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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812.

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mitten auf der Straße liegen. Eben kam ein
Fuhrmann daher, und wollt' geradezu über ihn
wegfahren. "Fuhrmann thus nicht, rief der
Sperling, es kostet dein Leben!" Der Fuhr-
mann aber hörte nicht darauf, knallte mit der
Peitsche, und trieb die Pferde gerade auf den
Hund, daß die Wagenräder ihm die Beine zer-
brachen. Fuchs und Sperling schleppten den
Gevatter heim, der Herr sah ihn an und sprach:
"der ist ja todt," und gab ihn dem Fuhrmann,
der sollt ihn begraben. Der Fuhrmann dachte,
die Haut ist zu brauchen, lud ihn auf und fuhr
fort. Der Sperling aber flog nebenher und
rief: "Fuhrmann, es kostet dir dein Leben!
Fuhrmann, es kostet dir dein Leben!" Dann
setzte er sich dem einen Pferde auf den Kopf
und rief: "Fuhrmann, es kostet dir dein Le-
ben!" Der Fuhrmann ward bös über den klei-
nen Vogel, der ihn zum Narren hatte, griff
nach seiner Hacke und holte aus; der Sperling
aber flog in die Höhe, und der Fuhrmann traf
sein Pferd auf den Kopf, daß es todt hinfiel.
Er mußte es liegen lassen und mit den zwei an-
dern weiter fahren; da kam der Sperling zu-
rück, setzte sich einem Pferd auf den Kopf und
rief: "Fuhrmann, es kostet dir dein Leben!"
Der Fuhrmann lief herbei: "jetzt krieg ich
dich!" schlug und traf wieder bloß das Pferd,
daß es todt liegen blieb. Nun war ihm noch

mitten auf der Straße liegen. Eben kam ein
Fuhrmann daher, und wollt' geradezu uͤber ihn
wegfahren. „Fuhrmann thus nicht, rief der
Sperling, es koſtet dein Leben!“ Der Fuhr-
mann aber hoͤrte nicht darauf, knallte mit der
Peitſche, und trieb die Pferde gerade auf den
Hund, daß die Wagenraͤder ihm die Beine zer-
brachen. Fuchs und Sperling ſchleppten den
Gevatter heim, der Herr ſah ihn an und ſprach:
„der iſt ja todt,“ und gab ihn dem Fuhrmann,
der ſollt ihn begraben. Der Fuhrmann dachte,
die Haut iſt zu brauchen, lud ihn auf und fuhr
fort. Der Sperling aber flog nebenher und
rief: „Fuhrmann, es koſtet dir dein Leben!
Fuhrmann, es koſtet dir dein Leben!“ Dann
ſetzte er ſich dem einen Pferde auf den Kopf
und rief: „Fuhrmann, es koſtet dir dein Le-
ben!“ Der Fuhrmann ward boͤs uͤber den klei-
nen Vogel, der ihn zum Narren hatte, griff
nach ſeiner Hacke und holte aus; der Sperling
aber flog in die Hoͤhe, und der Fuhrmann traf
ſein Pferd auf den Kopf, daß es todt hinfiel.
Er mußte es liegen laſſen und mit den zwei an-
dern weiter fahren; da kam der Sperling zu-
ruͤck, ſetzte ſich einem Pferd auf den Kopf und
rief: „Fuhrmann, es koſtet dir dein Leben!“
Der Fuhrmann lief herbei: „jetzt krieg ich
dich!“ ſchlug und traf wieder bloß das Pferd,
daß es todt liegen blieb. Nun war ihm noch

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[271/0305] mitten auf der Straße liegen. Eben kam ein Fuhrmann daher, und wollt' geradezu uͤber ihn wegfahren. „Fuhrmann thus nicht, rief der Sperling, es koſtet dein Leben!“ Der Fuhr- mann aber hoͤrte nicht darauf, knallte mit der Peitſche, und trieb die Pferde gerade auf den Hund, daß die Wagenraͤder ihm die Beine zer- brachen. Fuchs und Sperling ſchleppten den Gevatter heim, der Herr ſah ihn an und ſprach: „der iſt ja todt,“ und gab ihn dem Fuhrmann, der ſollt ihn begraben. Der Fuhrmann dachte, die Haut iſt zu brauchen, lud ihn auf und fuhr fort. Der Sperling aber flog nebenher und rief: „Fuhrmann, es koſtet dir dein Leben! Fuhrmann, es koſtet dir dein Leben!“ Dann ſetzte er ſich dem einen Pferde auf den Kopf und rief: „Fuhrmann, es koſtet dir dein Le- ben!“ Der Fuhrmann ward boͤs uͤber den klei- nen Vogel, der ihn zum Narren hatte, griff nach ſeiner Hacke und holte aus; der Sperling aber flog in die Hoͤhe, und der Fuhrmann traf ſein Pferd auf den Kopf, daß es todt hinfiel. Er mußte es liegen laſſen und mit den zwei an- dern weiter fahren; da kam der Sperling zu- ruͤck, ſetzte ſich einem Pferd auf den Kopf und rief: „Fuhrmann, es koſtet dir dein Leben!“ Der Fuhrmann lief herbei: „jetzt krieg ich dich!“ ſchlug und traf wieder bloß das Pferd, daß es todt liegen blieb. Nun war ihm noch

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/305>, abgerufen am 25.04.2024.