Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

Bild:
<< vorherige Seite

II. mittelh. subst. starkes neutr. erste decl.
verte ab. Ich sehe hier keine apocope des tonlosen flexions-
vocals (wie in decl. 1. anm. 2.) und zwar a) weil bei
apocope, wenigstens des stummen e, der wurzelumlaut
bleibt; es heißt z. b. ner, her (alth. nerei, heri) nicht
nar, har; hier aber umgekehrt vruht, tat, vart, not und
nicht vrüht, vert, taet, noet. b) weil die in gleichem
buchstabenverhältniß befindlichen nom. gen. acc. pl. das
e nie ablegen (kein tat, vart für taete facta, verte itinera).
g) weil die, folglich bloß den sg. angehende indeclina-
bilität spurweise bereits im alth. vorkam (oben s. 620.
no. 4. 630. no. 3.) wo an keine apocope des unbetonten
casus vocals zu denken ist. d) weil dies e im neuh.
nothwendig wegfällt, nicht bloß, wie das tonlose,
wegfallen kann. -- 4) vom fem. art (natura, cultura,
genus) finde ich nur die unveränderliche form des
sg;., niemahls den gen. dat. erte; daneben bedienen
sich dieselben denkmähler wechselnd und häufiger des
masc. art, ardes, arde, [wie im angels, eard] doch auch
nicht im pl. Letzteres scheint mir stets die bedeutung
von genus, indoles zu besitzen, während das fem. zu-
gleich den abstracten begriff von modus (art und weise)
ausdrückt. -- 5) ich zähle noch die nur im sg. und ganz
unveränderlich vorkommende form -ein hierher: küni-
gein, meisterein, herzogein etc.; kürzung der daneben gül-
tigen form -inne (erste st. decl. no. 5). Insofern auch
-in eintritt, dürste dieses der ersten decl. angehören und
wie küchen, versen beurtheilt werden; vgl. oben s. 368.
und unten die dritte schwache decl.

Starkes neutrum, erste declination.

beispiel: wortpl. wort
wort-eswort-e
wort-ewort-en
wortwort

1) einfache: as (cadaver) bal, -lles (pila) Wigal. 199.
bant, -des (vinclum) barn (infans) bat, -des (balneum)
blat, -tes (folium) bloch (truncus) brot (panis) bunt,
-des (pellis) buoch (liber) dach (tectum) diech, -hes (semur)
dinc, -ges (res) gelt (praestatio) glas (vitrum) golt (aurum)
abgot (idolum) goß (junctura tecti) Trist. 122c 124a grap,
-bes (sepulcr.) gras (gramen) guot (bonum) hap. -bes
(portus) Parc. 187a har (crinis) heil (salus) horn (cornu)
haus (domus) huon (pullus) jar (annus) eis (glacies) kar
(vas) kint, -des (infans) kleit, -des (vestis) kraut (herba)
lamp, -bes (agnus) lant, -des (terra) liet, -des (carmen)

II. mittelh. ſubſt. ſtarkes neutr. erſte decl.
verte ab. Ich ſehe hier keine apocope des tonloſen flexions-
vocals (wie in decl. 1. anm. 2.) und zwar α) weil bei
apocope, wenigſtens des ſtummen e, der wurzelumlaut
bleibt; es heißt z. b. ner, her (alth. nerî, heri) nicht
nar, har; hier aber umgekehrt vruht, tât, vart, nôt und
nicht vrüht, vert, tæt, nœt. β) weil die in gleichem
buchſtabenverhältniß befindlichen nom. gen. acc. pl. das
e nie ablegen (kein tât, vart für tæte facta, verte itinera).
γ) weil die, folglich bloß den ſg. angehende indeclina-
bilität ſpurweiſe bereits im alth. vorkam (oben ſ. 620.
no. 4. 630. no. 3.) wo an keine apocope des unbetonten
caſus vocals zu denken iſt. δ) weil dies e im neuh.
nothwendig wegfällt, nicht bloß, wie das tonloſe,
wegfallen kann. — 4) vom fem. art (natura, cultura,
genus) finde ich nur die unveränderliche form des
ſg;., niemahls den gen. dat. erte; daneben bedienen
ſich dieſelben denkmähler wechſelnd und häufiger des
maſc. art, ardes, arde, [wie im angelſ, ëard] doch auch
nicht im pl. Letzteres ſcheint mir ſtets die bedeutung
von genus, indoles zu beſitzen, während das fem. zu-
gleich den abſtracten begriff von modus (art und weiſe)
ausdrückt. — 5) ich zähle noch die nur im ſg. und ganz
unveränderlich vorkommende form -în hierher: küni-
gîn, meiſterîn, hërzogîn etc.; kürzung der daneben gül-
tigen form -inne (erſte ſt. decl. no. 5). Inſofern auch
-in eintritt, dürſte dieſes der erſten decl. angehören und
wie küchen, vërſen beurtheilt werden; vgl. oben ſ. 368.
und unten die dritte ſchwache decl.

Starkes neutrum, erſte declination.

beiſpiel: wortpl. wort
wort-eswort-e
wort-ewort-en
wortwort

1) einfache: âs (cadaver) bal, -lles (pila) Wigal. 199.
bant, -des (vinclum) barn (infans) bat, -des (balneum)
blat, -tes (folium) bloch (truncus) brôt (panis) bunt,
-des (pellis) buoch (liber) dach (tectum) diech, -hes (ſemur)
dinc, -ges (res) gëlt (praeſtatio) glas (vitrum) golt (aurum)
abgot (idolum) gôƷ (junctura tecti) Triſt. 122c 124a grap,
-bes (ſepulcr.) gras (gramen) guot (bonum) hap. -bes
(portus) Parc. 187a hâr (crinis) heil (ſalus) horn (cornu)
hûs (domus) huon (pullus) jâr (annus) îs (glacies) kar
(vas) kint, -des (infans) kleit, -des (veſtis) krût (herba)
lamp, -bes (agnus) lant, -des (terra) liet, -des (carmen)

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0704" n="678"/><fw place="top" type="header">II. <hi rendition="#i">mittelh. &#x017F;ub&#x017F;t. &#x017F;tarkes neutr. er&#x017F;te decl.</hi></fw><lb/>
verte ab. Ich &#x017F;ehe hier keine apocope des tonlo&#x017F;en flexions-<lb/>
vocals (wie in decl. 1. anm. 2.) und zwar <hi rendition="#i">&#x03B1;</hi>) weil bei<lb/>
apocope, wenig&#x017F;tens des &#x017F;tummen e, der wurzelumlaut<lb/><hi rendition="#i">bleibt;</hi> es heißt z. b. ner, her (alth. nerî, heri) nicht<lb/>
nar, har; hier aber umgekehrt vruht, tât, vart, nôt und<lb/>
nicht vrüht, vert, tæt, n&#x0153;t. <hi rendition="#i">&#x03B2;</hi>) weil die in gleichem<lb/>
buch&#x017F;tabenverhältniß befindlichen nom. gen. acc. pl. das<lb/>
e nie ablegen (kein tât, vart für tæte facta, verte itinera).<lb/><hi rendition="#i">&#x03B3;</hi>) weil die, folglich bloß den &#x017F;g. angehende indeclina-<lb/>
bilität &#x017F;purwei&#x017F;e bereits im alth. vorkam (oben &#x017F;. 620.<lb/>
no. 4. 630. no. 3.) wo an keine apocope des unbetonten<lb/>
ca&#x017F;us vocals zu denken i&#x017F;t. <hi rendition="#i">&#x03B4;</hi>) weil dies e im neuh.<lb/>
nothwendig wegfällt, nicht bloß, wie das tonlo&#x017F;e,<lb/>
wegfallen <hi rendition="#i">kann</hi>. &#x2014; 4) vom fem. <hi rendition="#i">art</hi> (natura, cultura,<lb/>
genus) finde ich nur die unveränderliche form des<lb/>
&#x017F;g;., niemahls den gen. dat. erte; daneben bedienen<lb/>
&#x017F;ich die&#x017F;elben denkmähler wech&#x017F;elnd und häufiger des<lb/>
ma&#x017F;c. <hi rendition="#i">art</hi>, ardes, arde, [wie im angel&#x017F;, ëard] doch auch<lb/>
nicht im pl. Letzteres &#x017F;cheint mir &#x017F;tets die bedeutung<lb/>
von genus, indoles zu be&#x017F;itzen, während das fem. zu-<lb/>
gleich den ab&#x017F;tracten begriff von modus (art und wei&#x017F;e)<lb/>
ausdrückt. &#x2014; 5) ich zähle noch die nur im &#x017F;g. und ganz<lb/>
unveränderlich vorkommende form <hi rendition="#i">-în</hi> hierher: küni-<lb/>
gîn, mei&#x017F;terîn, hërzogîn etc.; kürzung der daneben gül-<lb/>
tigen form <hi rendition="#i">-inne</hi> (er&#x017F;te &#x017F;t. decl. no. 5). In&#x017F;ofern auch<lb/><hi rendition="#i">-in</hi> eintritt, dür&#x017F;te die&#x017F;es der er&#x017F;ten decl. angehören und<lb/>
wie küchen, vër&#x017F;en beurtheilt werden; vgl. oben &#x017F;. 368.<lb/>
und unten die dritte &#x017F;chwache decl.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#i">Starkes neutrum, er&#x017F;te declination.</hi> </head><lb/>
              <table>
                <row>
                  <cell>bei&#x017F;piel: wort</cell>
                  <cell>pl. wort</cell>
                </row>
                <row>
                  <cell>wort-es</cell>
                  <cell>wort-e</cell>
                </row>
                <row>
                  <cell>wort-e</cell>
                  <cell>wort-en</cell>
                </row>
                <row>
                  <cell>wort</cell>
                  <cell>wort</cell>
                </row><lb/>
              </table>
              <p>1) einfache: âs (cadaver) bal, -lles (pila) Wigal. 199.<lb/>
bant, -des (vinclum) barn (infans) bat, -des (balneum)<lb/>
blat, -tes (folium) bloch (truncus) brôt (panis) bunt,<lb/>
-des (pellis) buoch (liber) dach (tectum) diech, -hes (&#x017F;emur)<lb/>
dinc, -ges (res) gëlt (prae&#x017F;tatio) glas (vitrum) golt (aurum)<lb/>
abgot (idolum) gô&#x01B7; (junctura tecti) Tri&#x017F;t. 122<hi rendition="#sup">c</hi> 124<hi rendition="#sup">a</hi> grap,<lb/>
-bes (&#x017F;epulcr.) gras (gramen) guot (bonum) hap. -bes<lb/>
(portus) Parc. 187<hi rendition="#sup">a</hi> hâr (crinis) heil (&#x017F;alus) horn (cornu)<lb/>
hûs (domus) huon (pullus) jâr (annus) îs (glacies) kar<lb/>
(vas) kint, -des (infans) kleit, -des (ve&#x017F;tis) krût (herba)<lb/>
lamp, -bes (agnus) lant, -des (terra) liet, -des (carmen)<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[678/0704] II. mittelh. ſubſt. ſtarkes neutr. erſte decl. verte ab. Ich ſehe hier keine apocope des tonloſen flexions- vocals (wie in decl. 1. anm. 2.) und zwar α) weil bei apocope, wenigſtens des ſtummen e, der wurzelumlaut bleibt; es heißt z. b. ner, her (alth. nerî, heri) nicht nar, har; hier aber umgekehrt vruht, tât, vart, nôt und nicht vrüht, vert, tæt, nœt. β) weil die in gleichem buchſtabenverhältniß befindlichen nom. gen. acc. pl. das e nie ablegen (kein tât, vart für tæte facta, verte itinera). γ) weil die, folglich bloß den ſg. angehende indeclina- bilität ſpurweiſe bereits im alth. vorkam (oben ſ. 620. no. 4. 630. no. 3.) wo an keine apocope des unbetonten caſus vocals zu denken iſt. δ) weil dies e im neuh. nothwendig wegfällt, nicht bloß, wie das tonloſe, wegfallen kann. — 4) vom fem. art (natura, cultura, genus) finde ich nur die unveränderliche form des ſg;., niemahls den gen. dat. erte; daneben bedienen ſich dieſelben denkmähler wechſelnd und häufiger des maſc. art, ardes, arde, [wie im angelſ, ëard] doch auch nicht im pl. Letzteres ſcheint mir ſtets die bedeutung von genus, indoles zu beſitzen, während das fem. zu- gleich den abſtracten begriff von modus (art und weiſe) ausdrückt. — 5) ich zähle noch die nur im ſg. und ganz unveränderlich vorkommende form -în hierher: küni- gîn, meiſterîn, hërzogîn etc.; kürzung der daneben gül- tigen form -inne (erſte ſt. decl. no. 5). Inſofern auch -in eintritt, dürſte dieſes der erſten decl. angehören und wie küchen, vërſen beurtheilt werden; vgl. oben ſ. 368. und unten die dritte ſchwache decl. Starkes neutrum, erſte declination. beiſpiel: wort pl. wort wort-es wort-e wort-e wort-en wort wort 1) einfache: âs (cadaver) bal, -lles (pila) Wigal. 199. bant, -des (vinclum) barn (infans) bat, -des (balneum) blat, -tes (folium) bloch (truncus) brôt (panis) bunt, -des (pellis) buoch (liber) dach (tectum) diech, -hes (ſemur) dinc, -ges (res) gëlt (praeſtatio) glas (vitrum) golt (aurum) abgot (idolum) gôƷ (junctura tecti) Triſt. 122c 124a grap, -bes (ſepulcr.) gras (gramen) guot (bonum) hap. -bes (portus) Parc. 187a hâr (crinis) heil (ſalus) horn (cornu) hûs (domus) huon (pullus) jâr (annus) îs (glacies) kar (vas) kint, -des (infans) kleit, -des (veſtis) krût (herba) lamp, -bes (agnus) lant, -des (terra) liet, -des (carmen)

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/704
Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 678. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/704>, abgerufen am 25.04.2024.