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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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I. althochdeutsche consonanten. linguales.
und darum darf nicht vermuthet werden, unser skr
gründe sich auch auf ein älteres sr, vielmehr scheint
unsere sprache den slav. formen sr einen vocal zwi-
schenzuschieben *). Ein skl. skp. skt etc. liegt gleich-
falls außer der deutschen lautbegrenzung und die späte-
ren schl. etc. stehen dem aus skr. entsprungenen schr.
durchaus nicht parallel; ein für die etymologie nicht
zu übersehender satz. Als seltne, aber frühe spuren
eines scl statt sl darf ich jedoch nicht verschweigen:
sclahan hymn. noct. 4. sclaht (occisio) gl. hrab. 971a
sclewetun (extabuerunt) gl. mons. 338. (vgl. siewen, ta-
bescere N. 106, 26. slewa, hebetes, gl. aug. 123a) sclei-
ßan (vellicare) gl. mons. 333, wofür 344. 407. sleißan;
sclav (servus) T. 131. 146. und irgendwo erinnere ich
mich sclito (traha), scleht, gelesen zu haben. -- Zeugniß
für die scharfe aussprache des s in diesen anlautenden
verbindungen scheint mir endlich das zuweilen eintre-
tende ausstoßen des k und w aus sk, sw, vgl. sarf f.
scarf; sol f. scal; so, goth. sve (hänsigere beispiele im
nord.) -- sc für ch oder k merkwürdig bei K. 51b scurcju
(curta) f. churzju; s. unten beim angels. sc. -- Übergang
des su in sl nur in sniumo (repente) K. M. sliumo O. T.
sliemo N. -- von dem des zu in qu unten beim qu. --

in- und auslautende labialverbindungen.

Es ist hier bloß der formen SK. SP. ST. zu erwäh-
nen; das seltne sp wurde schon s. 129. besprochen, un-
gleich häufiger erscheinen sk (über dessen aussprache vor-
hin bei dem anlaut sk) und zumahl st. Beispiele von sc
(außer endungen auf isc, isca) asca (cinis) asco (thy-
mallus) asc (fraxinus) masca (macula) hnasc (mollis)
flasca (ascopa) fasca (fomentum) rasc (vivax) zaskon (ra-
pere) waskan (lavare) irleskan (extingui) dreskan (tritu-
rare) sisc (piscis) tisc (mensa) tisco (alumnus) friscing
(victima) miskelon (miscere) frosc (rana) wunsc (deside-
rium) fleisc (caro) eiskon. Einige pflegen im inlaut die
ten. c in die med. g umzulauten: wasgan, lesgan,
asga, wunsgan, zuisgun etc. Beispiele von st (außer
den endungen -st) ast, gast, lastar, rasta, fasto (firmiter)
mast (malus) past (cortex) maston (pinguefacere) pasto
(altile) nest (nidus) nestila (fascia) suestar, gestar, geist,
meista, folleist, gneisto (scintilla) mist, list, bist, ist,
kost, frost (gelu) rost (aerugo) lust, brust, achust, gi-

*) Srdce (herza) srebro (silubar) srb (serbe) etc.

I. althochdeutſche conſonanten. linguales.
und darum darf nicht vermuthet werden, unſer ſkr
gründe ſich auch auf ein älteres ſr, vielmehr ſcheint
unſere ſprache den ſlav. formen ſr einen vocal zwi-
ſchenzuſchieben *). Ein ſkl. ſkp. ſkt etc. liegt gleich-
falls außer der deutſchen lautbegrenzung und die ſpäte-
ren ſchl. etc. ſtehen dem aus ſkr. entſprungenen ſchr.
durchaus nicht parallel; ein für die etymologie nicht
zu überſehender ſatz. Als ſeltne, aber frühe ſpuren
eines ſcl ſtatt ſl darf ich jedoch nicht verſchweigen:
ſclahan hymn. noct. 4. ſclaht (occiſio) gl. hrab. 971a
ſclèwêtun (extabuerunt) gl. monſ. 338. (vgl. ſiêwèn, ta-
beſcere N. 106, 26. ſlèwa, hebetes, gl. aug. 123a) ſclei-
Ʒan (vellicare) gl. monſ. 333, wofür 344. 407. ſleiƷan;
ſclav (ſervus) T. 131. 146. und irgendwo erinnere ich
mich ſclito (traha), ſclëht, geleſen zu haben. — Zeugniß
für die ſcharfe ausſprache des ſ in dieſen anlautenden
verbindungen ſcheint mir endlich das zuweilen eintre-
tende ausſtoßen des k und w aus ſk, ſw, vgl. ſarf f.
ſcarf; ſol f. ſcal; ſô, goth. ſvê (hänſigere beiſpiele im
nord.) — ſc für ch oder k merkwürdig bei K. 51b ſcurcju
(curta) f. churzju; ſ. unten beim angelſ. ſc. — Übergang
des ſu in ſl nur in ſniumo (repente) K. M. ſliumo O. T.
ſliemo N. — von dem des zu in qu unten beim qu. —

in- und auslautende labialverbindungen.

Es iſt hier bloß der formen SK. SP. ST. zu erwäh-
nen; das ſeltne ſp wurde ſchon ſ. 129. beſprochen, un-
gleich häufiger erſcheinen ſk (über deſſen ausſprache vor-
hin bei dem anlaut ſk) und zumahl ſt. Beiſpiele von ſc
(außer endungen auf iſc, iſca) aſca (cinis) aſco (thy-
mallus) aſc (fraxinus) maſca (macula) hnaſc (mollis)
flaſca (aſcopa) faſca (fomentum) raſc (vivax) zaſkôn (ra-
pere) waſkan (lavare) irlëſkan (extingui) drëſkan (tritu-
rare) ſiſc (piſcis) tiſc (menſa) tiſco (alumnus) friſcing
(victima) miſkelôn (miſcere) froſc (rana) wunſc (deſide-
rium) fleiſc (caro) eiſkôn. Einige pflegen im inlaut die
ten. c in die med. g umzulauten: waſgan, lëſgan,
aſga, wunſgan, zuiſgun etc. Beiſpiele von ſt (außer
den endungen -ſt) aſt, gaſt, laſtar, raſta, faſto (firmiter)
maſt (malus) paſt (cortex) maſtôn (pinguefacere) paſto
(altile) nëſt (nidus) nëſtila (faſcia) ſuëſtar, gëſtar, geiſt,
meiſta, folleiſt, gneiſto (ſcintilla) miſt, liſt, biſt, iſt,
koſt, froſt (gelu) roſt (aerugo) luſt, bruſt, achuſt, gi-

*) Srdce (hërza) ſrebro (ſilubar) ſrb (ſërbe) etc.
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[175/0201] I. althochdeutſche conſonanten. linguales. und darum darf nicht vermuthet werden, unſer ſkr gründe ſich auch auf ein älteres ſr, vielmehr ſcheint unſere ſprache den ſlav. formen ſr einen vocal zwi- ſchenzuſchieben *). Ein ſkl. ſkp. ſkt etc. liegt gleich- falls außer der deutſchen lautbegrenzung und die ſpäte- ren ſchl. etc. ſtehen dem aus ſkr. entſprungenen ſchr. durchaus nicht parallel; ein für die etymologie nicht zu überſehender ſatz. Als ſeltne, aber frühe ſpuren eines ſcl ſtatt ſl darf ich jedoch nicht verſchweigen: ſclahan hymn. noct. 4. ſclaht (occiſio) gl. hrab. 971a ſclèwêtun (extabuerunt) gl. monſ. 338. (vgl. ſiêwèn, ta- beſcere N. 106, 26. ſlèwa, hebetes, gl. aug. 123a) ſclei- Ʒan (vellicare) gl. monſ. 333, wofür 344. 407. ſleiƷan; ſclav (ſervus) T. 131. 146. und irgendwo erinnere ich mich ſclito (traha), ſclëht, geleſen zu haben. — Zeugniß für die ſcharfe ausſprache des ſ in dieſen anlautenden verbindungen ſcheint mir endlich das zuweilen eintre- tende ausſtoßen des k und w aus ſk, ſw, vgl. ſarf f. ſcarf; ſol f. ſcal; ſô, goth. ſvê (hänſigere beiſpiele im nord.) — ſc für ch oder k merkwürdig bei K. 51b ſcurcju (curta) f. churzju; ſ. unten beim angelſ. ſc. — Übergang des ſu in ſl nur in ſniumo (repente) K. M. ſliumo O. T. ſliemo N. — von dem des zu in qu unten beim qu. — in- und auslautende labialverbindungen. Es iſt hier bloß der formen SK. SP. ST. zu erwäh- nen; das ſeltne ſp wurde ſchon ſ. 129. beſprochen, un- gleich häufiger erſcheinen ſk (über deſſen ausſprache vor- hin bei dem anlaut ſk) und zumahl ſt. Beiſpiele von ſc (außer endungen auf iſc, iſca) aſca (cinis) aſco (thy- mallus) aſc (fraxinus) maſca (macula) hnaſc (mollis) flaſca (aſcopa) faſca (fomentum) raſc (vivax) zaſkôn (ra- pere) waſkan (lavare) irlëſkan (extingui) drëſkan (tritu- rare) ſiſc (piſcis) tiſc (menſa) tiſco (alumnus) friſcing (victima) miſkelôn (miſcere) froſc (rana) wunſc (deſide- rium) fleiſc (caro) eiſkôn. Einige pflegen im inlaut die ten. c in die med. g umzulauten: waſgan, lëſgan, aſga, wunſgan, zuiſgun etc. Beiſpiele von ſt (außer den endungen -ſt) aſt, gaſt, laſtar, raſta, faſto (firmiter) maſt (malus) paſt (cortex) maſtôn (pinguefacere) paſto (altile) nëſt (nidus) nëſtila (faſcia) ſuëſtar, gëſtar, geiſt, meiſta, folleiſt, gneiſto (ſcintilla) miſt, liſt, biſt, iſt, koſt, froſt (gelu) roſt (aerugo) luſt, bruſt, achuſt, gi- *) Srdce (hërza) ſrebro (ſilubar) ſrb (ſërbe) etc.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/201>, abgerufen am 19.04.2024.