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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812.

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durchkämen und wären doch viel klüger. Da
zogen sie miteinander fort und kamen an einen
Ameisenhaufen, die zwei ältesten wollten ihn
aufwühlen, und sehen, wie die kleinen Ameisen
in der Angst herumkröchen und ihre Eier fort-
trügen; aber der Dummling sagte: "laßt die
Thiere in Fried, ich leids nicht, daß ihr sie
stört." Dann gingen sie weiter und kamen an
einen See, auf dem schwammen viele, viele En-
ten; die zwei Brüder wollten ein paar fangen
und braten, aber der Dummling sagte wieder:
"laßt die Thiere in Fried', ich leids nicht, daß
ihr sie tödtet." Endlich kamen sie an ein Bie-
nennest, darin war so viel Honig, daß er am
Stamm herunterlief; die zwei wollten Feuer
unter den Baum legen, daß die Bienen erstick-
ten, und sie den Honig wegnehmen könnten.
Der Dummling hielt sie aber wieder ab und
sprach: "laßt die Thiere in Fried', ich leids
nicht, daß ihr sie verbrennt." Da kamen die
drei Brüder in ein Schloß, wo in den Stäl-
len lauter steinerne Pferde standen, auch war
kein Mensch zu sehen, und sie gingen durch alle
Säle, bis sie vor eine Thüre ganz am Ende
kamen, davor hingen drei Schlösser; es war
aber mitten in der Thüre ein Lädlein, dadurch
konnte man in die Stube sehen. Da sahen sie
ein grau Männchen an einem Tische sitzen, das
riefen sie an einmal, zweimal, aber es hörte

durchkaͤmen und waͤren doch viel kluͤger. Da
zogen ſie miteinander fort und kamen an einen
Ameiſenhaufen, die zwei aͤlteſten wollten ihn
aufwuͤhlen, und ſehen, wie die kleinen Ameiſen
in der Angſt herumkroͤchen und ihre Eier fort-
truͤgen; aber der Dummling ſagte: „laßt die
Thiere in Fried, ich leids nicht, daß ihr ſie
ſtoͤrt.“ Dann gingen ſie weiter und kamen an
einen See, auf dem ſchwammen viele, viele En-
ten; die zwei Bruͤder wollten ein paar fangen
und braten, aber der Dummling ſagte wieder:
„laßt die Thiere in Fried', ich leids nicht, daß
ihr ſie toͤdtet.“ Endlich kamen ſie an ein Bie-
nenneſt, darin war ſo viel Honig, daß er am
Stamm herunterlief; die zwei wollten Feuer
unter den Baum legen, daß die Bienen erſtick-
ten, und ſie den Honig wegnehmen koͤnnten.
Der Dummling hielt ſie aber wieder ab und
ſprach: „laßt die Thiere in Fried', ich leids
nicht, daß ihr ſie verbrennt.“ Da kamen die
drei Bruͤder in ein Schloß, wo in den Staͤl-
len lauter ſteinerne Pferde ſtanden, auch war
kein Menſch zu ſehen, und ſie gingen durch alle
Saͤle, bis ſie vor eine Thuͤre ganz am Ende
kamen, davor hingen drei Schloͤſſer; es war
aber mitten in der Thuͤre ein Laͤdlein, dadurch
konnte man in die Stube ſehen. Da ſahen ſie
ein grau Maͤnnchen an einem Tiſche ſitzen, das
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[297/0331] durchkaͤmen und waͤren doch viel kluͤger. Da zogen ſie miteinander fort und kamen an einen Ameiſenhaufen, die zwei aͤlteſten wollten ihn aufwuͤhlen, und ſehen, wie die kleinen Ameiſen in der Angſt herumkroͤchen und ihre Eier fort- truͤgen; aber der Dummling ſagte: „laßt die Thiere in Fried, ich leids nicht, daß ihr ſie ſtoͤrt.“ Dann gingen ſie weiter und kamen an einen See, auf dem ſchwammen viele, viele En- ten; die zwei Bruͤder wollten ein paar fangen und braten, aber der Dummling ſagte wieder: „laßt die Thiere in Fried', ich leids nicht, daß ihr ſie toͤdtet.“ Endlich kamen ſie an ein Bie- nenneſt, darin war ſo viel Honig, daß er am Stamm herunterlief; die zwei wollten Feuer unter den Baum legen, daß die Bienen erſtick- ten, und ſie den Honig wegnehmen koͤnnten. Der Dummling hielt ſie aber wieder ab und ſprach: „laßt die Thiere in Fried', ich leids nicht, daß ihr ſie verbrennt.“ Da kamen die drei Bruͤder in ein Schloß, wo in den Staͤl- len lauter ſteinerne Pferde ſtanden, auch war kein Menſch zu ſehen, und ſie gingen durch alle Saͤle, bis ſie vor eine Thuͤre ganz am Ende kamen, davor hingen drei Schloͤſſer; es war aber mitten in der Thuͤre ein Laͤdlein, dadurch konnte man in die Stube ſehen. Da ſahen ſie ein grau Maͤnnchen an einem Tiſche ſitzen, das riefen ſie an einmal, zweimal, aber es hoͤrte

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/331>, abgerufen am 20.04.2024.