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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815.

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unter läg', es waren aber Krebse. Der Bauer
sah' die Schüssel an, wußt' nicht, wie er sich hel-
fen sollte und sprach: "ach ich armer Krebs!"
Wie der Herr das hörte, rief er: "da! er weiß
es, nun weiß er auch wer das Geld hat.

Dem Bedienten aber ward gewaltig angst
und er blinzelte den Doctor an, er mögt' einmal
herauskommen. Wie er nun hinauskam, gestan-
den sie ihm alle vier, sie hätten das Geld gestohlen,
sie wollten's ja gern herausgeben und ihm eine
schwere Summe dazu, wenn er sie nicht verrathen
wollte; es ging ihnen sonst an den Hals. Sie
führten ihn auch hin, wo das Geld versteckt lag.
Damit war der Doctor zufrieden, ging wieder
hinein und sprach: "Herr nun will ich in mei-
nem Buch suchen, wo das Geld steckt." Der
fünfte Bediente aber kroch in den Ofen, und wollt'
hören, ob der Doctor noch mehr wüßte. Er saß
aber und schlug sein Abcbuch auf, blätterte darin
hin und her und suchte den Göckelhahn, weil er
ihn nun nicht gleich finden konnte, sprach er: "du
bist doch darin und mußt auch heraus." Da
meinte der im Ofen, er wär' gemeint, sprang vol-
ler Schrecken heraus und rief: "der Mann weiß
alles!" Nun zeigte der Doctor Allwissend dem
Herrn, wo das Geld lag, sagte aber nicht, wer's
gestohlen hatte, bekam von beiden Seiten viel Geld
zur Belohnung und ward ein berühmter Mann.

unter laͤg’, es waren aber Krebſe. Der Bauer
ſah’ die Schuͤſſel an, wußt’ nicht, wie er ſich hel-
fen ſollte und ſprach: „ach ich armer Krebs!“
Wie der Herr das hoͤrte, rief er: „da! er weiß
es, nun weiß er auch wer das Geld hat.

Dem Bedienten aber ward gewaltig angſt
und er blinzelte den Doctor an, er moͤgt’ einmal
herauskommen. Wie er nun hinauskam, geſtan-
den ſie ihm alle vier, ſie haͤtten das Geld geſtohlen,
ſie wollten’s ja gern herausgeben und ihm eine
ſchwere Summe dazu, wenn er ſie nicht verrathen
wollte; es ging ihnen ſonſt an den Hals. Sie
fuͤhrten ihn auch hin, wo das Geld verſteckt lag.
Damit war der Doctor zufrieden, ging wieder
hinein und ſprach: „Herr nun will ich in mei-
nem Buch ſuchen, wo das Geld ſteckt.“ Der
fuͤnfte Bediente aber kroch in den Ofen, und wollt’
hoͤren, ob der Doctor noch mehr wuͤßte. Er ſaß
aber und ſchlug ſein Abcbuch auf, blaͤtterte darin
hin und her und ſuchte den Goͤckelhahn, weil er
ihn nun nicht gleich finden konnte, ſprach er: „du
biſt doch darin und mußt auch heraus.“ Da
meinte der im Ofen, er waͤr’ gemeint, ſprang vol-
ler Schrecken heraus und rief: „der Mann weiß
alles!“ Nun zeigte der Doctor Allwiſſend dem
Herrn, wo das Geld lag, ſagte aber nicht, wer’s
geſtohlen hatte, bekam von beiden Seiten viel Geld
zur Belohnung und ward ein beruͤhmter Mann.

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[90/0111] unter laͤg’, es waren aber Krebſe. Der Bauer ſah’ die Schuͤſſel an, wußt’ nicht, wie er ſich hel- fen ſollte und ſprach: „ach ich armer Krebs!“ Wie der Herr das hoͤrte, rief er: „da! er weiß es, nun weiß er auch wer das Geld hat. Dem Bedienten aber ward gewaltig angſt und er blinzelte den Doctor an, er moͤgt’ einmal herauskommen. Wie er nun hinauskam, geſtan- den ſie ihm alle vier, ſie haͤtten das Geld geſtohlen, ſie wollten’s ja gern herausgeben und ihm eine ſchwere Summe dazu, wenn er ſie nicht verrathen wollte; es ging ihnen ſonſt an den Hals. Sie fuͤhrten ihn auch hin, wo das Geld verſteckt lag. Damit war der Doctor zufrieden, ging wieder hinein und ſprach: „Herr nun will ich in mei- nem Buch ſuchen, wo das Geld ſteckt.“ Der fuͤnfte Bediente aber kroch in den Ofen, und wollt’ hoͤren, ob der Doctor noch mehr wuͤßte. Er ſaß aber und ſchlug ſein Abcbuch auf, blaͤtterte darin hin und her und ſuchte den Goͤckelhahn, weil er ihn nun nicht gleich finden konnte, ſprach er: „du biſt doch darin und mußt auch heraus.“ Da meinte der im Ofen, er waͤr’ gemeint, ſprang vol- ler Schrecken heraus und rief: „der Mann weiß alles!“ Nun zeigte der Doctor Allwiſſend dem Herrn, wo das Geld lag, ſagte aber nicht, wer’s geſtohlen hatte, bekam von beiden Seiten viel Geld zur Belohnung und ward ein beruͤhmter Mann.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/111>, abgerufen am 23.04.2024.