Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite

mit abgeschnitten würde: endlich ersah er seinen Vortheil, machte sich Luft, und sprang heraus.

Jn dem Hause aber, wo es ihm so übel ergangen war, wollte das Schneiderlein nicht länger mehr bleiben, sondern begab sich gleich wieder auf die Wanderung. Doch, als es durch ein Feld gieng, kam es einem Fuchs in den Weg, der schnappte es in Gedanken auf. 'Ei, Herr Fuchs,' riefs Schneiderlein, 'ich bins ja, der in eurem Hals steckt, laßt mich wieder frei.' 'Du hast recht,' antwortete der Fuchs, 'an dir hab ich doch so viel als nichts; versprichst du mir die Hühner in deines Vaters Hof, so will ich dich loslassen.' 'Von Herzen gern,' antwortete der Daumerling, 'die Hühner sollst du alle haben, das gelobe ich dir.' Da ließ ihn der Fuchs wieder los, und trug ihn selber heim. Als der Vater sein Söhnlein wieder sah, gab er dem Fuchs gerne die Hühner. 'Dafür bring ich dir auch ein schön Stück Geld mit' sprach der Daumerling zu seinem Vater, und reichte ihm den Kreuzer, den er auf seiner Wanderschaft erworben hatte.

'Warum hat aber der Fuchs die armen Piephühner zu fressen kriegt?' 'Ei, du Narr, deinem Vater wird ja wohl sein Kind lieber seyn als die Hühner auf dem Hof.'



mit abgeschnitten wuͤrde: endlich ersah er seinen Vortheil, machte sich Luft, und sprang heraus.

Jn dem Hause aber, wo es ihm so uͤbel ergangen war, wollte das Schneiderlein nicht laͤnger mehr bleiben, sondern begab sich gleich wieder auf die Wanderung. Doch, als es durch ein Feld gieng, kam es einem Fuchs in den Weg, der schnappte es in Gedanken auf. ‘Ei, Herr Fuchs,’ riefs Schneiderlein, ‘ich bins ja, der in eurem Hals steckt, laßt mich wieder frei.’ ‘Du hast recht,’ antwortete der Fuchs, ‘an dir hab ich doch so viel als nichts; versprichst du mir die Huͤhner in deines Vaters Hof, so will ich dich loslassen.’ ‘Von Herzen gern,’ antwortete der Daumerling, ‘die Huͤhner sollst du alle haben, das gelobe ich dir.’ Da ließ ihn der Fuchs wieder los, und trug ihn selber heim. Als der Vater sein Soͤhnlein wieder sah, gab er dem Fuchs gerne die Huͤhner. ‘Dafuͤr bring ich dir auch ein schoͤn Stuͤck Geld mit’ sprach der Daumerling zu seinem Vater, und reichte ihm den Kreuzer, den er auf seiner Wanderschaft erworben hatte.

‘Warum hat aber der Fuchs die armen Piephuͤhner zu fressen kriegt?’ ‘Ei, du Narr, deinem Vater wird ja wohl sein Kind lieber seyn als die Huͤhner auf dem Hof.’



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0300" n="269"/>
mit abgeschnitten wu&#x0364;rde: endlich ersah er seinen Vortheil, machte sich Luft, und sprang heraus.</p><lb/>
        <p>Jn dem Hause aber, wo es ihm so u&#x0364;bel ergangen war, wollte das Schneiderlein nicht la&#x0364;nger mehr bleiben, sondern begab sich gleich wieder auf die Wanderung. Doch, als es durch ein Feld gieng, kam es einem Fuchs in den Weg, der schnappte es in Gedanken auf. &#x2018;Ei, Herr Fuchs,&#x2019; riefs Schneiderlein, &#x2018;ich bins ja, der in eurem Hals steckt, laßt mich wieder frei.&#x2019; &#x2018;Du hast recht,&#x2019; antwortete der Fuchs, &#x2018;an dir hab ich doch so viel als nichts; versprichst du mir die Hu&#x0364;hner in deines Vaters Hof, so will ich dich loslassen.&#x2019; &#x2018;Von Herzen gern,&#x2019; antwortete der Daumerling, &#x2018;die Hu&#x0364;hner sollst du alle haben, das gelobe ich dir.&#x2019; Da ließ ihn der Fuchs wieder los, und trug ihn selber heim. Als der Vater sein So&#x0364;hnlein wieder sah, gab er dem Fuchs gerne die Hu&#x0364;hner. &#x2018;Dafu&#x0364;r bring ich dir auch ein scho&#x0364;n Stu&#x0364;ck Geld mit&#x2019; sprach der Daumerling zu seinem Vater, und reichte ihm den Kreuzer, den er auf seiner Wanderschaft erworben hatte.</p><lb/>
        <p>&#x2018;Warum hat aber der Fuchs die armen Piephu&#x0364;hner zu fressen kriegt?&#x2019; &#x2018;Ei, du Narr, deinem Vater wird ja wohl sein Kind lieber seyn als die Hu&#x0364;hner auf dem Hof.&#x2019;</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[269/0300] mit abgeschnitten wuͤrde: endlich ersah er seinen Vortheil, machte sich Luft, und sprang heraus. Jn dem Hause aber, wo es ihm so uͤbel ergangen war, wollte das Schneiderlein nicht laͤnger mehr bleiben, sondern begab sich gleich wieder auf die Wanderung. Doch, als es durch ein Feld gieng, kam es einem Fuchs in den Weg, der schnappte es in Gedanken auf. ‘Ei, Herr Fuchs,’ riefs Schneiderlein, ‘ich bins ja, der in eurem Hals steckt, laßt mich wieder frei.’ ‘Du hast recht,’ antwortete der Fuchs, ‘an dir hab ich doch so viel als nichts; versprichst du mir die Huͤhner in deines Vaters Hof, so will ich dich loslassen.’ ‘Von Herzen gern,’ antwortete der Daumerling, ‘die Huͤhner sollst du alle haben, das gelobe ich dir.’ Da ließ ihn der Fuchs wieder los, und trug ihn selber heim. Als der Vater sein Soͤhnlein wieder sah, gab er dem Fuchs gerne die Huͤhner. ‘Dafuͤr bring ich dir auch ein schoͤn Stuͤck Geld mit’ sprach der Daumerling zu seinem Vater, und reichte ihm den Kreuzer, den er auf seiner Wanderschaft erworben hatte. ‘Warum hat aber der Fuchs die armen Piephuͤhner zu fressen kriegt?’ ‘Ei, du Narr, deinem Vater wird ja wohl sein Kind lieber seyn als die Huͤhner auf dem Hof.’

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Göttinger Digitalisierungszentrum: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-06-15T16:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837/300
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837/300>, abgerufen am 28.03.2024.