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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815.

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in dem Schloß, das war viel größer, als ihres
Vaters Schloß. Weil aber der Alte jammerte,
daß er allein bleiben sollte, so fuhren sie weg und
holten ihn zu sich und hatten zwei Königreiche
und lebten in gutem Ehestand.

42.
Die faule Spinnerin.

Auf einem Dorfe lebte ein Mann und eine
Frau, und die Frau war so faul, daß sie immer
nichts arbeiten wollte und was ihr der Mann zu
spinnen gab, das spann sie nicht fertig und was
sie auch spann, haspelte sie nicht, sondern ließ alles
auf dem Klauel gewickelt liegen. Schalt sie nun
der Mann, so war sie mit ihrem Maul doch vor-
nen und sprach: "ei, wie sollt' ich haspeln, da
ich keinen Haspel habe, geh du erst in den Wald
und schaff' mir einen." "Wenn's daran liegt,
sagte der Mann, so will ich in den Wald gehen
und Haspelholz holen. Da fürchtete sich die Frau,
wenn er das Holz hätte, daß er daraus einen
Haspel machte und sie da abhaspeln und dann
frisch spinnen müßte. Sie besann sich ein Bis-
chen, da kam ihr ein guter Einfall und sie lief
dem Manne heimlich nach in den Wald. Wie er
nun auf einen Baum gestiegen war, das Holz
auszulesen und zu hauen, schlich sie darunter in

in dem Schloß, das war viel groͤßer, als ihres
Vaters Schloß. Weil aber der Alte jammerte,
daß er allein bleiben ſollte, ſo fuhren ſie weg und
holten ihn zu ſich und hatten zwei Koͤnigreiche
und lebten in gutem Eheſtand.

42.
Die faule Spinnerin.

Auf einem Dorfe lebte ein Mann und eine
Frau, und die Frau war ſo faul, daß ſie immer
nichts arbeiten wollte und was ihr der Mann zu
ſpinnen gab, das ſpann ſie nicht fertig und was
ſie auch ſpann, haſpelte ſie nicht, ſondern ließ alles
auf dem Klauel gewickelt liegen. Schalt ſie nun
der Mann, ſo war ſie mit ihrem Maul doch vor-
nen und ſprach: „ei, wie ſollt’ ich haſpeln, da
ich keinen Haſpel habe, geh du erſt in den Wald
und ſchaff’ mir einen.“ „Wenn’s daran liegt,
ſagte der Mann, ſo will ich in den Wald gehen
und Haſpelholz holen. Da fuͤrchtete ſich die Frau,
wenn er das Holz haͤtte, daß er daraus einen
Haſpel machte und ſie da abhaſpeln und dann
friſch ſpinnen muͤßte. Sie beſann ſich ein Bis-
chen, da kam ihr ein guter Einfall und ſie lief
dem Manne heimlich nach in den Wald. Wie er
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[220/0241] in dem Schloß, das war viel groͤßer, als ihres Vaters Schloß. Weil aber der Alte jammerte, daß er allein bleiben ſollte, ſo fuhren ſie weg und holten ihn zu ſich und hatten zwei Koͤnigreiche und lebten in gutem Eheſtand. 42. Die faule Spinnerin. Auf einem Dorfe lebte ein Mann und eine Frau, und die Frau war ſo faul, daß ſie immer nichts arbeiten wollte und was ihr der Mann zu ſpinnen gab, das ſpann ſie nicht fertig und was ſie auch ſpann, haſpelte ſie nicht, ſondern ließ alles auf dem Klauel gewickelt liegen. Schalt ſie nun der Mann, ſo war ſie mit ihrem Maul doch vor- nen und ſprach: „ei, wie ſollt’ ich haſpeln, da ich keinen Haſpel habe, geh du erſt in den Wald und ſchaff’ mir einen.“ „Wenn’s daran liegt, ſagte der Mann, ſo will ich in den Wald gehen und Haſpelholz holen. Da fuͤrchtete ſich die Frau, wenn er das Holz haͤtte, daß er daraus einen Haſpel machte und ſie da abhaſpeln und dann friſch ſpinnen muͤßte. Sie beſann ſich ein Bis- chen, da kam ihr ein guter Einfall und ſie lief dem Manne heimlich nach in den Wald. Wie er nun auf einen Baum geſtiegen war, das Holz auszuleſen und zu hauen, ſchlich ſie darunter in

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/241>, abgerufen am 25.04.2024.