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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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I. mittelenglische consonanten. gutturales.
wie waxe (cera): axe (securis) die im niederl. was, axe
unthunlich wären (oben s. 503. 504.) Die verb. ht und ft
berühren sich, wie die häufigen reime softe, ofte:dohter
(Rits. 2, 107. 120.) rightes:yiftes; soft, oft:bought, wrought
(Tristr. 34. 83. 150.) darthun; man findet sogar dofter (filia)
geschrieben, so daß während im niederl. ft zu cht wer-
den, hier umgekehrt ht in den laut ft übertreten. --

Schlußbemerkungen 1) die vortheilhafte inclination
der partikel ne (s. 268.) gilt noch in denselben fällen,
als: none (nullus) nother (neuter) nis (non est) nas (non
fuit) nere (nisi fuerit) nath (non habet) nadde (non ha-
buit) nill (non vult) nolde (noluit) nate, note (nescit)
niste (nescivit). Unangels. hingegen ist die anlehnung
des pron. ei (ego), wobei deren abgestoßener kehllaut
wieder erscheint: icham (sum) ichave (habeo) ichille,
ichulle (volo). Die hier dem ch gebührende aussprache
wage ich kaum zu bestimmen, gewiß war sie nicht tsch,
eher c-h; seltner findet man ich alleinstehend für ei
(ego). -- 2) die reime sind in absicht auf consonanten
bei dem auch hierin ausgezeichneten Chaucer sehr ge-
nau, andere dichter zumahl die ältesten verstatten sich
wohl n:m (Rits. 2, 124.) oder verschiedene ten. z. b.
greipe:smeite, fleoten:weopen, breke:gete (Rits. 2, 93. 97.
Tristr. 177.) und asp. bleithe:oleive (Rits. 2, 106.) knave:
bathe (Web. 3, 256.); von ht:ft war vorhin die rede;
wot:maidenhod (Weber 3, 19.) scheint fehlerhaft, reise:
leithe, sweithe (Tristr. 43.) aber aus der vorhin bemerkten
verwandtschaft zwischen s und th erklärlich. -- 3) cha-
racteristik der mundarten, namentlich der schottischen
und englischen hängt von näherem studium sicherer quel-
len, zus. gehalten mit der heutigen volkssprache ab. -- *)

Neuhochdeutsche buchstaben.

Bei übersicht der heutigen lautverhältnisse ist mehr
an wichtigen, allgemeinen veränderungen, als an ein-
zelner ausführung, die, der reichhaltigkeit des stoffs
wegen, zu weit führen würde, gelegen. Auf das feld
der volksmundarten wage ich mich gar nicht; die ab-
weichungen von den buchstaben der schriftsprache sind

*) Hier könnte eine abhandlung der mittslnordischen (altdän.
altschwed.) buchstaben erwartet werden, wozu mir theils
quellen theils studien fehlen.

I. mittelengliſche conſonanten. gutturales.
wie waxe (cera): axe (ſecuris) die im niederl. was, axe
unthunlich wären (oben ſ. 503. 504.) Die verb. ht und ft
berühren ſich, wie die häufigen reime ſofte, ofte:dohter
(Ritſ. 2, 107. 120.) rightes:yiftes; ſoft, oft:bought, wrought
(Triſtr. 34. 83. 150.) darthun; man findet ſogar dofter (filia)
geſchrieben, ſo daß während im niederl. ft zu cht wer-
den, hier umgekehrt ht in den laut ft übertreten. —

Schlußbemerkungen 1) die vortheilhafte inclination
der partikel ne (ſ. 268.) gilt noch in denſelben fällen,
als: nône (nullus) nôther (neuter) nis (non eſt) nâs (non
fuit) nêre (niſi fuerit) nâth (non habet) nadde (non ha-
buit) nill (non vult) nolde (noluit) nâte, nôte (neſcit)
niſte (neſcivit). Unangelſ. hingegen iſt die anlehnung
des pron. î (ego), wobei deren abgeſtoßener kehllaut
wieder erſcheint: ichâm (ſum) ichave (habeo) ichille,
ichulle (volo). Die hier dem ch gebührende ausſprache
wage ich kaum zu beſtimmen, gewiß war ſie nicht tſch,
eher c-h; ſeltner findet man ich alleinſtehend für î
(ego). — 2) die reime ſind in abſicht auf conſonanten
bei dem auch hierin ausgezeichneten Chaucer ſehr ge-
nau, andere dichter zumahl die älteſten verſtatten ſich
wohl n:m (Ritſ. 2, 124.) oder verſchiedene ten. z. b.
grîpe:ſmîte, fleoten:weopen, brêke:gête (Ritſ. 2, 93. 97.
Triſtr. 177.) und aſp. blîthe:olîve (Ritſ. 2, 106.) knâve:
bâthe (Web. 3, 256.); von ht:ft war vorhin die rede;
wôt:maidenhôd (Weber 3, 19.) ſcheint fehlerhaft, rîſe:
lîthe, ſwîthe (Triſtr. 43.) aber aus der vorhin bemerkten
verwandtſchaft zwiſchen ſ und th erklärlich. — 3) cha-
racteriſtik der mundarten, namentlich der ſchottiſchen
und engliſchen hängt von näherem ſtudium ſicherer quel-
len, zuſ. gehalten mit der heutigen volksſprache ab. — *)

Neuhochdeutſche buchſtaben.

Bei überſicht der heutigen lautverhältniſſe iſt mehr
an wichtigen, allgemeinen veränderungen, als an ein-
zelner ausführung, die, der reichhaltigkeit des ſtoffs
wegen, zu weit führen würde, gelegen. Auf das feld
der volksmundarten wage ich mich gar nicht; die ab-
weichungen von den buchſtaben der ſchriftſprache ſind

*) Hier könnte eine abhandlung der mittslnordiſchen (altdän.
altſchwed.) buchſtaben erwartet werden, wozu mir theils
quellen theils ſtudien fehlen.
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[517/0543] I. mittelengliſche conſonanten. gutturales. wie waxe (cera): axe (ſecuris) die im niederl. was, axe unthunlich wären (oben ſ. 503. 504.) Die verb. ht und ft berühren ſich, wie die häufigen reime ſofte, ofte:dohter (Ritſ. 2, 107. 120.) rightes:yiftes; ſoft, oft:bought, wrought (Triſtr. 34. 83. 150.) darthun; man findet ſogar dofter (filia) geſchrieben, ſo daß während im niederl. ft zu cht wer- den, hier umgekehrt ht in den laut ft übertreten. — Schlußbemerkungen 1) die vortheilhafte inclination der partikel ne (ſ. 268.) gilt noch in denſelben fällen, als: nône (nullus) nôther (neuter) nis (non eſt) nâs (non fuit) nêre (niſi fuerit) nâth (non habet) nadde (non ha- buit) nill (non vult) nolde (noluit) nâte, nôte (neſcit) niſte (neſcivit). Unangelſ. hingegen iſt die anlehnung des pron. î (ego), wobei deren abgeſtoßener kehllaut wieder erſcheint: ichâm (ſum) ichave (habeo) ichille, ichulle (volo). Die hier dem ch gebührende ausſprache wage ich kaum zu beſtimmen, gewiß war ſie nicht tſch, eher c-h; ſeltner findet man ich alleinſtehend für î (ego). — 2) die reime ſind in abſicht auf conſonanten bei dem auch hierin ausgezeichneten Chaucer ſehr ge- nau, andere dichter zumahl die älteſten verſtatten ſich wohl n:m (Ritſ. 2, 124.) oder verſchiedene ten. z. b. grîpe:ſmîte, fleoten:weopen, brêke:gête (Ritſ. 2, 93. 97. Triſtr. 177.) und aſp. blîthe:olîve (Ritſ. 2, 106.) knâve: bâthe (Web. 3, 256.); von ht:ft war vorhin die rede; wôt:maidenhôd (Weber 3, 19.) ſcheint fehlerhaft, rîſe: lîthe, ſwîthe (Triſtr. 43.) aber aus der vorhin bemerkten verwandtſchaft zwiſchen ſ und th erklärlich. — 3) cha- racteriſtik der mundarten, namentlich der ſchottiſchen und engliſchen hängt von näherem ſtudium ſicherer quel- len, zuſ. gehalten mit der heutigen volksſprache ab. — *) Neuhochdeutſche buchſtaben. Bei überſicht der heutigen lautverhältniſſe iſt mehr an wichtigen, allgemeinen veränderungen, als an ein- zelner ausführung, die, der reichhaltigkeit des ſtoffs wegen, zu weit führen würde, gelegen. Auf das feld der volksmundarten wage ich mich gar nicht; die ab- weichungen von den buchſtaben der ſchriftſprache ſind *) Hier könnte eine abhandlung der mittslnordiſchen (altdän. altſchwed.) buchſtaben erwartet werden, wozu mir theils quellen theils ſtudien fehlen.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 517. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/543>, abgerufen am 28.03.2024.