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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815.

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aber findet nicht Böses heraus, sondern nur,
wie ein schönes Wort sagt: ein Zeugniß un-
seres Herzens. Kinder deuten ohne Furcht in
die Sterne, während andere nach dem Volks-
glauben Engel damit beleidigen.

Abweichungen, so wie allerlei hierher ge-
hörige Anmerkungen haben wir wieder im
Anhang mitgetheilt; wem diese Dinge gleich-
gültig sind, wird das Ueberschlagen leichter
werden, als uns gerade das Uebergehen wäre;
sie gehören zum Buch insofern es ein Beitrag
zur Geschichte der deutschen Volksdichtung ist.
Alle Abweichungen namentlich erscheinen uns
merkwürdiger als denen, welche darin blos
Abänderungen oder Entstellungen eines wirk-
lich einmal da gewesenen Urbildes sehen, da
es im Gegentheil vielleicht nur Versuche sind,
einem im Geist blos vorhandenen, unerschöpf-
lichen, auf mannichfachen Wegen sich zu nä-
hern. Wiederholungen einzelner Sätze, Züge,
und Einleitungen sind wie epische Zeilen zu
betrachten, die, sobald der Ton sich rührt, der
sie anschlägt, immer wiederkehren und eigent-
lich in einem andern Sinne nicht zu verstehen.

aber findet nicht Boͤſes heraus, ſondern nur,
wie ein ſchoͤnes Wort ſagt: ein Zeugniß un-
ſeres Herzens. Kinder deuten ohne Furcht in
die Sterne, waͤhrend andere nach dem Volks-
glauben Engel damit beleidigen.

Abweichungen, ſo wie allerlei hierher ge-
hoͤrige Anmerkungen haben wir wieder im
Anhang mitgetheilt; wem dieſe Dinge gleich-
guͤltig ſind, wird das Ueberſchlagen leichter
werden, als uns gerade das Uebergehen waͤre;
ſie gehoͤren zum Buch inſofern es ein Beitrag
zur Geſchichte der deutſchen Volksdichtung iſt.
Alle Abweichungen namentlich erſcheinen uns
merkwuͤrdiger als denen, welche darin blos
Abaͤnderungen oder Entſtellungen eines wirk-
lich einmal da geweſenen Urbildes ſehen, da
es im Gegentheil vielleicht nur Verſuche ſind,
einem im Geiſt blos vorhandenen, unerſchoͤpf-
lichen, auf mannichfachen Wegen ſich zu naͤ-
hern. Wiederholungen einzelner Saͤtze, Zuͤge,
und Einleitungen ſind wie epiſche Zeilen zu
betrachten, die, ſobald der Ton ſich ruͤhrt, der
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[X/0015] aber findet nicht Boͤſes heraus, ſondern nur, wie ein ſchoͤnes Wort ſagt: ein Zeugniß un- ſeres Herzens. Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, waͤhrend andere nach dem Volks- glauben Engel damit beleidigen. Abweichungen, ſo wie allerlei hierher ge- hoͤrige Anmerkungen haben wir wieder im Anhang mitgetheilt; wem dieſe Dinge gleich- guͤltig ſind, wird das Ueberſchlagen leichter werden, als uns gerade das Uebergehen waͤre; ſie gehoͤren zum Buch inſofern es ein Beitrag zur Geſchichte der deutſchen Volksdichtung iſt. Alle Abweichungen namentlich erſcheinen uns merkwuͤrdiger als denen, welche darin blos Abaͤnderungen oder Entſtellungen eines wirk- lich einmal da geweſenen Urbildes ſehen, da es im Gegentheil vielleicht nur Verſuche ſind, einem im Geiſt blos vorhandenen, unerſchoͤpf- lichen, auf mannichfachen Wegen ſich zu naͤ- hern. Wiederholungen einzelner Saͤtze, Zuͤge, und Einleitungen ſind wie epiſche Zeilen zu betrachten, die, ſobald der Ton ſich ruͤhrt, der ſie anſchlaͤgt, immer wiederkehren und eigent- lich in einem andern Sinne nicht zu verſtehen.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. X. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/15>, abgerufen am 25.04.2024.