Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815.

Bild:
<< vorherige Seite

sehr gutes ähnliches Märchen unter dem Volk, das
uns aber nicht vollständig konnte erzählt werden.

13.
Der Froschprinz.

(Hessisch.) Ist der eiserne Heinrich (I. 1.) in ei-
genthümlicher Verschiedenheit und an sich der Auf-
nahme werth, wenn es nicht ohnehin ein merkwür-
diges Märchen wäre. Die Grundidee ist wiederum
die tiefe von Amor und Psyche, welche in so häufi-
gen und immer verschiedenen Aeußerungen vorkommt.
Vgl. die Anmerkg. zum Märchen vom Löweneckerchen
(Nr. 2.) und vom Sommer- und Wintergar-
ten (I. 68.)

14.
Des Teufels rußiger Bruder.

(Aus Zwehrn.) Die alte Sage von dem Bä-
renhäuter
, welche schon im Simplicissimus (III.
896.) erzählt wird (vgl. Armins Tröst Einsamkeit
und seine Erzählung: Isabelle von Egypten). Dort
gibt ihm der Wirth eine seiner Töchter, wegen der
künstlichen Bilder, die der Geist für ihn gemahlt hatte.
Merkwürdig die gar nicht christliche Ansicht der
Hölle, worin der Soldat Musik lernt, wie diese
in den Venusberg lockt, er selbst dient dem Teufel
nur eine Zeit, ist dann frei und glücklich. Vermuth-
lich Zusammenhang mit dem Märchen hat eine sonst
weit verbreitete Volkssage, die sich am vollständig-
sten
, wiewohl überarbeitet und erneuert erhalten hat
im dän. Volksbuch Broder Ruus (s. Nyerups
Verzeichniß der Volksb. Nr. 43. und danske Digte-
konsts Historie I. 115 -- 122.), aber auch in Deutsch-
land gangbar gewesen seyn muß, wie er noch in
Brunonis Seidelii paroemiae ethicae (Francot.
1589.) als frater Rauschius angeführt steht.
Ueber den engl. friar Rush vergl. Scotts Noten
zu s. Gedicht Marmion. p. LXVI. Diese Namen
führen freilich mehr auf Rausch, Lärm, könnten aber
auch mit dem hier zusammenhängen. Dieser Rausch

ſehr gutes aͤhnliches Maͤrchen unter dem Volk, das
uns aber nicht vollſtaͤndig konnte erzaͤhlt werden.

13.
Der Froſchprinz.

(Heſſiſch.) Iſt der eiſerne Heinrich (I. 1.) in ei-
genthuͤmlicher Verſchiedenheit und an ſich der Auf-
nahme werth, wenn es nicht ohnehin ein merkwuͤr-
diges Maͤrchen waͤre. Die Grundidee iſt wiederum
die tiefe von Amor und Pſyche, welche in ſo haͤufi-
gen und immer verſchiedenen Aeußerungen vorkommt.
Vgl. die Anmerkg. zum Maͤrchen vom Loͤweneckerchen
(Nr. 2.) und vom Sommer- und Wintergar-
ten (I. 68.)

14.
Des Teufels rußiger Bruder.

(Aus Zwehrn.) Die alte Sage von dem Baͤ-
renhaͤuter
, welche ſchon im Simpliciſſimus (III.
896.) erzaͤhlt wird (vgl. Armins Troͤſt Einſamkeit
und ſeine Erzaͤhlung: Iſabelle von Egypten). Dort
gibt ihm der Wirth eine ſeiner Toͤchter, wegen der
kuͤnſtlichen Bilder, die der Geiſt fuͤr ihn gemahlt hatte.
Merkwuͤrdig die gar nicht chriſtliche Anſicht der
Hoͤlle, worin der Soldat Muſik lernt, wie dieſe
in den Venusberg lockt, er ſelbſt dient dem Teufel
nur eine Zeit, iſt dann frei und gluͤcklich. Vermuth-
lich Zuſammenhang mit dem Maͤrchen hat eine ſonſt
weit verbreitete Volksſage, die ſich am vollſtaͤndig-
ſten
, wiewohl uͤberarbeitet und erneuert erhalten hat
im daͤn. Volksbuch Broder Ruus (ſ. Nyerups
Verzeichniß der Volksb. Nr. 43. und danſke Digte-
konſts Hiſtorie I. 115 — 122.), aber auch in Deutſch-
land gangbar geweſen ſeyn muß, wie er noch in
Brunonis Seidelii paroemiae ethicae (Francot.
1589.) als frater Rauſchius angefuͤhrt ſteht.
Ueber den engl. friar Ruſh vergl. Scotts Noten
zu ſ. Gedicht Marmion. p. LXVI. Dieſe Namen
fuͤhren freilich mehr auf Rauſch, Laͤrm, koͤnnten aber
auch mit dem hier zuſammenhaͤngen. Dieſer Rauſch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0340" n="XXI"/>
&#x017F;ehr gutes a&#x0364;hnliches Ma&#x0364;rchen unter dem Volk, das<lb/>
uns aber nicht voll&#x017F;ta&#x0364;ndig konnte erza&#x0364;hlt werden.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>13.<lb/><hi rendition="#g">Der Fro&#x017F;chprinz</hi>.</head><lb/>
          <p>(He&#x017F;&#x017F;i&#x017F;ch.) I&#x017F;t der ei&#x017F;erne Heinrich (<hi rendition="#aq">I.</hi> 1.) in ei-<lb/>
genthu&#x0364;mlicher Ver&#x017F;chiedenheit und an &#x017F;ich der Auf-<lb/>
nahme werth, wenn es nicht ohnehin ein merkwu&#x0364;r-<lb/>
diges Ma&#x0364;rchen wa&#x0364;re. Die Grundidee i&#x017F;t wiederum<lb/>
die tiefe von Amor und P&#x017F;yche, welche in &#x017F;o ha&#x0364;ufi-<lb/>
gen und immer ver&#x017F;chiedenen Aeußerungen vorkommt.<lb/>
Vgl. die Anmerkg. zum Ma&#x0364;rchen vom Lo&#x0364;weneckerchen<lb/>
(Nr. 2.) und vom Sommer- und Wintergar-<lb/>
ten (<hi rendition="#aq">I.</hi> 68.)</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>14.<lb/><hi rendition="#g">Des Teufels rußiger Bruder</hi>.</head><lb/>
          <p>(Aus Zwehrn.) Die alte Sage von dem <hi rendition="#g">Ba&#x0364;-<lb/>
renha&#x0364;uter</hi>, welche &#x017F;chon im Simplici&#x017F;&#x017F;imus (<hi rendition="#aq">III.</hi><lb/>
896.) erza&#x0364;hlt wird (vgl. Armins Tro&#x0364;&#x017F;t Ein&#x017F;amkeit<lb/>
und &#x017F;eine Erza&#x0364;hlung: I&#x017F;abelle von Egypten). Dort<lb/>
gibt ihm der Wirth eine &#x017F;einer To&#x0364;chter, wegen der<lb/>
ku&#x0364;n&#x017F;tlichen Bilder, die der Gei&#x017F;t fu&#x0364;r ihn gemahlt hatte.<lb/>
Merkwu&#x0364;rdig die gar nicht chri&#x017F;tliche An&#x017F;icht der<lb/>
Ho&#x0364;lle, worin der Soldat <hi rendition="#g">Mu&#x017F;ik</hi> lernt, wie die&#x017F;e<lb/>
in den Venusberg lockt, er &#x017F;elb&#x017F;t dient dem Teufel<lb/>
nur eine Zeit, i&#x017F;t dann frei und glu&#x0364;cklich. Vermuth-<lb/>
lich Zu&#x017F;ammenhang mit dem Ma&#x0364;rchen hat eine &#x017F;on&#x017F;t<lb/>
weit verbreitete Volks&#x017F;age, die &#x017F;ich am <choice><sic>voll&#x017F;ta&#x0364;ndig-<lb/>
&#x017F;&#x017F;en</sic><corr>voll&#x017F;ta&#x0364;ndig-<lb/>
&#x017F;ten</corr></choice>, wiewohl u&#x0364;berarbeitet und erneuert erhalten hat<lb/>
im da&#x0364;n. Volksbuch <hi rendition="#g">Broder Ruus</hi> (&#x017F;. Nyerups<lb/>
Verzeichniß der Volksb. Nr. 43. und dan&#x017F;ke Digte-<lb/>
kon&#x017F;ts Hi&#x017F;torie <hi rendition="#aq">I.</hi> 115 &#x2014; 122.), aber auch in Deut&#x017F;ch-<lb/>
land gangbar gewe&#x017F;en &#x017F;eyn muß, wie er noch in<lb/><hi rendition="#aq">Brunonis Seidelii paroemiae ethicae (Francot.</hi><lb/>
1589.) als <hi rendition="#g"><hi rendition="#aq">frater Rau&#x017F;chius</hi></hi> angefu&#x0364;hrt &#x017F;teht.<lb/>
Ueber den engl. <hi rendition="#g"><hi rendition="#aq">friar Ru&#x017F;h</hi></hi> vergl. <hi rendition="#aq">Scotts</hi> Noten<lb/>
zu &#x017F;. Gedicht <hi rendition="#aq">Marmion. p. LXVI.</hi> Die&#x017F;e Namen<lb/>
fu&#x0364;hren freilich mehr auf Rau&#x017F;ch, La&#x0364;rm, ko&#x0364;nnten aber<lb/>
auch mit dem hier zu&#x017F;ammenha&#x0364;ngen. Die&#x017F;er Rau&#x017F;ch<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[XXI/0340] ſehr gutes aͤhnliches Maͤrchen unter dem Volk, das uns aber nicht vollſtaͤndig konnte erzaͤhlt werden. 13. Der Froſchprinz. (Heſſiſch.) Iſt der eiſerne Heinrich (I. 1.) in ei- genthuͤmlicher Verſchiedenheit und an ſich der Auf- nahme werth, wenn es nicht ohnehin ein merkwuͤr- diges Maͤrchen waͤre. Die Grundidee iſt wiederum die tiefe von Amor und Pſyche, welche in ſo haͤufi- gen und immer verſchiedenen Aeußerungen vorkommt. Vgl. die Anmerkg. zum Maͤrchen vom Loͤweneckerchen (Nr. 2.) und vom Sommer- und Wintergar- ten (I. 68.) 14. Des Teufels rußiger Bruder. (Aus Zwehrn.) Die alte Sage von dem Baͤ- renhaͤuter, welche ſchon im Simpliciſſimus (III. 896.) erzaͤhlt wird (vgl. Armins Troͤſt Einſamkeit und ſeine Erzaͤhlung: Iſabelle von Egypten). Dort gibt ihm der Wirth eine ſeiner Toͤchter, wegen der kuͤnſtlichen Bilder, die der Geiſt fuͤr ihn gemahlt hatte. Merkwuͤrdig die gar nicht chriſtliche Anſicht der Hoͤlle, worin der Soldat Muſik lernt, wie dieſe in den Venusberg lockt, er ſelbſt dient dem Teufel nur eine Zeit, iſt dann frei und gluͤcklich. Vermuth- lich Zuſammenhang mit dem Maͤrchen hat eine ſonſt weit verbreitete Volksſage, die ſich am vollſtaͤndig- ſten, wiewohl uͤberarbeitet und erneuert erhalten hat im daͤn. Volksbuch Broder Ruus (ſ. Nyerups Verzeichniß der Volksb. Nr. 43. und danſke Digte- konſts Hiſtorie I. 115 — 122.), aber auch in Deutſch- land gangbar geweſen ſeyn muß, wie er noch in Brunonis Seidelii paroemiae ethicae (Francot. 1589.) als frater Rauſchius angefuͤhrt ſteht. Ueber den engl. friar Ruſh vergl. Scotts Noten zu ſ. Gedicht Marmion. p. LXVI. Dieſe Namen fuͤhren freilich mehr auf Rauſch, Laͤrm, koͤnnten aber auch mit dem hier zuſammenhaͤngen. Dieſer Rauſch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/340
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. XXI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/340>, abgerufen am 28.03.2024.