Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

Bild:
<< vorherige Seite
I. altsächsische consonanten. linguales.
mentlich die endung des schw. praet. -da und fol-
gende belege, außer den vorhin angeführten formen
ld. nd. rd: blad. bladu (solium) fader. sido (mos) god
(Deus) dad. giwadi. rad (consilium) bed (exspectavit)
peda (tunica) eidis (femina) gleidan (labi) blod (sanguis)
god (bonus) mod (animus) hlaud. thlod. liud. hiudau.
b) oder unorganisch für die asp. gesetzt, wiewohl
hier erst genaue einsicht der hss. erforderlich wäre,
weil sich das gestrichene d leicht übersieht. So finde
ich: oder (alter) samad (simul) braud (uxor) mid (praep.)
etc. wo die asp. richtiger schiene, nach goth. maßstab
mindestens. Nur muß theils das schwauken der goth.
mundart selbst, zumahl der umlaut des auslauts th in
den inlaut d (oben s. 62.); theils erwogen werden,
daß jede mundart einzelne wörter anders bestimmt
haben könnte, wie z. b. das alth. got (Deus) mit, miti,
braut ein alts. god. mid. braud bestätigen, im gegensatz
zu dem goth. gnth, mith, brauth. Vollständige verglei-
chung beider hss. wird auch hier weiter führen, die
münchn. scheint mehr unorganischer d zu enthalten,
als die cotton., wo daher letztere in denselben wör-
tern aspiriert, ist ihre lesart vorzuziehen.
3) fehlerhaft ist d statt t *), aber nur in dem einzigen
sedel (thronus) gen. sedles, gebraucht, welches doch
zu sitan (sittjan) gehörig scheint, wie denn im goth.
sitls und angels. setel, setl steht. Inzwischen lautet
das wort auch im hochd. sedal, gisidili und nicht
seßal, gisißili, (erst im neuh. findet sich seßel) so daß
die anomalie ihren guten grund haben und d über-
bleibsel der uralten media seyn könnte (vgl. oben s. 152.).

(DH. TH.) vor allem fragt es sich: ob eine doppelte
asp. nämlich dh unterschieden von th anzunehmen sey?
Geschrieben wird letztere nie mehr mit dem goth. an-
gels. und nord. th, sondern überall in th (wie im alth.)
aufgelöst; dh hingegen nie so aufgelöst, sondern durch
das gestrichene d bezeichnet, wie im labiallaut bh durch
b, während dort das alte einfache zeichen f für ph ge-
blieben ist. Auch darin bewährt sich die analogie bei-
der lautreihen, daß im anlaut nie dh und bh, sondern
nur th und f (ph) gelten **), also dh und bh auf den

*) Auch ecid (acetum) sollte seinem ursprunge nach ecit lauten.
**) Das zwischen hoch- und niederd. einstehende hild. lied
gebraucht zwar d (neben d) im anlaut, aber ebenso wie
J. das dh (oben s. 162.) nämlich ganz für das daneben
nicht vorkommende th.
I. altſächſiſche conſonanten. linguales.
mentlich die endung des ſchw. praet. -da und fol-
gende belege, außer den vorhin angeführten formen
ld. nd. rd: blad. bladu (ſolium) fader. ſido (mos) god
(Deus) dâd. giwâdi. râd (conſilium) bêd (exſpectavit)
pêda (tunica) îdis (femina) glîdan (labi) blôd (ſanguis)
gôd (bonus) môd (animus) hlûd. thlod. liud. hiudû.
b) oder unorganiſch für die aſp. geſetzt, wiewohl
hier erſt genaue einſicht der hſſ. erforderlich wäre,
weil ſich das geſtrichene d leicht überſieht. So finde
ich: oder (alter) ſamad (ſimul) brûd (uxor) mid (praep.)
etc. wo die aſp. richtiger ſchiene, nach goth. maßſtab
mindeſtens. Nur muß theils das ſchwauken der goth.
mundart ſelbſt, zumahl der umlaut des auslauts þ in
den inlaut d (oben ſ. 62.); theils erwogen werden,
daß jede mundart einzelne wörter anders beſtimmt
haben könnte, wie z. b. das alth. got (Deus) mit, miti,
brût ein altſ. god. mid. brûd beſtätigen, im gegenſatz
zu dem goth. gnþ, miþ, brûþ. Vollſtändige verglei-
chung beider hſſ. wird auch hier weiter führen, die
münchn. ſcheint mehr unorganiſcher d zu enthalten,
als die cotton., wo daher letztere in denſelben wör-
tern aſpiriert, iſt ihre lesart vorzuziehen.
3) fehlerhaft iſt d ſtatt t *), aber nur in dem einzigen
ſëdel (thronus) gen. ſëdles, gebraucht, welches doch
zu ſitan (ſittjan) gehörig ſcheint, wie denn im goth.
ſitls und angelſ. ſëtel, ſëtl ſteht. Inzwiſchen lautet
das wort auch im hochd. ſëdal, giſidili und nicht
ſëƷal, giſiƷili, (erſt im neuh. findet ſich ſeßel) ſo daß
die anomalie ihren guten grund haben und d über-
bleibſel der uralten media ſeyn könnte (vgl. oben ſ. 152.).

(DH. TH.) vor allem fragt es ſich: ob eine doppelte
aſp. nämlich dh unterſchieden von th anzunehmen ſey?
Geſchrieben wird letztere nie mehr mit dem goth. an-
gelſ. und nord. þ, ſondern überall in th (wie im alth.)
aufgelöſt; dh hingegen nie ſo aufgelöſt, ſondern durch
das geſtrichene ð bezeichnet, wie im labiallaut bh durch
ƀ, während dort das alte einfache zeichen f für ph ge-
blieben iſt. Auch darin bewährt ſich die analogie bei-
der lautreihen, daß im anlaut nie dh und bh, ſondern
nur th und f (ph) gelten **), alſo dh und bh auf den

*) Auch ecid (acetum) ſollte ſeinem urſprunge nach ecit lauten.
**) Das zwiſchen hoch- und niederd. einſtehende hild. lied
gebraucht zwar ð (neben d) im anlaut, aber ebenſo wie
J. das dh (oben ſ. 162.) nämlich ganz für das daneben
nicht vorkommende th.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <list>
                <item><pb facs="#f0243" n="217"/><fw place="top" type="header">I. <hi rendition="#i">alt&#x017F;äch&#x017F;i&#x017F;che con&#x017F;onanten. linguales.</hi></fw><lb/>
mentlich die endung des &#x017F;chw. praet. -da und fol-<lb/>
gende belege, außer den vorhin angeführten formen<lb/>
ld. nd. rd: blad. bladu (&#x017F;olium) fader. &#x017F;ido (mos) god<lb/>
(Deus) dâd. giwâdi. râd (con&#x017F;ilium) bêd (ex&#x017F;pectavit)<lb/>
pêda (tunica) îdis (femina) glîdan (labi) blôd (&#x017F;anguis)<lb/>
gôd (bonus) môd (animus) hlûd. thlod. liud. hiudû.<lb/>
b) oder unorgani&#x017F;ch für die a&#x017F;p. ge&#x017F;etzt, wiewohl<lb/>
hier er&#x017F;t genaue ein&#x017F;icht der h&#x017F;&#x017F;. erforderlich wäre,<lb/>
weil &#x017F;ich das ge&#x017F;trichene d leicht über&#x017F;ieht. So finde<lb/>
ich: oder (alter) &#x017F;amad (&#x017F;imul) brûd (uxor) mid (praep.)<lb/>
etc. wo die a&#x017F;p. richtiger &#x017F;chiene, nach goth. maß&#x017F;tab<lb/>
minde&#x017F;tens. Nur muß theils das &#x017F;chwauken der goth.<lb/>
mundart &#x017F;elb&#x017F;t, zumahl der umlaut des auslauts þ in<lb/>
den inlaut d (oben &#x017F;. 62.); theils erwogen werden,<lb/>
daß jede mundart einzelne wörter anders be&#x017F;timmt<lb/>
haben könnte, wie z. b. das alth. got (Deus) mit, miti,<lb/>
brût ein alt&#x017F;. god. mid. brûd be&#x017F;tätigen, im gegen&#x017F;atz<lb/>
zu dem goth. gnþ, miþ, brûþ. Voll&#x017F;tändige verglei-<lb/>
chung beider h&#x017F;&#x017F;. wird auch hier weiter führen, die<lb/>
münchn. &#x017F;cheint mehr unorgani&#x017F;cher d zu enthalten,<lb/>
als die cotton., wo daher letztere in den&#x017F;elben wör-<lb/>
tern a&#x017F;piriert, i&#x017F;t ihre lesart vorzuziehen.</item><lb/>
                <item>3) fehlerhaft i&#x017F;t d &#x017F;tatt t <note place="foot" n="*)">Auch ecid (acetum) &#x017F;ollte &#x017F;einem ur&#x017F;prunge nach ecit lauten.</note>, aber nur in dem einzigen<lb/>
&#x017F;ëdel (thronus) gen. &#x017F;ëdles, gebraucht, welches doch<lb/>
zu &#x017F;itan (&#x017F;ittjan) gehörig &#x017F;cheint, wie denn im goth.<lb/>
&#x017F;itls und angel&#x017F;. &#x017F;ëtel, &#x017F;ëtl &#x017F;teht. Inzwi&#x017F;chen lautet<lb/>
das wort auch im hochd. &#x017F;ëdal, gi&#x017F;idili und nicht<lb/>
&#x017F;ë&#x01B7;al, gi&#x017F;i&#x01B7;ili, (er&#x017F;t im neuh. findet &#x017F;ich &#x017F;eßel) &#x017F;o daß<lb/>
die anomalie ihren guten grund haben und d über-<lb/>
bleib&#x017F;el der uralten media &#x017F;eyn könnte (vgl. oben &#x017F;. 152.).</item>
              </list><lb/>
              <p>(DH. TH.) vor allem fragt es &#x017F;ich: ob eine doppelte<lb/>
a&#x017F;p. nämlich dh unter&#x017F;chieden von th anzunehmen &#x017F;ey?<lb/>
Ge&#x017F;chrieben wird letztere nie mehr mit dem goth. an-<lb/>
gel&#x017F;. und nord. þ, &#x017F;ondern überall in <hi rendition="#i">th</hi> (wie im alth.)<lb/>
aufgelö&#x017F;t; dh hingegen nie &#x017F;o aufgelö&#x017F;t, &#x017F;ondern durch<lb/>
das ge&#x017F;trichene ð bezeichnet, wie im labiallaut bh durch<lb/>
&#x0180;, während dort das alte einfache zeichen f für ph ge-<lb/>
blieben i&#x017F;t. Auch darin bewährt &#x017F;ich die analogie bei-<lb/>
der lautreihen, daß im anlaut nie dh und bh, &#x017F;ondern<lb/>
nur th und f (ph) gelten <note place="foot" n="**)">Das zwi&#x017F;chen hoch- und niederd. ein&#x017F;tehende hild. lied<lb/>
gebraucht zwar ð (neben d) im anlaut, aber eben&#x017F;o wie<lb/>
J. das dh (oben &#x017F;. 162.) nämlich ganz für das daneben<lb/>
nicht vorkommende th.</note>, al&#x017F;o dh und bh auf den<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[217/0243] I. altſächſiſche conſonanten. linguales. mentlich die endung des ſchw. praet. -da und fol- gende belege, außer den vorhin angeführten formen ld. nd. rd: blad. bladu (ſolium) fader. ſido (mos) god (Deus) dâd. giwâdi. râd (conſilium) bêd (exſpectavit) pêda (tunica) îdis (femina) glîdan (labi) blôd (ſanguis) gôd (bonus) môd (animus) hlûd. thlod. liud. hiudû. b) oder unorganiſch für die aſp. geſetzt, wiewohl hier erſt genaue einſicht der hſſ. erforderlich wäre, weil ſich das geſtrichene d leicht überſieht. So finde ich: oder (alter) ſamad (ſimul) brûd (uxor) mid (praep.) etc. wo die aſp. richtiger ſchiene, nach goth. maßſtab mindeſtens. Nur muß theils das ſchwauken der goth. mundart ſelbſt, zumahl der umlaut des auslauts þ in den inlaut d (oben ſ. 62.); theils erwogen werden, daß jede mundart einzelne wörter anders beſtimmt haben könnte, wie z. b. das alth. got (Deus) mit, miti, brût ein altſ. god. mid. brûd beſtätigen, im gegenſatz zu dem goth. gnþ, miþ, brûþ. Vollſtändige verglei- chung beider hſſ. wird auch hier weiter führen, die münchn. ſcheint mehr unorganiſcher d zu enthalten, als die cotton., wo daher letztere in denſelben wör- tern aſpiriert, iſt ihre lesart vorzuziehen. 3) fehlerhaft iſt d ſtatt t *), aber nur in dem einzigen ſëdel (thronus) gen. ſëdles, gebraucht, welches doch zu ſitan (ſittjan) gehörig ſcheint, wie denn im goth. ſitls und angelſ. ſëtel, ſëtl ſteht. Inzwiſchen lautet das wort auch im hochd. ſëdal, giſidili und nicht ſëƷal, giſiƷili, (erſt im neuh. findet ſich ſeßel) ſo daß die anomalie ihren guten grund haben und d über- bleibſel der uralten media ſeyn könnte (vgl. oben ſ. 152.). (DH. TH.) vor allem fragt es ſich: ob eine doppelte aſp. nämlich dh unterſchieden von th anzunehmen ſey? Geſchrieben wird letztere nie mehr mit dem goth. an- gelſ. und nord. þ, ſondern überall in th (wie im alth.) aufgelöſt; dh hingegen nie ſo aufgelöſt, ſondern durch das geſtrichene ð bezeichnet, wie im labiallaut bh durch ƀ, während dort das alte einfache zeichen f für ph ge- blieben iſt. Auch darin bewährt ſich die analogie bei- der lautreihen, daß im anlaut nie dh und bh, ſondern nur th und f (ph) gelten **), alſo dh und bh auf den *) Auch ecid (acetum) ſollte ſeinem urſprunge nach ecit lauten. **) Das zwiſchen hoch- und niederd. einſtehende hild. lied gebraucht zwar ð (neben d) im anlaut, aber ebenſo wie J. das dh (oben ſ. 162.) nämlich ganz für das daneben nicht vorkommende th.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/243
Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/243>, abgerufen am 19.04.2024.