Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815.

Bild:
<< vorherige Seite

saßen, flatterte auch bald etwas über ihren Häup-
tern und kamen die drei Krähen. Die eine sprach
zur andern: "hört Schwestern, es muß uns
jemand behorcht haben, denn die Prinzessin ist
gesund, die Kröte ist fort aus dem Teich, ein
Blinder ist sehend geworden und in der Stadt ha-
ben sie einen frischen Brunnen gegraben, kommt,
laßt uns suchen, vielleicht finden wir ihn." Da
flatterten sie herab und fanden die beiden und eh'
sie sich helfen konnten, saßen sie ihnen auf dem
Kopf und hackten ihnen die Augen aus und hack-
ten weiter so lange in's Gesicht, bis sie ganz todt
waren. Da blieben sie liegen unter dem Galgen.
Als sie nun in ein paar Tagen nicht wieder ka-
men, dachte ihr ehemaliger Kammerad, wo mögen
die zwei herumirren und ging hinaus, sie zu
suchen. Da fand er aber nichts mehr, als ihre
Gebeine, die trug er vom Galgen weg und legte
sie in ein Grab.

22.
Hans mein Igel.

Es war ein reicher Bauer, der hatte mit
seiner Frau keine Kinder; öfters, wenn er mit
den andern Bauern in die Stadt ging, spotteten
sie ihn und fragten, warum er keine Kinder hätte.
Da ward er einmal zornig und als er nach Haus

ſaßen, flatterte auch bald etwas uͤber ihren Haͤup-
tern und kamen die drei Kraͤhen. Die eine ſprach
zur andern: „hoͤrt Schweſtern, es muß uns
jemand behorcht haben, denn die Prinzeſſin iſt
geſund, die Kroͤte iſt fort aus dem Teich, ein
Blinder iſt ſehend geworden und in der Stadt ha-
ben ſie einen friſchen Brunnen gegraben, kommt,
laßt uns ſuchen, vielleicht finden wir ihn.“ Da
flatterten ſie herab und fanden die beiden und eh’
ſie ſich helfen konnten, ſaßen ſie ihnen auf dem
Kopf und hackten ihnen die Augen aus und hack-
ten weiter ſo lange in’s Geſicht, bis ſie ganz todt
waren. Da blieben ſie liegen unter dem Galgen.
Als ſie nun in ein paar Tagen nicht wieder ka-
men, dachte ihr ehemaliger Kammerad, wo moͤgen
die zwei herumirren und ging hinaus, ſie zu
ſuchen. Da fand er aber nichts mehr, als ihre
Gebeine, die trug er vom Galgen weg und legte
ſie in ein Grab.

22.
Hans mein Igel.

Es war ein reicher Bauer, der hatte mit
ſeiner Frau keine Kinder; oͤfters, wenn er mit
den andern Bauern in die Stadt ging, ſpotteten
ſie ihn und fragten, warum er keine Kinder haͤtte.
Da ward er einmal zornig und als er nach Haus

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0145" n="124"/>
&#x017F;aßen, flatterte auch bald etwas u&#x0364;ber ihren Ha&#x0364;up-<lb/>
tern und kamen die drei Kra&#x0364;hen. Die eine &#x017F;prach<lb/>
zur andern: &#x201E;ho&#x0364;rt Schwe&#x017F;tern, es muß uns<lb/>
jemand behorcht haben, denn die Prinze&#x017F;&#x017F;in i&#x017F;t<lb/>
ge&#x017F;und, die Kro&#x0364;te i&#x017F;t fort aus dem Teich, ein<lb/>
Blinder i&#x017F;t &#x017F;ehend geworden und in der Stadt ha-<lb/>
ben &#x017F;ie einen fri&#x017F;chen Brunnen gegraben, kommt,<lb/>
laßt uns &#x017F;uchen, vielleicht finden wir ihn.&#x201C; Da<lb/>
flatterten &#x017F;ie herab und fanden die beiden und eh&#x2019;<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich helfen konnten, &#x017F;aßen &#x017F;ie ihnen auf dem<lb/>
Kopf und hackten ihnen die Augen aus und hack-<lb/>
ten weiter &#x017F;o lange in&#x2019;s Ge&#x017F;icht, bis &#x017F;ie ganz todt<lb/>
waren. Da blieben &#x017F;ie liegen unter dem Galgen.<lb/>
Als &#x017F;ie nun in ein paar Tagen nicht wieder ka-<lb/>
men, dachte ihr ehemaliger Kammerad, wo mo&#x0364;gen<lb/>
die zwei herumirren und ging hinaus, &#x017F;ie zu<lb/>
&#x017F;uchen. Da fand er aber nichts mehr, als ihre<lb/>
Gebeine, die trug er vom Galgen weg und legte<lb/>
&#x017F;ie in ein Grab.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head>22.<lb/><hi rendition="#g">Hans mein Igel</hi>.</head><lb/>
        <p>Es war ein reicher Bauer, der hatte mit<lb/>
&#x017F;einer Frau keine Kinder; o&#x0364;fters, wenn er mit<lb/>
den andern Bauern in die Stadt ging, &#x017F;potteten<lb/>
&#x017F;ie ihn und fragten, warum er keine Kinder ha&#x0364;tte.<lb/>
Da ward er einmal zornig und als er nach Haus<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[124/0145] ſaßen, flatterte auch bald etwas uͤber ihren Haͤup- tern und kamen die drei Kraͤhen. Die eine ſprach zur andern: „hoͤrt Schweſtern, es muß uns jemand behorcht haben, denn die Prinzeſſin iſt geſund, die Kroͤte iſt fort aus dem Teich, ein Blinder iſt ſehend geworden und in der Stadt ha- ben ſie einen friſchen Brunnen gegraben, kommt, laßt uns ſuchen, vielleicht finden wir ihn.“ Da flatterten ſie herab und fanden die beiden und eh’ ſie ſich helfen konnten, ſaßen ſie ihnen auf dem Kopf und hackten ihnen die Augen aus und hack- ten weiter ſo lange in’s Geſicht, bis ſie ganz todt waren. Da blieben ſie liegen unter dem Galgen. Als ſie nun in ein paar Tagen nicht wieder ka- men, dachte ihr ehemaliger Kammerad, wo moͤgen die zwei herumirren und ging hinaus, ſie zu ſuchen. Da fand er aber nichts mehr, als ihre Gebeine, die trug er vom Galgen weg und legte ſie in ein Grab. 22. Hans mein Igel. Es war ein reicher Bauer, der hatte mit ſeiner Frau keine Kinder; oͤfters, wenn er mit den andern Bauern in die Stadt ging, ſpotteten ſie ihn und fragten, warum er keine Kinder haͤtte. Da ward er einmal zornig und als er nach Haus

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/145
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/145>, abgerufen am 19.04.2024.