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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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I. mittelhochdeutsche consonanten. liquidae.
zinzel (M. S. 2, 80a) münze (moneta) unz (usque) lunze
(leaena) trunzaun (frustum). RZ. swarz (niger) harz (resina)
snarz (emunctorium, meisterg. 2a) merze (martius) kerze
(candela) herze (cor) smerze (dolor) erz (aes) lerze (sinistra)
sterzen (fallere) hirz (eervus) wirz (aroma) kurz (brevis)
wurz (herba) stürzen (praecipitari) schürzen (accingere)
lürzen (adulari). LCH. RCH. (kein nch) der ausl. des
vorhinangeführten inl. lh. rh, also walch (italus) elch,
schelch (Nib. 3762.) befilch (commenda) march (equus)
storch (ciconia) verch, furch, durch (praep.) etc. Die
wahre asp. steht nicht hinter l und r, ausnahmsweise
aber statt der ten. z. b. schalch, starch f. schalc, starc
selbst in reimen (s. unten gutt.) -- d) verbindungen
dreier consonanzen. NFT. st. des älteren mft: sanfte
(suaviter) ranft (labrum) zunft (congregatio) kunst (ad-
ventus) sigenunft (victoria) vünfte (quintus). LST. gel-
ster (veneficium) agelster (pica). NST. gaensterlein (scintilla)
vinster. gelinster (Lohengr. 55.) kunst. brunst. runst. ver-
nunst. gespunst. verbunst. RST. erst, herst st. erest, herest.
virst (culmen) vorst (silva) borst (seta) worst (tricae. troj. 2a)
getorste (audebat) durst (sitis) hurst (nemus) fürste (prin-
ceps) wurst (farcimen) bürste (pecten setaceus).



(P. B. F. V. W.) labiales.

Für ten. und med. reichen die allgemeinen regeln
aus (über auswerfung des b unten in der schlußbem.);
bei darstellung der asp. zeigen sich dieselben schwierig-
keiten, wie im alth., die ganze lautreihe ist verschoben.
Nämlich unerachtet das goth. oder sächs. p consequent
in die asp. übertritt (wie t in z) so wird das org. b
nicht überall zu p (wie doch d zu t), sondern p hat
fast nur im auslaut statt und b bleibt an- und inlautend.
Folglich kann nun b nicht, wie es sollte (und wie d das
goth. th vertritt) die goth. asp. vertreten und hier bleibt
wieder die asp. stehen. Es muß daher zweierlei asp.
geben.

1) die erste, der goth. ten. begegnende asp. ist bald ph
bald f und ph scheint gänzlich in das triphthongische
pf (pph) übergegangen. Zwar schreiben alte hss. wie
der s. galler Parc. ph vermischt mit pf, ohne zweifel
aber gebührt auch jenem die aussprache dieses, da
kein f für ph mehr geschrieben wird. Man merke
nun a) anlautend steht immer pf, also (nach s. 55. 212.

I. mittelhochdeutſche conſonanten. liquidae.
zinzel (M. S. 2, 80a) münze (moneta) unz (usque) lunze
(leaena) trunzûn (fruſtum). RZ. ſwarz (niger) harz (reſina)
ſnarz (emunctorium, meiſterg. 2a) mërze (martius) kërze
(candela) hërze (cor) ſmërze (dolor) ërz (aes) lërze (ſiniſtra)
ſtërzen (fallere) hirz (eervus) wirz (aroma) kurz (brevis)
wurz (herba) ſtürzen (praecipitari) ſchürzen (accingere)
lürzen (adulari). LCH. RCH. (kein nch) der ausl. des
vorhinangeführten inl. lh. rh, alſo walch (italus) ëlch,
ſchëlch (Nib. 3762.) befilch (commenda) march (equus)
ſtorch (ciconia) vërch, furch, durch (praep.) etc. Die
wahre aſp. ſteht nicht hinter l und r, ausnahmsweiſe
aber ſtatt der ten. z. b. ſchalch, ſtarch f. ſchalc, ſtarc
ſelbſt in reimen (ſ. unten gutt.) — d) verbindungen
dreier conſonanzen. NFT. ſt. des älteren mft: ſanfte
(ſuaviter) ranft (labrum) zunft (congregatio) kunſt (ad-
ventus) ſigenunft (victoria) vünfte (quintus). LST. gël-
ſter (veneficium) âgelſter (pica). NST. gænſterlîn (ſcintilla)
vinſter. gelinſter (Lohengr. 55.) kunſt. brunſt. runſt. ver-
nunſt. geſpunſt. verbunſt. RST. ërſt, hërſt ſt. êreſt, hêreſt.
virſt (culmen) vorſt (ſilva) borſt (ſeta) worſt (tricae. troj. 2a)
getorſte (audebat) durſt (ſitis) hurſt (nemus) fürſte (prin-
ceps) wurſt (farcimen) bürſte (pecten ſetaceus).



(P. B. F. V. W.) labiales.

Für ten. und med. reichen die allgemeinen regeln
aus (über auswerfung des b unten in der ſchlußbem.);
bei darſtellung der aſp. zeigen ſich dieſelben ſchwierig-
keiten, wie im alth., die ganze lautreihe iſt verſchoben.
Nämlich unerachtet das goth. oder ſächſ. p conſequent
in die aſp. übertritt (wie t in z) ſo wird das org. b
nicht überall zu p (wie doch d zu t), ſondern p hat
faſt nur im auslaut ſtatt und b bleibt an- und inlautend.
Folglich kann nun b nicht, wie es ſollte (und wie d das
goth. þ vertritt) die goth. aſp. vertreten und hier bleibt
wieder die aſp. ſtehen. Es muß daher zweierlei aſp.
geben.

1) die erſte, der goth. ten. begegnende aſp. iſt bald ph
bald f und ph ſcheint gänzlich in das triphthongiſche
pf (pph) übergegangen. Zwar ſchreiben alte hſſ. wie
der ſ. galler Parc. ph vermiſcht mit pf, ohne zweifel
aber gebührt auch jenem die ausſprache dieſes, da
kein f für ph mehr geſchrieben wird. Man merke
nun a) anlautend ſteht immer pf, alſo (nach ſ. 55. 212.
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[396/0422] I. mittelhochdeutſche conſonanten. liquidae. zinzel (M. S. 2, 80a) münze (moneta) unz (usque) lunze (leaena) trunzûn (fruſtum). RZ. ſwarz (niger) harz (reſina) ſnarz (emunctorium, meiſterg. 2a) mërze (martius) kërze (candela) hërze (cor) ſmërze (dolor) ërz (aes) lërze (ſiniſtra) ſtërzen (fallere) hirz (eervus) wirz (aroma) kurz (brevis) wurz (herba) ſtürzen (praecipitari) ſchürzen (accingere) lürzen (adulari). LCH. RCH. (kein nch) der ausl. des vorhinangeführten inl. lh. rh, alſo walch (italus) ëlch, ſchëlch (Nib. 3762.) befilch (commenda) march (equus) ſtorch (ciconia) vërch, furch, durch (praep.) etc. Die wahre aſp. ſteht nicht hinter l und r, ausnahmsweiſe aber ſtatt der ten. z. b. ſchalch, ſtarch f. ſchalc, ſtarc ſelbſt in reimen (ſ. unten gutt.) — d) verbindungen dreier conſonanzen. NFT. ſt. des älteren mft: ſanfte (ſuaviter) ranft (labrum) zunft (congregatio) kunſt (ad- ventus) ſigenunft (victoria) vünfte (quintus). LST. gël- ſter (veneficium) âgelſter (pica). NST. gænſterlîn (ſcintilla) vinſter. gelinſter (Lohengr. 55.) kunſt. brunſt. runſt. ver- nunſt. geſpunſt. verbunſt. RST. ërſt, hërſt ſt. êreſt, hêreſt. virſt (culmen) vorſt (ſilva) borſt (ſeta) worſt (tricae. troj. 2a) getorſte (audebat) durſt (ſitis) hurſt (nemus) fürſte (prin- ceps) wurſt (farcimen) bürſte (pecten ſetaceus). (P. B. F. V. W.) labiales. Für ten. und med. reichen die allgemeinen regeln aus (über auswerfung des b unten in der ſchlußbem.); bei darſtellung der aſp. zeigen ſich dieſelben ſchwierig- keiten, wie im alth., die ganze lautreihe iſt verſchoben. Nämlich unerachtet das goth. oder ſächſ. p conſequent in die aſp. übertritt (wie t in z) ſo wird das org. b nicht überall zu p (wie doch d zu t), ſondern p hat faſt nur im auslaut ſtatt und b bleibt an- und inlautend. Folglich kann nun b nicht, wie es ſollte (und wie d das goth. þ vertritt) die goth. aſp. vertreten und hier bleibt wieder die aſp. ſtehen. Es muß daher zweierlei aſp. geben. 1) die erſte, der goth. ten. begegnende aſp. iſt bald ph bald f und ph ſcheint gänzlich in das triphthongiſche pf (pph) übergegangen. Zwar ſchreiben alte hſſ. wie der ſ. galler Parc. ph vermiſcht mit pf, ohne zweifel aber gebührt auch jenem die ausſprache dieſes, da kein f für ph mehr geſchrieben wird. Man merke nun a) anlautend ſteht immer pf, alſo (nach ſ. 55. 212.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 396. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/422>, abgerufen am 29.03.2024.