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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812.

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mochte ihn zu heilen, bis er einstmals hörte (oder
es ihm träumte), daß weit davon der Vogel Phö-
nix wäre, durch dessen Pfeifen (oder Gesang) er
allein genesen könne. Nun machen sich die Söh-
ne nach einander auf, und nur in der Menge der
verschiedenen Aufgaben, die der dritte Sohn zu
bestehen hat, weichen die verschiedenen Recensio-
nen ab. Das nothwendige Pfeifen des Phönix
ist hier allerdings besser begründet. Einmal wird
auch erzählt, daß der Fuchs, nachdem er den
Schuß zuletzt empfangen, ganz verschwindet und
nicht zu einem Menschen wird. Das Stürzen in
den Brunnen (wofür auch ein Steinbruch vor-
kommt) ist mit der Sage von Joseph, der ja auch
sonst selbst der Phönix, (d. h. der Goldvogel) ist,
die Befreiung daraus durch den Fuchs mit der
von Aristomenes (nach Pausanias), von Sindbad
(nach 1001 Nacht), und Gog und Magog (nach
Montevilla) merkwürdig verwandt. --

In den Kindermärchen aus mündlichen Erzäh-
lungen gesammelt, Erfurt bei Keyser 1787. wird
unser Märchen S. 94 -- 150. in falschem Ton er-
zählt; im Norden ist es aber schon früh bekannt
gewesen, und ohne Zweifel auch in andern Thei-
len Europas.

Peringskiold in seinem für Hickes gemachten
Catalog p. 315. führt die Saga af Artus Fa-
gra
an, und beschreibt ihren Inhalt folgender-
maßen: hist. de tribus fratribus Carolo, Vil-
hialmo atque Arturo, cogn. fägra, regis angliae
filiis, qui ad inquirendum Phönicem, ut ea ou-
raretur morbus immedicabilis patris illorum, in
ultimas usque Indiae oras missi sunt.
(Viel-
leicht ist auch in einem angelsächs. Codex, den
Wanley p. 281. angiebt: Liber VI. septem con-
stans capitulis, descriptionem tractat felicissi-
mae cujusdam regionis orientalis et de Phöni-
ce, quae ibi invenitur,
etwas davon berührt).
Eine spätere dänische Bearbeitung in sechszeiligen
Strophen ist zum Volksbuch geworden, aber ohne
poetischen Werth. Nyerup handelt davon unter
Num. 15. Von dem daselbst angeführten Titel
ist eine vor uns liegende Ausgabe etwas abwei-

mochte ihn zu heilen, bis er einſtmals hoͤrte (oder
es ihm traͤumte), daß weit davon der Vogel Phoͤ-
nix waͤre, durch deſſen Pfeifen (oder Geſang) er
allein geneſen koͤnne. Nun machen ſich die Soͤh-
ne nach einander auf, und nur in der Menge der
verſchiedenen Aufgaben, die der dritte Sohn zu
beſtehen hat, weichen die verſchiedenen Recenſio-
nen ab. Das nothwendige Pfeifen des Phoͤnix
iſt hier allerdings beſſer begruͤndet. Einmal wird
auch erzaͤhlt, daß der Fuchs, nachdem er den
Schuß zuletzt empfangen, ganz verſchwindet und
nicht zu einem Menſchen wird. Das Stuͤrzen in
den Brunnen (wofuͤr auch ein Steinbruch vor-
kommt) iſt mit der Sage von Joſeph, der ja auch
ſonſt ſelbſt der Phoͤnix, (d. h. der Goldvogel) iſt,
die Befreiung daraus durch den Fuchs mit der
von Ariſtomenes (nach Pauſanias), von Sindbad
(nach 1001 Nacht), und Gog und Magog (nach
Montevilla) merkwuͤrdig verwandt. —

In den Kindermaͤrchen aus muͤndlichen Erzaͤh-
lungen geſammelt, Erfurt bei Keyſer 1787. wird
unſer Maͤrchen S. 94 — 150. in falſchem Ton er-
zaͤhlt; im Norden iſt es aber ſchon fruͤh bekannt
geweſen, und ohne Zweifel auch in andern Thei-
len Europas.

Peringſkiold in ſeinem fuͤr Hickes gemachten
Catalog p. 315. fuͤhrt die Saga af Artus Fa-
gra
an, und beſchreibt ihren Inhalt folgender-
maßen: hist. de tribus fratribus Carolo, Vil-
hialmo atque Arturo, cogn. fägra, regis angliae
filiis, qui ad inquirendum Phoͤnicem, ut ea ou-
raretur morbus immedicabilis patris illorum, in
ultimas usque Indiae oras missi sunt.
(Viel-
leicht iſt auch in einem angelſaͤchſ. Codex, den
Wanley p. 281. angiebt: Liber VI. septem con-
stans capitulis, descriptionem tractat felicissi-
mae cujusdam regionis orientalis et de Phoͤni-
ce, quae ibi invenitur,
etwas davon beruͤhrt).
Eine ſpaͤtere daͤniſche Bearbeitung in ſechszeiligen
Strophen iſt zum Volksbuch geworden, aber ohne
poetiſchen Werth. Nyerup handelt davon unter
Num. 15. Von dem daſelbſt angefuͤhrten Titel
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[XXXVI/0458] mochte ihn zu heilen, bis er einſtmals hoͤrte (oder es ihm traͤumte), daß weit davon der Vogel Phoͤ- nix waͤre, durch deſſen Pfeifen (oder Geſang) er allein geneſen koͤnne. Nun machen ſich die Soͤh- ne nach einander auf, und nur in der Menge der verſchiedenen Aufgaben, die der dritte Sohn zu beſtehen hat, weichen die verſchiedenen Recenſio- nen ab. Das nothwendige Pfeifen des Phoͤnix iſt hier allerdings beſſer begruͤndet. Einmal wird auch erzaͤhlt, daß der Fuchs, nachdem er den Schuß zuletzt empfangen, ganz verſchwindet und nicht zu einem Menſchen wird. Das Stuͤrzen in den Brunnen (wofuͤr auch ein Steinbruch vor- kommt) iſt mit der Sage von Joſeph, der ja auch ſonſt ſelbſt der Phoͤnix, (d. h. der Goldvogel) iſt, die Befreiung daraus durch den Fuchs mit der von Ariſtomenes (nach Pauſanias), von Sindbad (nach 1001 Nacht), und Gog und Magog (nach Montevilla) merkwuͤrdig verwandt. — In den Kindermaͤrchen aus muͤndlichen Erzaͤh- lungen geſammelt, Erfurt bei Keyſer 1787. wird unſer Maͤrchen S. 94 — 150. in falſchem Ton er- zaͤhlt; im Norden iſt es aber ſchon fruͤh bekannt geweſen, und ohne Zweifel auch in andern Thei- len Europas. Peringſkiold in ſeinem fuͤr Hickes gemachten Catalog p. 315. fuͤhrt die Saga af Artus Fa- gra an, und beſchreibt ihren Inhalt folgender- maßen: hist. de tribus fratribus Carolo, Vil- hialmo atque Arturo, cogn. fägra, regis angliae filiis, qui ad inquirendum Phoͤnicem, ut ea ou- raretur morbus immedicabilis patris illorum, in ultimas usque Indiae oras missi sunt. (Viel- leicht iſt auch in einem angelſaͤchſ. Codex, den Wanley p. 281. angiebt: Liber VI. septem con- stans capitulis, descriptionem tractat felicissi- mae cujusdam regionis orientalis et de Phoͤni- ce, quae ibi invenitur, etwas davon beruͤhrt). Eine ſpaͤtere daͤniſche Bearbeitung in ſechszeiligen Strophen iſt zum Volksbuch geworden, aber ohne poetiſchen Werth. Nyerup handelt davon unter Num. 15. Von dem daſelbſt angefuͤhrten Titel iſt eine vor uns liegende Ausgabe etwas abwei-

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. XXXVI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/458>, abgerufen am 29.03.2024.