Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.

Bild:
<< vorherige Seite

III. subst. eigentl. comp. -- subst. mit subst.
handne compositionsvocal im goth. vitoda-fasteis Luc.
7, 30 dulga-haitja Luc. 7, 41 (nicht vitoth-fasteis, dulg-
haitja; wiewohl vein-drugkja Luc. 7, 34. statt veina-
drugkja?) b) der mangel aller beispiele von zusammen-
setzung mit dem schwachen acc. sg. masc. oder fem.
Denn wenn im ahd. horn-plaso, troum-sceido, wein-
trincho, kneht-pera das erste wort wirklicher acc. sein
soll, so müste doch auch ein namun-scepho, chnaphun-
pera oder was dergl. componiert vorkommen. Einige
zweifelhafte fälle unten bei der uneigentl. zusammen-
setzung.


Nach diesen grundzügen (I -- III) wird sich die
bedeutung aller eigentlichen zusammensetzungen beur-
theilen laßen, insofern jedes der beiden wörter an sich
verständlich ist. Es gibt aber nicht wenige composita,
vorzüglich der früheren sprache, deren erstes oder zwei-
tes wort formell entstellt oder im sinn verdunkelt wor-
den ist, z. b. im nhd. rein-hart, bräuti-gam sind uns
rein und gam heutzutage unverständlich und der gang
ihrer zusammensetzung kann erst durch vergleichung der
älteren formen ausgemittelt werden. Indessen besitzen
schon unsere ältesten dialecte unentstellte composita genug,
deren erstes wort schwierigkeit macht; seltner ist es
natürlich beim zweiten, den hauptbegriff in sich faßen-
den, worte der fall. Auf solche dunkele wörter sind
die nachfolgenden verzeichnisse von substantivzusam-
mensetzungen hauptsächlich gerichtet; die verbindung
deutlicher und gewöhnlicher wörter, an sich unüberseh-
bar, gehört in die glossare der einzelnen mundarten.

A. verzeichnis nach dem ersten wort.

ahsala (humerus): ahd. ahsal-pein ker. 119. ahsal-ki-
wat. -- ags. eaxl-gestealla (comes, qui est a latere) Beov.
101. 129. eaxl-clad (humerale). -- mhd. ahsel-bein; nhd.
achsel-band, achsel-träger.

alah (domus regia, templum): ahd. eigennamen alah-
dorof, alah-stat, ort, wo eine alah stand, alah-hilt, alah-
gund, alah-traud, frauen in der alah dienend? selten bei
mannsnamen, doch findet sich alah-olf. -- ags. ealh-stede

III. ſubſt. eigentl. comp. — ſubſt. mit ſubſt.
handne compoſitionsvocal im goth. vitôda-faſteis Luc.
7, 30 dulga-háitja Luc. 7, 41 (nicht vitôþ-faſteis, dulg-
háitja; wiewohl vein-drugkja Luc. 7, 34. ſtatt veina-
drugkja?) b) der mangel aller beiſpiele von zuſammen-
ſetzung mit dem ſchwachen acc. ſg. maſc. oder fem.
Denn wenn im ahd. horn-plâſo, troum-ſceido, wîn-
trincho, knëht-përa das erſte wort wirklicher acc. ſein
ſoll, ſo müſte doch auch ein namun-ſcepho, chnaphun-
përa oder was dergl. componiert vorkommen. Einige
zweifelhafte fälle unten bei der uneigentl. zuſammen-
ſetzung.


Nach dieſen grundzügen (I — III) wird ſich die
bedeutung aller eigentlichen zuſammenſetzungen beur-
theilen laßen, inſofern jedes der beiden wörter an ſich
verſtändlich iſt. Es gibt aber nicht wenige compoſita,
vorzüglich der früheren ſprache, deren erſtes oder zwei-
tes wort formell entſtellt oder im ſinn verdunkelt wor-
den iſt, z. b. im nhd. rein-hart, bräuti-gam ſind uns
rein und gam heutzutage unverſtändlich und der gang
ihrer zuſammenſetzung kann erſt durch vergleichung der
älteren formen ausgemittelt werden. Indeſſen beſitzen
ſchon unſere älteſten dialecte unentſtellte compoſita genug,
deren erſtes wort ſchwierigkeit macht; ſeltner iſt es
natürlich beim zweiten, den hauptbegriff in ſich faßen-
den, worte der fall. Auf ſolche dunkele wörter ſind
die nachfolgenden verzeichniſſe von ſubſtantivzuſam-
menſetzungen hauptſächlich gerichtet; die verbindung
deutlicher und gewöhnlicher wörter, an ſich unüberſeh-
bar, gehört in die gloſſare der einzelnen mundarten.

A. verzeichnis nach dem erſten wort.

ahſala (humerus): ahd. ahſal-pein ker. 119. ahſal-ki-
wât. — agſ. ëaxl-geſtëalla (comes, qui eſt a latere) Beov.
101. 129. ëaxl-clâð (humerale). — mhd. ahſel-bein; nhd.
achſel-band, achſel-träger.

alah (domus regia, templum): ahd. eigennamen alah-
dorof, alah-ſtat, ort, wo eine alah ſtand, alah-hilt, alah-
gund, alah-trûd, frauen in der alah dienend? ſelten bei
mannsnamen, doch findet ſich alah-olf. — agſ. ëalh-ſtede

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0464" n="446"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">III. <hi rendition="#i">&#x017F;ub&#x017F;t. eigentl. comp. &#x2014; &#x017F;ub&#x017F;t. mit &#x017F;ub&#x017F;t.</hi></hi></fw><lb/>
handne compo&#x017F;itionsvocal im goth. vitôda-fa&#x017F;teis Luc.<lb/>
7, 30 dulga-háitja Luc. 7, 41 (nicht vitôþ-fa&#x017F;teis, dulg-<lb/>
háitja; wiewohl vein-drugkja Luc. 7, 34. &#x017F;tatt veina-<lb/>
drugkja?) b) der mangel aller bei&#x017F;piele von zu&#x017F;ammen-<lb/>
&#x017F;etzung mit dem <hi rendition="#i">&#x017F;chwachen</hi> acc. &#x017F;g. ma&#x017F;c. oder fem.<lb/>
Denn wenn im ahd. horn-plâ&#x017F;o, troum-&#x017F;ceido, wîn-<lb/>
trincho, knëht-përa das er&#x017F;te wort wirklicher acc. &#x017F;ein<lb/>
&#x017F;oll, &#x017F;o mü&#x017F;te doch auch ein namun-&#x017F;cepho, chnaphun-<lb/>
përa oder was dergl. componiert vorkommen. Einige<lb/>
zweifelhafte fälle unten bei der uneigentl. zu&#x017F;ammen-<lb/>
&#x017F;etzung.</p><lb/>
                <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
                <p>Nach die&#x017F;en grundzügen (I &#x2014; III) wird &#x017F;ich die<lb/>
bedeutung aller eigentlichen zu&#x017F;ammen&#x017F;etzungen beur-<lb/>
theilen laßen, in&#x017F;ofern jedes der beiden wörter an &#x017F;ich<lb/>
ver&#x017F;tändlich i&#x017F;t. Es gibt aber nicht wenige compo&#x017F;ita,<lb/>
vorzüglich der früheren &#x017F;prache, deren er&#x017F;tes oder zwei-<lb/>
tes wort formell ent&#x017F;tellt oder im &#x017F;inn verdunkelt wor-<lb/>
den i&#x017F;t, z. b. im nhd. rein-hart, bräuti-gam &#x017F;ind uns<lb/>
rein und gam heutzutage unver&#x017F;tändlich und der gang<lb/>
ihrer zu&#x017F;ammen&#x017F;etzung kann er&#x017F;t durch vergleichung der<lb/>
älteren formen ausgemittelt werden. Inde&#x017F;&#x017F;en be&#x017F;itzen<lb/>
&#x017F;chon un&#x017F;ere älte&#x017F;ten dialecte unent&#x017F;tellte compo&#x017F;ita genug,<lb/>
deren er&#x017F;tes wort &#x017F;chwierigkeit macht; &#x017F;eltner i&#x017F;t es<lb/>
natürlich beim zweiten, den hauptbegriff in &#x017F;ich faßen-<lb/>
den, worte der fall. Auf &#x017F;olche dunkele wörter &#x017F;ind<lb/>
die nachfolgenden verzeichni&#x017F;&#x017F;e von &#x017F;ub&#x017F;tantivzu&#x017F;am-<lb/>
men&#x017F;etzungen haupt&#x017F;ächlich gerichtet; die verbindung<lb/>
deutlicher und gewöhnlicher wörter, an &#x017F;ich unüber&#x017F;eh-<lb/>
bar, gehört in die glo&#x017F;&#x017F;are der einzelnen mundarten.</p><lb/>
                <div n="6">
                  <head>A. <hi rendition="#i">verzeichnis nach dem er&#x017F;ten wort.</hi></head><lb/>
                  <p><hi rendition="#i">ah&#x017F;ala</hi> (humerus): ahd. ah&#x017F;al-pein ker. 119. ah&#x017F;al-ki-<lb/>
wât. &#x2014; ag&#x017F;. ëaxl-ge&#x017F;tëalla (comes, qui e&#x017F;t a latere) Beov.<lb/>
101. 129. ëaxl-clâð (humerale). &#x2014; mhd. ah&#x017F;el-bein; nhd.<lb/>
ach&#x017F;el-band, ach&#x017F;el-träger.</p><lb/>
                  <p><hi rendition="#i">alah</hi> (domus regia, templum): ahd. eigennamen alah-<lb/>
dorof, alah-&#x017F;tat, ort, wo eine alah &#x017F;tand, alah-hilt, alah-<lb/>
gund, alah-trûd, frauen in der alah dienend? &#x017F;elten bei<lb/>
mannsnamen, doch findet &#x017F;ich alah-olf. &#x2014; ag&#x017F;. ëalh-&#x017F;tede<lb/></p>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[446/0464] III. ſubſt. eigentl. comp. — ſubſt. mit ſubſt. handne compoſitionsvocal im goth. vitôda-faſteis Luc. 7, 30 dulga-háitja Luc. 7, 41 (nicht vitôþ-faſteis, dulg- háitja; wiewohl vein-drugkja Luc. 7, 34. ſtatt veina- drugkja?) b) der mangel aller beiſpiele von zuſammen- ſetzung mit dem ſchwachen acc. ſg. maſc. oder fem. Denn wenn im ahd. horn-plâſo, troum-ſceido, wîn- trincho, knëht-përa das erſte wort wirklicher acc. ſein ſoll, ſo müſte doch auch ein namun-ſcepho, chnaphun- përa oder was dergl. componiert vorkommen. Einige zweifelhafte fälle unten bei der uneigentl. zuſammen- ſetzung. Nach dieſen grundzügen (I — III) wird ſich die bedeutung aller eigentlichen zuſammenſetzungen beur- theilen laßen, inſofern jedes der beiden wörter an ſich verſtändlich iſt. Es gibt aber nicht wenige compoſita, vorzüglich der früheren ſprache, deren erſtes oder zwei- tes wort formell entſtellt oder im ſinn verdunkelt wor- den iſt, z. b. im nhd. rein-hart, bräuti-gam ſind uns rein und gam heutzutage unverſtändlich und der gang ihrer zuſammenſetzung kann erſt durch vergleichung der älteren formen ausgemittelt werden. Indeſſen beſitzen ſchon unſere älteſten dialecte unentſtellte compoſita genug, deren erſtes wort ſchwierigkeit macht; ſeltner iſt es natürlich beim zweiten, den hauptbegriff in ſich faßen- den, worte der fall. Auf ſolche dunkele wörter ſind die nachfolgenden verzeichniſſe von ſubſtantivzuſam- menſetzungen hauptſächlich gerichtet; die verbindung deutlicher und gewöhnlicher wörter, an ſich unüberſeh- bar, gehört in die gloſſare der einzelnen mundarten. A. verzeichnis nach dem erſten wort. ahſala (humerus): ahd. ahſal-pein ker. 119. ahſal-ki- wât. — agſ. ëaxl-geſtëalla (comes, qui eſt a latere) Beov. 101. 129. ëaxl-clâð (humerale). — mhd. ahſel-bein; nhd. achſel-band, achſel-träger. alah (domus regia, templum): ahd. eigennamen alah- dorof, alah-ſtat, ort, wo eine alah ſtand, alah-hilt, alah- gund, alah-trûd, frauen in der alah dienend? ſelten bei mannsnamen, doch findet ſich alah-olf. — agſ. ëalh-ſtede

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/464
Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 446. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/464>, abgerufen am 26.04.2024.