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Grillparzer, Franz: Sappho. Trauerspiel in fünf Aufzügen. Wien, 1819.

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Rhamnes
(der sich auf die entgegengesetzte Seite zurückgezogen hat.)
O wehe, weh dem Alter,
Daß nicht mehr eins der Wille und die Kraft!
Phaon.
Jetzt, Mädchen, komm!
Melitta.
Wohin?
Phaon.
Zu Schiffe, fort!
Melitta
(von ihm weg in den Vordergrund eilend.)
Ihr Götter! Soll ich?
Phaon.
Fort! Es streckt die Ferne
Uns schutzverheißend ihren Arm entgegen.
Dort drüben über'm alten, grauen Meer
Wohnt Sicherheit und Ruh' und Liebe!
O folge! Unterm breiten Lindendach,
Das still der Aeltern stilles Haus beschattet,
Wölbt, Theure, sich der Tempel unsers Glücks.

(sie ergreifend.)
Erzitterst du? Erzitt're, holde Braut,
Die Hand des Bräutigams hält dich umschlungen!
Komm mit! Und folgst du nicht, bey allen Göt-
tern!
Auf diesen Händen trag' ich dich von hinnen
Und fort und fort bis an das End' der Welt!

Rhamnes
(der ſich auf die entgegengeſetzte Seite zurückgezogen hat.)
O wehe, weh dem Alter,
Daß nicht mehr eins der Wille und die Kraft!
Phaon.
Jetzt, Mädchen, komm!
Melitta.
Wohin?
Phaon.
Zu Schiffe, fort!
Melitta
(von ihm weg in den Vordergrund eilend.)
Ihr Götter! Soll ich?
Phaon.
Fort! Es ſtreckt die Ferne
Uns ſchutzverheißend ihren Arm entgegen.
Dort drüben über'm alten, grauen Meer
Wohnt Sicherheit und Ruh' und Liebe!
O folge! Unterm breiten Lindendach,
Das ſtill der Aeltern ſtilles Haus beſchattet,
Wölbt, Theure, ſich der Tempel unſers Glücks.

(ſie ergreifend.)
Erzitterſt du? Erzitt're, holde Braut,
Die Hand des Bräutigams hält dich umſchlungen!
Komm mit! Und folgſt du nicht, bey allen Göt-
tern!
Auf dieſen Händen trag' ich dich von hinnen
Und fort und fort bis an das End' der Welt!

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[90/0100] Rhamnes (der ſich auf die entgegengeſetzte Seite zurückgezogen hat.) O wehe, weh dem Alter, Daß nicht mehr eins der Wille und die Kraft! Phaon. Jetzt, Mädchen, komm! Melitta. Wohin? Phaon. Zu Schiffe, fort! Melitta (von ihm weg in den Vordergrund eilend.) Ihr Götter! Soll ich? Phaon. Fort! Es ſtreckt die Ferne Uns ſchutzverheißend ihren Arm entgegen. Dort drüben über'm alten, grauen Meer Wohnt Sicherheit und Ruh' und Liebe! O folge! Unterm breiten Lindendach, Das ſtill der Aeltern ſtilles Haus beſchattet, Wölbt, Theure, ſich der Tempel unſers Glücks. (ſie ergreifend.) Erzitterſt du? Erzitt're, holde Braut, Die Hand des Bräutigams hält dich umſchlungen! Komm mit! Und folgſt du nicht, bey allen Göt- tern! Auf dieſen Händen trag' ich dich von hinnen Und fort und fort bis an das End' der Welt!

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Zitationshilfe: Grillparzer, Franz: Sappho. Trauerspiel in fünf Aufzügen. Wien, 1819, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grillparzer_sappho_1819/100>, abgerufen am 19.04.2024.