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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 4. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1840.

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31.
Das Mädchen ohne Hände.

Ein Müller war nach und nach in Armuth gerathen, und hatte nichts mehr als seine Mühle und einen großen Apfelbaum dahinter. Einmal war er in den Wald gegangen Holz zu holen, da trat ein alter Mann zu ihm, den er noch niemals gesehen hatte, und sprach 'was quälst du dich mit Holzhacken, ich will dich reich machen, wenn du mir versprichst was hinter deiner Mühle steht.' 'Was kann das anders sein als mein Apfelbaum?' dachte der Müller, sagte ja, und verschrieb es dem fremden Manne. Der aber lachte höhnisch, und sagte 'nach drei Jahren will ich kommen und es abholen,' und gieng fort. Als der Müller nach Haus kam, trat ihm seine Frau entgegen, und sprach 'ei, Müller, woher kommt der plötzliche Reichthum in unser Haus? auf einmal sind alle Kisten und Kasten voll, kein Mensch hats hereingebracht, und ich weiß nicht wie es zugegangen ist.' Er antwortete, 'das kommt von einem fremden Manne, der mir im Walde begegnet ist, und mir große Schätze verheißen hat: ich habe ihm dagegen verschrieben was hinter der Mühle steht; den großen Apfelbaum können wir wohl dafür geben.' 'Ach, Mann,' sagte die Frau erschrocken, 'das ist der Teufel gewesen: den Apfelbaum hat er nicht gemeint, sondern unsere Tochter, die stand hinter der Mühle, und kehrte den Hof.'

31.
Das Mädchen ohne Hände.

Ein Müller war nach und nach in Armuth gerathen, und hatte nichts mehr als seine Mühle und einen großen Apfelbaum dahinter. Einmal war er in den Wald gegangen Holz zu holen, da trat ein alter Mann zu ihm, den er noch niemals gesehen hatte, und sprach ‘was quälst du dich mit Holzhacken, ich will dich reich machen, wenn du mir versprichst was hinter deiner Mühle steht.’ ‘Was kann das anders sein als mein Apfelbaum?’ dachte der Müller, sagte ja, und verschrieb es dem fremden Manne. Der aber lachte höhnisch, und sagte ‘nach drei Jahren will ich kommen und es abholen,’ und gieng fort. Als der Müller nach Haus kam, trat ihm seine Frau entgegen, und sprach ‘ei, Müller, woher kommt der plötzliche Reichthum in unser Haus? auf einmal sind alle Kisten und Kasten voll, kein Mensch hats hereingebracht, und ich weiß nicht wie es zugegangen ist.’ Er antwortete, ‘das kommt von einem fremden Manne, der mir im Walde begegnet ist, und mir große Schätze verheißen hat: ich habe ihm dagegen verschrieben was hinter der Mühle steht; den großen Apfelbaum können wir wohl dafür geben.’ ‘Ach, Mann,’ sagte die Frau erschrocken, ‘das ist der Teufel gewesen: den Apfelbaum hat er nicht gemeint, sondern unsere Tochter, die stand hinter der Mühle, und kehrte den Hof.’

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[189/0238] 31. Das Mädchen ohne Hände. Ein Müller war nach und nach in Armuth gerathen, und hatte nichts mehr als seine Mühle und einen großen Apfelbaum dahinter. Einmal war er in den Wald gegangen Holz zu holen, da trat ein alter Mann zu ihm, den er noch niemals gesehen hatte, und sprach ‘was quälst du dich mit Holzhacken, ich will dich reich machen, wenn du mir versprichst was hinter deiner Mühle steht.’ ‘Was kann das anders sein als mein Apfelbaum?’ dachte der Müller, sagte ja, und verschrieb es dem fremden Manne. Der aber lachte höhnisch, und sagte ‘nach drei Jahren will ich kommen und es abholen,’ und gieng fort. Als der Müller nach Haus kam, trat ihm seine Frau entgegen, und sprach ‘ei, Müller, woher kommt der plötzliche Reichthum in unser Haus? auf einmal sind alle Kisten und Kasten voll, kein Mensch hats hereingebracht, und ich weiß nicht wie es zugegangen ist.’ Er antwortete, ‘das kommt von einem fremden Manne, der mir im Walde begegnet ist, und mir große Schätze verheißen hat: ich habe ihm dagegen verschrieben was hinter der Mühle steht; den großen Apfelbaum können wir wohl dafür geben.’ ‘Ach, Mann,’ sagte die Frau erschrocken, ‘das ist der Teufel gewesen: den Apfelbaum hat er nicht gemeint, sondern unsere Tochter, die stand hinter der Mühle, und kehrte den Hof.’

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 4. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1840, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1840/238>, abgerufen am 28.03.2024.