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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815.

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schlucht und konnte nicht vorwärts und rückwärts.
So gehts aber den Hochmüthigen.

Wie nun der zweite Prinz ausblieb, sagte
der jüngste, er wollte ausziehen und das Wasser
holen und der König mußt' ihn endlich auch gehen
lassen. Wie er nun den Zwerg auf dem Wege
fand, und der fragte: wohinaus so geschwind?"
so antwortete er ihm: "ich suche das Wasser des
Lebens, weil mein Vater sterbenskrank ist." --
"Weißt du denn, wo das zu finden ist?" "Nein,"
sagte der Prinz. "So will ich dir's sagen, weil
du mir ordentlich Rede gestanden hast; es quillt
aus einem Brunnen, in einem verwünschten
Schloß, und damit du dazu gelangst, geb' ich dir
da eine eiserne Ruthe und zwei Laiberchen Brot,
mit der Ruthe schlag dreimal an das eiserne Thor
vom Schloß, so wird es aufspringen; inwen-
dig werden dann zwei Löwen liegen und den
Rachen aufsperren, wenn du ihnen aber das Brot
hin einwirfst, wirst du sie stillen, und dann eil'
dich und hol' von dem Wasser des Lebens, eh' es
zwölf schlägt, sonst geht das Thor wieder zu und
du bist eingesperrt." Da dankte ihm der Prinz
und nahm die Ruthe und das Brot, ging hin
und war da alles, wie der Zwerg gesagt hatte.
Als die Löwen gesänftigt waren, ging er in das
Schloß hinein und fand einen großen schönen
Saal, und darin verwünschte Prinzen, denen zog
er die Ringe ab; und dann nahm er ein Schwert,

Kindermärchen II. F

ſchlucht und konnte nicht vorwaͤrts und ruͤckwaͤrts.
So gehts aber den Hochmuͤthigen.

Wie nun der zweite Prinz ausblieb, ſagte
der juͤngſte, er wollte ausziehen und das Waſſer
holen und der Koͤnig mußt’ ihn endlich auch gehen
laſſen. Wie er nun den Zwerg auf dem Wege
fand, und der fragte: wohinaus ſo geſchwind?“
ſo antwortete er ihm: „ich ſuche das Waſſer des
Lebens, weil mein Vater ſterbenskrank iſt.“ —
„Weißt du denn, wo das zu finden iſt?“ „Nein,“
ſagte der Prinz. „So will ich dir’s ſagen, weil
du mir ordentlich Rede geſtanden haſt; es quillt
aus einem Brunnen, in einem verwuͤnſchten
Schloß, und damit du dazu gelangſt, geb’ ich dir
da eine eiſerne Ruthe und zwei Laiberchen Brot,
mit der Ruthe ſchlag dreimal an das eiſerne Thor
vom Schloß, ſo wird es aufſpringen; inwen-
dig werden dann zwei Loͤwen liegen und den
Rachen aufſperren, wenn du ihnen aber das Brot
hin einwirfſt, wirſt du ſie ſtillen, und dann eil’
dich und hol’ von dem Waſſer des Lebens, eh’ es
zwoͤlf ſchlaͤgt, ſonſt geht das Thor wieder zu und
du biſt eingeſperrt.“ Da dankte ihm der Prinz
und nahm die Ruthe und das Brot, ging hin
und war da alles, wie der Zwerg geſagt hatte.
Als die Loͤwen geſaͤnftigt waren, ging er in das
Schloß hinein und fand einen großen ſchoͤnen
Saal, und darin verwuͤnſchte Prinzen, denen zog
er die Ringe ab; und dann nahm er ein Schwert,

Kindermaͤrchen II. F
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[81/0102] ſchlucht und konnte nicht vorwaͤrts und ruͤckwaͤrts. So gehts aber den Hochmuͤthigen. Wie nun der zweite Prinz ausblieb, ſagte der juͤngſte, er wollte ausziehen und das Waſſer holen und der Koͤnig mußt’ ihn endlich auch gehen laſſen. Wie er nun den Zwerg auf dem Wege fand, und der fragte: wohinaus ſo geſchwind?“ ſo antwortete er ihm: „ich ſuche das Waſſer des Lebens, weil mein Vater ſterbenskrank iſt.“ — „Weißt du denn, wo das zu finden iſt?“ „Nein,“ ſagte der Prinz. „So will ich dir’s ſagen, weil du mir ordentlich Rede geſtanden haſt; es quillt aus einem Brunnen, in einem verwuͤnſchten Schloß, und damit du dazu gelangſt, geb’ ich dir da eine eiſerne Ruthe und zwei Laiberchen Brot, mit der Ruthe ſchlag dreimal an das eiſerne Thor vom Schloß, ſo wird es aufſpringen; inwen- dig werden dann zwei Loͤwen liegen und den Rachen aufſperren, wenn du ihnen aber das Brot hin einwirfſt, wirſt du ſie ſtillen, und dann eil’ dich und hol’ von dem Waſſer des Lebens, eh’ es zwoͤlf ſchlaͤgt, ſonſt geht das Thor wieder zu und du biſt eingeſperrt.“ Da dankte ihm der Prinz und nahm die Ruthe und das Brot, ging hin und war da alles, wie der Zwerg geſagt hatte. Als die Loͤwen geſaͤnftigt waren, ging er in das Schloß hinein und fand einen großen ſchoͤnen Saal, und darin verwuͤnſchte Prinzen, denen zog er die Ringe ab; und dann nahm er ein Schwert, Kindermaͤrchen II. F

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/102>, abgerufen am 25.04.2024.