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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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II. mittelniederl. schwache conjugation.
ebenso kiesen, vriesen; wesen, was, waren. -- z) das
inlautende h mangelt in slaen, dwaen, sien, vlien,
aber die praet. sloech, dwoech, sach pl. sloeghen,
dwoeghen, saghen entwickeln den kehllaut, nicht vlo,
vloen. -- e) elision des n in stoet neben stont, pl.
nur stonden, nicht stoeden.
3) schwache praesentia haben: sweren, heffen, beseffen,
bidden, sitten.
4) gaen und staen besitzen auch hier doppelte form.
a) gewöhnlich lautet der inf. gaen, staen (:saen, slaen
Maerl. 3, 171.); III. praes. gaet, staet (:daet, raet 3,
171. 182. Rein. 280. 353.); part. begaen (3, 172.) ghe-
staen (Rein. 296.); imp. ganc (2, 140. 157.) slant. --
b) seltner III. praes. stet (: wet, het, swet 1, 126. 2,
241. Rein. 352.) ghet (: het Stoke 1, 48.); doch den
inf. ghen, sten finde ich nicht. Im reim aufeinan-
der steht immer die ae-form. Die I. praes. lautet
gae, stae (Rein. 316. 351.) die praet. ghinc, stont,
stoet sind vorhin angegeben [bisweilen auch slet, dwet
f. slaet, dwaet; Huyd. op St. 3, 178. 179.].
Mittelniederländische schwache conjugation.

praesensflexionen, wie die starken, außer daß sg. imp.
nicht auf die bloße wurzel ausgeht, sondern -e be-
kommt; die flexionen des praet. ind. und conj. sind:
-ede, -edes, -ede; pl. -eden, -edet, -eden. Da aber
das ableitungs-e vor dem d in der ersten conj. immer,
in der zweiten gewöhnlich wegfällt, so entspringen dar-
aus theils für den wurzelvocal, theils für die wurzelcon-
sonanz, theils für das d der flexion folgende verände-
rungen: 1) von einf. cons. der wurzel gefolgt wird a
zu langem ae, vgl. wanen, waende; maken, maecte;
saden, saedde, vermuthlich auch e zu e: deren, derde.
2) v und gh der wurzel werden zu f und ch, gleich als
lauteten sie aus: scraven, scraefde; vraghen, vraechde;
auch lgh, rgh zu lch, rch, doch ngh zu nc: volghen,
volchde; sorghen, sorchde; minghen, mincte. 3) das
flexivische d wird nach wurzelhafter ten. p. t. c. jedes-
mahl zu t, desgl. sobald sich ngh zu nc gewandelt hatte:
dropen, dropte; haten, haette; vaken, vaecte; linghen,
lincte; ebenso nach vereinfachtem ss: cussen, custe.
4) nach I. m. n. r und vereinfachtem nn bleibt d un-
gestört; voelen, voelde; noemen, noemde; soenen,
soende; voeren, voerde; kennen, kende; ebenso nach

II. mittelniederl. ſchwache conjugation.
ebenſo kieſen, vrieſen; wëſen, was, waren. — ζ) das
inlautende h mangelt in ſlaen, dwaen, ſien, vlien,
aber die praet. ſloech, dwoech, ſach pl. ſloeghen,
dwoeghen, ſaghen entwickeln den kehllaut, nicht vlô,
vloen. — η) eliſion des n in ſtoet neben ſtont, pl.
nur ſtonden, nicht ſtoeden.
3) ſchwache praeſentia haben: ſwëren, hëffen, beſëffen,
bidden, ſitten.
4) gaen und ſtaen beſitzen auch hier doppelte form.
α) gewöhnlich lautet der inf. gaen, ſtaen (:ſaen, ſlaen
Maerl. 3, 171.); III. praeſ. gaet, ſtaet (:daet, raet 3,
171. 182. Rein. 280. 353.); part. begaen (3, 172.) ghe-
ſtaen (Rein. 296.); imp. ganc (2, 140. 157.) ſlant. —
β) ſeltner III. praeſ. ſtêt (: wêt, hêt, ſwêt 1, 126. 2,
241. Rein. 352.) ghêt (: hêt Stoke 1, 48.); doch den
inf. ghên, ſtên finde ich nicht. Im reim aufeinan-
der ſteht immer die ae-form. Die I. praeſ. lautet
gae, ſtae (Rein. 316. 351.) die praet. ghinc, ſtont,
ſtoet ſind vorhin angegeben [bisweilen auch ſlêt, dwêt
f. ſlaet, dwaet; Huyd. op St. 3, 178. 179.].
Mittelniederländiſche ſchwache conjugation.

praeſensflexionen, wie die ſtarken, außer daß ſg. imp.
nicht auf die bloße wurzel ausgeht, ſondern -e be-
kommt; die flexionen des praet. ind. und conj. ſind:
-ede, -edes, -ede; pl. -eden, -edet, -eden. Da aber
das ableitungs-e vor dem d in der erſten conj. immer,
in der zweiten gewöhnlich wegfällt, ſo entſpringen dar-
aus theils für den wurzelvocal, theils für die wurzelcon-
ſonanz, theils für das d der flexion folgende verände-
rungen: 1) von einf. conſ. der wurzel gefolgt wird a
zu langem ae, vgl. wanen, waende; maken, maecte;
ſaden, ſaedde, vermuthlich auch ë zu ê: deren, dêrde.
2) v und gh der wurzel werden zu f und ch, gleich als
lauteten ſie aus: ſcraven, ſcraefde; vraghen, vraechde;
auch lgh, rgh zu lch, rch, doch ngh zu nc: volghen,
volchde; ſorghen, ſorchde; minghen, mincte. 3) das
flexiviſche d wird nach wurzelhafter ten. p. t. c. jedes-
mahl zu t, desgl. ſobald ſich ngh zu nc gewandelt hatte:
drôpen, drôpte; haten, haette; vaken, vaecte; linghen,
lincte; ebenſo nach vereinfachtem ſſ: cuſſen, cuſte.
4) nach I. m. n. r und vereinfachtem nn bleibt d un-
geſtört; voelen, voelde; noemen, noemde; ſoenen,
ſoende; voeren, voerde; kennen, kende; ebenſo nach

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[976/1002] II. mittelniederl. ſchwache conjugation. ebenſo kieſen, vrieſen; wëſen, was, waren. — ζ) das inlautende h mangelt in ſlaen, dwaen, ſien, vlien, aber die praet. ſloech, dwoech, ſach pl. ſloeghen, dwoeghen, ſaghen entwickeln den kehllaut, nicht vlô, vloen. — η) eliſion des n in ſtoet neben ſtont, pl. nur ſtonden, nicht ſtoeden. 3) ſchwache praeſentia haben: ſwëren, hëffen, beſëffen, bidden, ſitten. 4) gaen und ſtaen beſitzen auch hier doppelte form. α) gewöhnlich lautet der inf. gaen, ſtaen (:ſaen, ſlaen Maerl. 3, 171.); III. praeſ. gaet, ſtaet (:daet, raet 3, 171. 182. Rein. 280. 353.); part. begaen (3, 172.) ghe- ſtaen (Rein. 296.); imp. ganc (2, 140. 157.) ſlant. — β) ſeltner III. praeſ. ſtêt (: wêt, hêt, ſwêt 1, 126. 2, 241. Rein. 352.) ghêt (: hêt Stoke 1, 48.); doch den inf. ghên, ſtên finde ich nicht. Im reim aufeinan- der ſteht immer die ae-form. Die I. praeſ. lautet gae, ſtae (Rein. 316. 351.) die praet. ghinc, ſtont, ſtoet ſind vorhin angegeben [bisweilen auch ſlêt, dwêt f. ſlaet, dwaet; Huyd. op St. 3, 178. 179.]. Mittelniederländiſche ſchwache conjugation. praeſensflexionen, wie die ſtarken, außer daß ſg. imp. nicht auf die bloße wurzel ausgeht, ſondern -e be- kommt; die flexionen des praet. ind. und conj. ſind: -ede, -edes, -ede; pl. -eden, -edet, -eden. Da aber das ableitungs-e vor dem d in der erſten conj. immer, in der zweiten gewöhnlich wegfällt, ſo entſpringen dar- aus theils für den wurzelvocal, theils für die wurzelcon- ſonanz, theils für das d der flexion folgende verände- rungen: 1) von einf. conſ. der wurzel gefolgt wird a zu langem ae, vgl. wanen, waende; maken, maecte; ſaden, ſaedde, vermuthlich auch ë zu ê: deren, dêrde. 2) v und gh der wurzel werden zu f und ch, gleich als lauteten ſie aus: ſcraven, ſcraefde; vraghen, vraechde; auch lgh, rgh zu lch, rch, doch ngh zu nc: volghen, volchde; ſorghen, ſorchde; minghen, mincte. 3) das flexiviſche d wird nach wurzelhafter ten. p. t. c. jedes- mahl zu t, desgl. ſobald ſich ngh zu nc gewandelt hatte: drôpen, drôpte; haten, haette; vaken, vaecte; linghen, lincte; ebenſo nach vereinfachtem ſſ: cuſſen, cuſte. 4) nach I. m. n. r und vereinfachtem nn bleibt d un- geſtört; voelen, voelde; noemen, noemde; ſoenen, ſoende; voeren, voerde; kennen, kende; ebenſo nach

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 976. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/1002>, abgerufen am 26.04.2024.