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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812.

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Aepfeln, wovon einer alt und häßlich, der andere
wieder jung und gesund macht und wodurch die
treulose Gemahlin bestraft und gebessert wird.

Zu dem Schneider der bald reich wurde. No. 61.

Nach einer andern Erzählung heißt der Mann
Herr Hände, den die Bauern wegen seiner Klug-
heit hassen. Sie schlagen ihn aus Neid den Back-
ofen ein, er trägt aber den Schutt in einem Sack
zu einer vornehmen Dame und bittet sie, den Sack
ihm aufzuheben, es sey Gewürz, Zimme[t], Näge-
lein und Pfeffer darin. Er kommt dann wieder,
ihn abzuholen und verführt ein großes Geschrei,
sie habe ihn bestolen, wodurch er ihr 300 Thaler
abzwingt. Die Bauern sehen ihn das Geld zäh-
len und fragen, woher er das habe, er sagt von
dem Backofenschutt, da schlagen die Bauern all ih-
re Backöfen ein, tragen den Schutt in die Stadt,
kommen aber übel an. Die Bauern wollen ihn
aus Rache tödten, er zieht aber seiner Mutter
Kleider an, dadurch entgeht er ihnen und seine
Mutter wird todt geschlagen. Diese rollt er in
einem Faß zu einem Doctor, läßt sie dort ein we-
nig stehen, kommt wieder und giebt ihm dann Schuld
er habe sie getödtet, so erpreßt er von dem Doctor
eine Summe Gelds. Er sagt den Bauern, er ha-
be sie für seine todte Mutter bekommen, nun schla-
gen diese auch ihre Mutter todt. Darauf die Be-
gebenheit mit einem Schäfer, der für ihn sich in
die Tonne legt, ersäuft und dem die andern Bau-
ern alle nachspringen.

In dem Märchen vom Bauer Kibitz, welches
Büsching S. 296. mittheilt, sind wieder einige Zü-
ge verschieden. Kibitz läßt seine Frau von den
Bauern todt schlagen, und setzt sie dann mit einem
Korb voll Früchte an ein Geländer, wo sie ein Be-
dienter, dem sie keine Antwort giebt, als er für sei-
ne Herrschaft bei ihr einkaufen soll, ins Wasser
stürzt; dafür erhält Kibitz den Wagen, worin diese
gefahren mit allem Zubehör. -- Das Gelderpres-
sen durch bloßes Lärmen gehört auch zu den Listen
des Gonella (bei Flögel Gesch. der Hofnarren S.

Aepfeln, wovon einer alt und haͤßlich, der andere
wieder jung und geſund macht und wodurch die
treuloſe Gemahlin beſtraft und gebeſſert wird.

Zu dem Schneider der bald reich wurde. No. 61.

Nach einer andern Erzaͤhlung heißt der Mann
Herr Haͤnde, den die Bauern wegen ſeiner Klug-
heit haſſen. Sie ſchlagen ihn aus Neid den Back-
ofen ein, er traͤgt aber den Schutt in einem Sack
zu einer vornehmen Dame und bittet ſie, den Sack
ihm aufzuheben, es ſey Gewuͤrz, Zimme[t], Naͤge-
lein und Pfeffer darin. Er kommt dann wieder,
ihn abzuholen und verfuͤhrt ein großes Geſchrei,
ſie habe ihn beſtolen, wodurch er ihr 300 Thaler
abzwingt. Die Bauern ſehen ihn das Geld zaͤh-
len und fragen, woher er das habe, er ſagt von
dem Backofenſchutt, da ſchlagen die Bauern all ih-
re Backoͤfen ein, tragen den Schutt in die Stadt,
kommen aber uͤbel an. Die Bauern wollen ihn
aus Rache toͤdten, er zieht aber ſeiner Mutter
Kleider an, dadurch entgeht er ihnen und ſeine
Mutter wird todt geſchlagen. Dieſe rollt er in
einem Faß zu einem Doctor, laͤßt ſie dort ein we-
nig ſtehen, kommt wieder und giebt ihm dann Schuld
er habe ſie getoͤdtet, ſo erpreßt er von dem Doctor
eine Summe Gelds. Er ſagt den Bauern, er ha-
be ſie fuͤr ſeine todte Mutter bekommen, nun ſchla-
gen dieſe auch ihre Mutter todt. Darauf die Be-
gebenheit mit einem Schaͤfer, der fuͤr ihn ſich in
die Tonne legt, erſaͤuft und dem die andern Bau-
ern alle nachſpringen.

In dem Maͤrchen vom Bauer Kibitz, welches
Buͤſching S. 296. mittheilt, ſind wieder einige Zuͤ-
ge verſchieden. Kibitz laͤßt ſeine Frau von den
Bauern todt ſchlagen, und ſetzt ſie dann mit einem
Korb voll Fruͤchte an ein Gelaͤnder, wo ſie ein Be-
dienter, dem ſie keine Antwort giebt, als er fuͤr ſei-
ne Herrſchaft bei ihr einkaufen ſoll, ins Waſſer
ſtuͤrzt; dafuͤr erhaͤlt Kibitz den Wagen, worin dieſe
gefahren mit allem Zubehoͤr. — Das Gelderpreſ-
ſen durch bloßes Laͤrmen gehoͤrt auch zu den Liſten
des Gonella (bei Floͤgel Geſch. der Hofnarren S.

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[XXXIX/0461] Aepfeln, wovon einer alt und haͤßlich, der andere wieder jung und geſund macht und wodurch die treuloſe Gemahlin beſtraft und gebeſſert wird. Zu dem Schneider der bald reich wurde. No. 61. Nach einer andern Erzaͤhlung heißt der Mann Herr Haͤnde, den die Bauern wegen ſeiner Klug- heit haſſen. Sie ſchlagen ihn aus Neid den Back- ofen ein, er traͤgt aber den Schutt in einem Sack zu einer vornehmen Dame und bittet ſie, den Sack ihm aufzuheben, es ſey Gewuͤrz, Zimmet, Naͤge- lein und Pfeffer darin. Er kommt dann wieder, ihn abzuholen und verfuͤhrt ein großes Geſchrei, ſie habe ihn beſtolen, wodurch er ihr 300 Thaler abzwingt. Die Bauern ſehen ihn das Geld zaͤh- len und fragen, woher er das habe, er ſagt von dem Backofenſchutt, da ſchlagen die Bauern all ih- re Backoͤfen ein, tragen den Schutt in die Stadt, kommen aber uͤbel an. Die Bauern wollen ihn aus Rache toͤdten, er zieht aber ſeiner Mutter Kleider an, dadurch entgeht er ihnen und ſeine Mutter wird todt geſchlagen. Dieſe rollt er in einem Faß zu einem Doctor, laͤßt ſie dort ein we- nig ſtehen, kommt wieder und giebt ihm dann Schuld er habe ſie getoͤdtet, ſo erpreßt er von dem Doctor eine Summe Gelds. Er ſagt den Bauern, er ha- be ſie fuͤr ſeine todte Mutter bekommen, nun ſchla- gen dieſe auch ihre Mutter todt. Darauf die Be- gebenheit mit einem Schaͤfer, der fuͤr ihn ſich in die Tonne legt, erſaͤuft und dem die andern Bau- ern alle nachſpringen. In dem Maͤrchen vom Bauer Kibitz, welches Buͤſching S. 296. mittheilt, ſind wieder einige Zuͤ- ge verſchieden. Kibitz laͤßt ſeine Frau von den Bauern todt ſchlagen, und ſetzt ſie dann mit einem Korb voll Fruͤchte an ein Gelaͤnder, wo ſie ein Be- dienter, dem ſie keine Antwort giebt, als er fuͤr ſei- ne Herrſchaft bei ihr einkaufen ſoll, ins Waſſer ſtuͤrzt; dafuͤr erhaͤlt Kibitz den Wagen, worin dieſe gefahren mit allem Zubehoͤr. — Das Gelderpreſ- ſen durch bloßes Laͤrmen gehoͤrt auch zu den Liſten des Gonella (bei Floͤgel Geſch. der Hofnarren S.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. XXXIX. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/461>, abgerufen am 29.03.2024.