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Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716.

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Poetische Grab-Schrifften.
Eines unglücklichen Verliebten.
Mein Leser stelle doch das Gehen etwas ein/
Mir raubte/ da ich war/ ein steinern Hertz die Ruh/
Und jetzo giebt der Tod mir einen Stein dazu/
So muß ich/ weil ich war/ und todt bey Steinen seyn.


Einer Courtisanin.
Die Augen waren Gluth/ die blosse Brust ein Feur/
Nun aber bin ich recht ein feurig Ungeheur/
Und weil ich meine Lust in geiler Brunst gefunden/
So bin ich nun im Feur auf ewig angebunden.


Eines im Bette erstickten Hündgens.
Mir hat die Eyfersucht den Lebens-Drat zerschnitten/
Ein Bette muß mein Tod/ und ich ersticket seyn/
Denn als ein altes Weib sah/ daß ich mehr gelitten
Als sie war/ so must ich ins schwartze Grab hinein.


Eines Flohes.
Nachdem ich lange Zeit die weisse Brust bewacht/
So kahm ich an den Ort/ woselbst die Anmuth lacht/
Allein den Vorwitz must ich mit dem Leben büssen
Denn allda wil man nichts als grosse Stachel wissen.


Der Jungferschafft.
Jch starb/ eh ich einmahl das Leben recht erkannte/
Ein angenehmer Stich gab mir den letzten Stoß/
Nicht wie Lucretien, ich ward zwar Athem-loß/
Doch stund ich wieder auf/ als man mich Fraue nannte.


Eines Affen.
Jch war ein dummer Aff/ drum weicht ihr klugen Affen
Von dieser schwartzen Grufft/ sonst sage ich zu euch/
Jhr zeiget sämmtlich an durch eur neugierigs Gaffen
Daß wir einander fast in allen Dingen gleich.

ENDE des gantzens Wercks.



Poëtiſche Grab-Schrifften.
Eines ungluͤcklichen Verliebten.
Mein Leſer ſtelle doch das Gehen etwas ein/
Mir raubte/ da ich war/ ein ſteinern Hertz die Ruh/
Und jetzo giebt der Tod mir einen Stein dazu/
So muß ich/ weil ich war/ und todt bey Steinen ſeyn.


Einer Courtiſanin.
Die Augen waren Gluth/ die bloſſe Bruſt ein Feur/
Nun aber bin ich recht ein feurig Ungeheur/
Und weil ich meine Luſt in geiler Brunſt gefunden/
So bin ich nun im Feur auf ewig angebunden.


Eines im Bette erſtickten Huͤndgens.
Mir hat die Eyferſucht den Lebens-Drat zerſchnitten/
Ein Bette muß mein Tod/ und ich erſticket ſeyn/
Denn als ein altes Weib ſah/ daß ich mehr gelitten
Als ſie war/ ſo muſt ich ins ſchwartze Grab hinein.


Eines Flohes.
Nachdem ich lange Zeit die weiſſe Bruſt bewacht/
So kahm ich an den Ort/ woſelbſt die Anmuth lacht/
Allein den Vorwitz muſt ich mit dem Leben buͤſſen
Denn allda wil man nichts als groſſe Stachel wiſſen.


Der Jungferſchafft.
Jch ſtarb/ eh ich einmahl das Leben recht erkannte/
Ein angenehmer Stich gab mir den letzten Stoß/
Nicht wie Lucretien, ich ward zwar Athem-loß/
Doch ſtund ich wieder auf/ als man mich Fraue nannte.


Eines Affen.
Jch war ein dummer Aff/ drum weicht ihr klugen Affen
Von dieſer ſchwartzen Grufft/ ſonſt ſage ich zu euch/
Jhr zeiget ſaͤmmtlich an durch eur neugierigs Gaffen
Daß wir einander faſt in allen Dingen gleich.

ENDE des gantzens Wercks.



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[472/0490] Poëtiſche Grab-Schrifften. Eines ungluͤcklichen Verliebten. Mein Leſer ſtelle doch das Gehen etwas ein/ Mir raubte/ da ich war/ ein ſteinern Hertz die Ruh/ Und jetzo giebt der Tod mir einen Stein dazu/ So muß ich/ weil ich war/ und todt bey Steinen ſeyn. Einer Courtiſanin. Die Augen waren Gluth/ die bloſſe Bruſt ein Feur/ Nun aber bin ich recht ein feurig Ungeheur/ Und weil ich meine Luſt in geiler Brunſt gefunden/ So bin ich nun im Feur auf ewig angebunden. Eines im Bette erſtickten Huͤndgens. Mir hat die Eyferſucht den Lebens-Drat zerſchnitten/ Ein Bette muß mein Tod/ und ich erſticket ſeyn/ Denn als ein altes Weib ſah/ daß ich mehr gelitten Als ſie war/ ſo muſt ich ins ſchwartze Grab hinein. Eines Flohes. Nachdem ich lange Zeit die weiſſe Bruſt bewacht/ So kahm ich an den Ort/ woſelbſt die Anmuth lacht/ Allein den Vorwitz muſt ich mit dem Leben buͤſſen Denn allda wil man nichts als groſſe Stachel wiſſen. Der Jungferſchafft. Jch ſtarb/ eh ich einmahl das Leben recht erkannte/ Ein angenehmer Stich gab mir den letzten Stoß/ Nicht wie Lucretien, ich ward zwar Athem-loß/ Doch ſtund ich wieder auf/ als man mich Fraue nannte. Eines Affen. Jch war ein dummer Aff/ drum weicht ihr klugen Affen Von dieſer ſchwartzen Grufft/ ſonſt ſage ich zu euch/ Jhr zeiget ſaͤmmtlich an durch eur neugierigs Gaffen Daß wir einander faſt in allen Dingen gleich. ENDE des gantzens Wercks.

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Zitationshilfe: Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716, S. 472. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716/490>, abgerufen am 25.04.2024.