich mich befunde/
Jch ſahe gar kein Licht/ und kunte keinen Stich
Vor meinen Augen ſehn. Die Dunckelheit verbunde
Mit ihren ſchwartzen Flohr mein ſchlaͤffriges Geſicht/
Die Wolcken waren gantz mit Finſterniß bezogen/
Und Phœbens blaſſer Schein verbarg ſein ſilber Licht.
So hatte mich der Schlaff und Morpheus Tand betrogen.
Zuletzt beſonn ich mich/ ich wuſte wo ich war
Als Phœbens ſilber Horn den Erden-Kreyß bemahlte/
Und in Metall und Wein den Lebens-Safft gebahr/
Wie ſie das Sternen-Heer mit ihrem Glantz beſtrahlte.
Es war ein leerer Traum/ und eitel Phantaſey
Das mir verwichne Zeit den Sinnen-Bau bethoͤret/
So gleich ſchlug auch das Uhr durch ſeinem Hammer zwey
Dadurch ward mir die Zeit nach Bett zu gehn gelehret.


Als ſich Polidor auf einem luſtigen Berge
divertiret.
Naͤchſt/ als nach Mittags-Zeit die helle Sonne blitzte/
Da ihr beliebter Strahl erquickte jede Bruſt/
Und als der Ackersmann bey ſeinem Pfluge ſchwitzte/
Erkohr ihm Polidor im gruͤnen eine Luſt.
Er ſahe bald den Berg/ der dem Parnaſſus gliche/
Die Anmuth hat ſich da ins gruͤne Gras Poſtirt,
Deſſelben gruͤnes Haupt bis an die Wolcken ſtriche/
Von dem die Weſten Lufft den ſuͤſſen Ambra fuͤhrt.
Hier ſtreckte Polidor die muͤd-und matten Glieder
Jn das bebluͤmmte Gras/ wo Flora Hoff-Statt haͤlt.
Das
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[389/0407] Vermiſchte Gedichte. Hier reichte ich das Buch ihm wieder in die Hand/ Das er denn auch ſofort an ſeine Stelle brachte/ Und mir in einem Huy aus dem Geſicht verſchwand/ Der Tempel regte ſich/ die gantze Gegend krachte/ Die Venus die entzog ſich ihrem Rauch-Altar/ Die Nymphen flogen weg/ und wo ich nur hin blickte Wurd’ ich von aller Pracht gar nichtes mehr gewahr. Die Ampeln gingen aus/ ein groſſer Wind verruͤckte Zu letzt den gantzen Bau. Jndem erwachte ich/ Jch wuſt’ nicht wo ich war/ noch wo ich mich befunde/ Jch ſahe gar kein Licht/ und kunte keinen Stich Vor meinen Augen ſehn. Die Dunckelheit verbunde Mit ihren ſchwartzen Flohr mein ſchlaͤffriges Geſicht/ Die Wolcken waren gantz mit Finſterniß bezogen/ Und Phœbens blaſſer Schein verbarg ſein ſilber Licht. So hatte mich der Schlaff und Morpheus Tand betrogen. Zuletzt beſonn ich mich/ ich wuſte wo ich war Als Phœbens ſilber Horn den Erden-Kreyß bemahlte/ Und in Metall und Wein den Lebens-Safft gebahr/ Wie ſie das Sternen-Heer mit ihrem Glantz beſtrahlte. Es war ein leerer Traum/ und eitel Phantaſey Das mir verwichne Zeit den Sinnen-Bau bethoͤret/ So gleich ſchlug auch das Uhr durch ſeinem Hammer zwey Dadurch ward mir die Zeit nach Bett zu gehn gelehret. Als ſich Polidor auf einem luſtigen Berge divertiret. Naͤchſt/ als nach Mittags-Zeit die helle Sonne blitzte/ Da ihr beliebter Strahl erquickte jede Bruſt/ Und als der Ackersmann bey ſeinem Pfluge ſchwitzte/ Erkohr ihm Polidor im gruͤnen eine Luſt. Er ſahe bald den Berg/ der dem Parnaſſus gliche/ Die Anmuth hat ſich da ins gruͤne Gras Poſtirt, Deſſelben gruͤnes Haupt bis an die Wolcken ſtriche/ Von dem die Weſten Lufft den ſuͤſſen Ambra fuͤhrt. Hier ſtreckte Polidor die muͤd-und matten Glieder Jn das bebluͤmmte Gras/ wo Flora Hoff-Statt haͤlt. Das B b 3

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Zitationshilfe: Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716, S. 389. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716/407>, abgerufen am 25.04.2024.