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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815.

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gen und war froh, daß Hans mein Igel nicht
wieder kommen wollte.

Hans mein Igel ritt fort in das erste Kö-
nigreich, da hatte der König befohlen, wenn einer
käme auf einem Hahn geritten und hätte einen
Dudelsack bei sich, dann sollten alle auf ihn schie-
ßen, hauen und stechen, damit er nicht in's Schloß
käme. Als nun Hans mein Igel daher geritten
kam, drangen sie mit den Bajonetten auf ihn
ein, er aber gab dem Hahn die Sporn, flog auf,
über das Thor hin vor des Königs Fenster, setzte
sich da und rief ihm zu: "sollt' ihm geben, was
er versprochen hätte, sonst so wollt' er ihm und
seiner Tochter das Leben nehmen." Da gab der
König der Prinzessin gute Worte, sie möchte zu
ihm hinaus gehen, damit sie ihm und sich das
Leben rettete. Da zog sie sich weiß an und ihr
Vater gab ihr einen Wagen mit sechs Pferden
und herrliche Bedienten, Geld und Gut; sie setzte
sich ein und Hans mein Igel mit seinem Hahn
und Dudelsack neben sie, dann nahmen sie Ab-
schied und zogen fort und der König dachte, er
kriegte sie nicht wieder zu sehen. Es ging aber
anders als er dachte, denn als sie ein Stück Wegs
von der Stadt waren, da zog sie Hans mein Igel
aus und stach sie mit seiner Igelhaut bis sie ganz
blutig war, sagte: "das ist der Lohn für eure
Falschheit, geh' hin, ich will dich nicht," und

gen und war froh, daß Hans mein Igel nicht
wieder kommen wollte.

Hans mein Igel ritt fort in das erſte Koͤ-
nigreich, da hatte der Koͤnig befohlen, wenn einer
kaͤme auf einem Hahn geritten und haͤtte einen
Dudelſack bei ſich, dann ſollten alle auf ihn ſchie-
ßen, hauen und ſtechen, damit er nicht in’s Schloß
kaͤme. Als nun Hans mein Igel daher geritten
kam, drangen ſie mit den Bajonetten auf ihn
ein, er aber gab dem Hahn die Sporn, flog auf,
uͤber das Thor hin vor des Koͤnigs Fenſter, ſetzte
ſich da und rief ihm zu: „ſollt’ ihm geben, was
er verſprochen haͤtte, ſonſt ſo wollt’ er ihm und
ſeiner Tochter das Leben nehmen.“ Da gab der
Koͤnig der Prinzeſſin gute Worte, ſie moͤchte zu
ihm hinaus gehen, damit ſie ihm und ſich das
Leben rettete. Da zog ſie ſich weiß an und ihr
Vater gab ihr einen Wagen mit ſechs Pferden
und herrliche Bedienten, Geld und Gut; ſie ſetzte
ſich ein und Hans mein Igel mit ſeinem Hahn
und Dudelſack neben ſie, dann nahmen ſie Ab-
ſchied und zogen fort und der Koͤnig dachte, er
kriegte ſie nicht wieder zu ſehen. Es ging aber
anders als er dachte, denn als ſie ein Stuͤck Wegs
von der Stadt waren, da zog ſie Hans mein Igel
aus und ſtach ſie mit ſeiner Igelhaut bis ſie ganz
blutig war, ſagte: „das iſt der Lohn fuͤr eure
Falſchheit, geh’ hin, ich will dich nicht,“ und

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[130/0151] gen und war froh, daß Hans mein Igel nicht wieder kommen wollte. Hans mein Igel ritt fort in das erſte Koͤ- nigreich, da hatte der Koͤnig befohlen, wenn einer kaͤme auf einem Hahn geritten und haͤtte einen Dudelſack bei ſich, dann ſollten alle auf ihn ſchie- ßen, hauen und ſtechen, damit er nicht in’s Schloß kaͤme. Als nun Hans mein Igel daher geritten kam, drangen ſie mit den Bajonetten auf ihn ein, er aber gab dem Hahn die Sporn, flog auf, uͤber das Thor hin vor des Koͤnigs Fenſter, ſetzte ſich da und rief ihm zu: „ſollt’ ihm geben, was er verſprochen haͤtte, ſonſt ſo wollt’ er ihm und ſeiner Tochter das Leben nehmen.“ Da gab der Koͤnig der Prinzeſſin gute Worte, ſie moͤchte zu ihm hinaus gehen, damit ſie ihm und ſich das Leben rettete. Da zog ſie ſich weiß an und ihr Vater gab ihr einen Wagen mit ſechs Pferden und herrliche Bedienten, Geld und Gut; ſie ſetzte ſich ein und Hans mein Igel mit ſeinem Hahn und Dudelſack neben ſie, dann nahmen ſie Ab- ſchied und zogen fort und der Koͤnig dachte, er kriegte ſie nicht wieder zu ſehen. Es ging aber anders als er dachte, denn als ſie ein Stuͤck Wegs von der Stadt waren, da zog ſie Hans mein Igel aus und ſtach ſie mit ſeiner Igelhaut bis ſie ganz blutig war, ſagte: „das iſt der Lohn fuͤr eure Falſchheit, geh’ hin, ich will dich nicht,“ und

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/151>, abgerufen am 20.04.2024.