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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837.

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2.
Katze und Maus in Gesellschaft.

Eine Katze hatte Bekanntschaft mit einer Maus gemacht, und ihr so viel von der großen Liebe und Freundschaft vorgesagt, die sie zu ihr trüge, daß die Maus endlich einwilligte mit ihr zusammen in einem Hause zu wohnen, und gemeinschaftliche Wirthschaft zu führen. 'Aber für den Winter müssen wir Vorsorge tragen, sonst leiden wir Hunger,' sagte die Katze, 'du Mäuschen kannst dich nicht überall hinwagen, und geräthst mir am Ende in eine Falle.' Der gute Rath ward also befolgt, und ein Töpfchen mit Fett angekauft. Sie wußten aber nicht wo sie es hinstellen sollten, endlich nach langer Überlegung sprach die Katze 'ich weiß keinen Ort, der sicherer wäre als die Kirche, da getraut sich niemand etwas wegzunehmen, wir stellen es unter den Altar, und rühren es nicht eher an als bis wir es nöthig haben.' Das Töpfchen ward also in Sicherheit gebracht, aber es dauerte nicht lange so trug die Katze Gelüsten danach, und sprach zur Maus 'was ich dir sagen wollte, Mäuschen, ich bin von meiner Base zu Gevatter gebeten: sie hat ein Söhnchen zur Welt gebracht, weiß mit braunen Flecken, daß soll ich über die Taufe halten. Laß mich ausgehen, und besorge du heute das Haus allein.' 'Ja, ja,' antwortete die Maus, 'geh in Gottes Namen

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Katze und Maus in Gesellschaft.

Eine Katze hatte Bekanntschaft mit einer Maus gemacht, und ihr so viel von der großen Liebe und Freundschaft vorgesagt, die sie zu ihr truͤge, daß die Maus endlich einwilligte mit ihr zusammen in einem Hause zu wohnen, und gemeinschaftliche Wirthschaft zu fuͤhren. ‘Aber fuͤr den Winter muͤssen wir Vorsorge tragen, sonst leiden wir Hunger,’ sagte die Katze, ‘du Maͤuschen kannst dich nicht uͤberall hinwagen, und geraͤthst mir am Ende in eine Falle.’ Der gute Rath ward also befolgt, und ein Toͤpfchen mit Fett angekauft. Sie wußten aber nicht wo sie es hinstellen sollten, endlich nach langer Überlegung sprach die Katze ‘ich weiß keinen Ort, der sicherer waͤre als die Kirche, da getraut sich niemand etwas wegzunehmen, wir stellen es unter den Altar, und ruͤhren es nicht eher an als bis wir es noͤthig haben.’ Das Toͤpfchen ward also in Sicherheit gebracht, aber es dauerte nicht lange so trug die Katze Geluͤsten danach, und sprach zur Maus ‘was ich dir sagen wollte, Maͤuschen, ich bin von meiner Base zu Gevatter gebeten: sie hat ein Soͤhnchen zur Welt gebracht, weiß mit braunen Flecken, daß soll ich uͤber die Taufe halten. Laß mich ausgehen, und besorge du heute das Haus allein.’ ‘Ja, ja,’ antwortete die Maus, ‘geh in Gottes Namen

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[7/0038] 2. Katze und Maus in Gesellschaft. Eine Katze hatte Bekanntschaft mit einer Maus gemacht, und ihr so viel von der großen Liebe und Freundschaft vorgesagt, die sie zu ihr truͤge, daß die Maus endlich einwilligte mit ihr zusammen in einem Hause zu wohnen, und gemeinschaftliche Wirthschaft zu fuͤhren. ‘Aber fuͤr den Winter muͤssen wir Vorsorge tragen, sonst leiden wir Hunger,’ sagte die Katze, ‘du Maͤuschen kannst dich nicht uͤberall hinwagen, und geraͤthst mir am Ende in eine Falle.’ Der gute Rath ward also befolgt, und ein Toͤpfchen mit Fett angekauft. Sie wußten aber nicht wo sie es hinstellen sollten, endlich nach langer Überlegung sprach die Katze ‘ich weiß keinen Ort, der sicherer waͤre als die Kirche, da getraut sich niemand etwas wegzunehmen, wir stellen es unter den Altar, und ruͤhren es nicht eher an als bis wir es noͤthig haben.’ Das Toͤpfchen ward also in Sicherheit gebracht, aber es dauerte nicht lange so trug die Katze Geluͤsten danach, und sprach zur Maus ‘was ich dir sagen wollte, Maͤuschen, ich bin von meiner Base zu Gevatter gebeten: sie hat ein Soͤhnchen zur Welt gebracht, weiß mit braunen Flecken, daß soll ich uͤber die Taufe halten. Laß mich ausgehen, und besorge du heute das Haus allein.’ ‘Ja, ja,’ antwortete die Maus, ‘geh in Gottes Namen

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837/38>, abgerufen am 28.03.2024.