Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819.

Bild:
<< vorherige Seite

Dem Bedienten aber ward gewaltig angst und er blinzelte den Doctor an, er mögt' einmal herauskommen. Wie er nun hinauskam, gestanden sie ihm alle vier, sie hätten das Geld gestohlen, sie wollten's ja gern herausgeben und ihm eine schwere Summe dazu, wenn er sie nicht verrathen wollte; es ging ihnen sonst an den Hals. Sie führten ihn auch hin, wo das Geld versteckt lag. Damit war der Doctor zufrieden, ging wieder hinein und sprach: "Herr, nun will ich in meinem Buch suchen, wo das Geld steckt." Der fünfte Bediente aber kroch in den Ofen, und wollt' hören, ob der Doctor noch mehr wüßte. Der saß aber und schlug sein ABC-Buch auf, blätterte darin hin und her und suchte den Göckelhahn, weil er ihn nun nicht gleich finden konnte, sprach er: "du bist doch darin und mußt auch heraus." Da meinte der im Ofen, er wär' gemeint, sprang voller Schrecken heraus und rief: "der Mann weiß alles!" Nun zeigte der Doctor Allwissend dem Herrn, wo das Geld lag, sagte aber nicht wer's gestohlen hatte, bekam von beiden Seiten viel Geld zur Belohnung und ward ein berühmter Mann.

99.
Der Geist im Glas.

Es war einmal ein armer Holzhacker, der arbeitete vom Morgen bis in die späte Nacht; als er sich endlich etwas Geld zusammengespart hatte, sprach er zu seinem Jungen: "du bist mein einziges Kind, ich will das Geld, das ich mit sauerm Schweiß

Dem Bedienten aber ward gewaltig angst und er blinzelte den Doctor an, er moͤgt’ einmal herauskommen. Wie er nun hinauskam, gestanden sie ihm alle vier, sie haͤtten das Geld gestohlen, sie wollten’s ja gern herausgeben und ihm eine schwere Summe dazu, wenn er sie nicht verrathen wollte; es ging ihnen sonst an den Hals. Sie fuͤhrten ihn auch hin, wo das Geld versteckt lag. Damit war der Doctor zufrieden, ging wieder hinein und sprach: „Herr, nun will ich in meinem Buch suchen, wo das Geld steckt.“ Der fuͤnfte Bediente aber kroch in den Ofen, und wollt’ hoͤren, ob der Doctor noch mehr wuͤßte. Der saß aber und schlug sein ABC-Buch auf, blaͤtterte darin hin und her und suchte den Goͤckelhahn, weil er ihn nun nicht gleich finden konnte, sprach er: „du bist doch darin und mußt auch heraus.“ Da meinte der im Ofen, er waͤr’ gemeint, sprang voller Schrecken heraus und rief: „der Mann weiß alles!“ Nun zeigte der Doctor Allwissend dem Herrn, wo das Geld lag, sagte aber nicht wer’s gestohlen hatte, bekam von beiden Seiten viel Geld zur Belohnung und ward ein beruͤhmter Mann.

99.
Der Geist im Glas.

Es war einmal ein armer Holzhacker, der arbeitete vom Morgen bis in die spaͤte Nacht; als er sich endlich etwas Geld zusammengespart hatte, sprach er zu seinem Jungen: „du bist mein einziges Kind, ich will das Geld, das ich mit sauerm Schweiß

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0156" n="78"/>
        <p> Dem Bedienten aber ward gewaltig angst und er blinzelte den Doctor an, er mo&#x0364;gt&#x2019; einmal herauskommen. Wie er nun hinauskam, gestanden sie ihm alle vier, sie ha&#x0364;tten das Geld gestohlen, sie wollten&#x2019;s ja gern herausgeben und ihm eine schwere Summe dazu, wenn er sie nicht verrathen wollte; es ging ihnen sonst an den Hals. Sie fu&#x0364;hrten ihn auch hin, wo das Geld versteckt lag. Damit war der Doctor zufrieden, ging wieder hinein und sprach: &#x201E;Herr, nun will ich in meinem Buch suchen, wo das Geld steckt.&#x201C; Der fu&#x0364;nfte Bediente aber kroch in den Ofen, und wollt&#x2019; ho&#x0364;ren, ob der Doctor noch mehr wu&#x0364;ßte. Der saß aber und schlug sein ABC-Buch auf, bla&#x0364;tterte darin hin und her und suchte den Go&#x0364;ckelhahn, weil er ihn nun nicht gleich finden konnte, sprach er: &#x201E;du bist doch darin und mußt auch heraus.&#x201C; Da meinte der im Ofen, er wa&#x0364;r&#x2019; gemeint, sprang voller Schrecken heraus und rief: &#x201E;der Mann weiß alles!&#x201C; Nun zeigte der Doctor Allwissend dem Herrn, wo das Geld lag, sagte aber nicht wer&#x2019;s gestohlen hatte, bekam von beiden Seiten viel Geld zur Belohnung und ward ein beru&#x0364;hmter Mann.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">99.<lb/>
Der Geist im Glas.</hi> </head><lb/>
        <p>Es war einmal ein armer Holzhacker, der arbeitete vom Morgen bis in die spa&#x0364;te Nacht; als er sich endlich etwas Geld zusammengespart hatte, sprach er zu seinem Jungen: &#x201E;du bist mein einziges Kind, ich will das Geld, das ich mit sauerm Schweiß
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[78/0156] Dem Bedienten aber ward gewaltig angst und er blinzelte den Doctor an, er moͤgt’ einmal herauskommen. Wie er nun hinauskam, gestanden sie ihm alle vier, sie haͤtten das Geld gestohlen, sie wollten’s ja gern herausgeben und ihm eine schwere Summe dazu, wenn er sie nicht verrathen wollte; es ging ihnen sonst an den Hals. Sie fuͤhrten ihn auch hin, wo das Geld versteckt lag. Damit war der Doctor zufrieden, ging wieder hinein und sprach: „Herr, nun will ich in meinem Buch suchen, wo das Geld steckt.“ Der fuͤnfte Bediente aber kroch in den Ofen, und wollt’ hoͤren, ob der Doctor noch mehr wuͤßte. Der saß aber und schlug sein ABC-Buch auf, blaͤtterte darin hin und her und suchte den Goͤckelhahn, weil er ihn nun nicht gleich finden konnte, sprach er: „du bist doch darin und mußt auch heraus.“ Da meinte der im Ofen, er waͤr’ gemeint, sprang voller Schrecken heraus und rief: „der Mann weiß alles!“ Nun zeigte der Doctor Allwissend dem Herrn, wo das Geld lag, sagte aber nicht wer’s gestohlen hatte, bekam von beiden Seiten viel Geld zur Belohnung und ward ein beruͤhmter Mann. 99. Der Geist im Glas. Es war einmal ein armer Holzhacker, der arbeitete vom Morgen bis in die spaͤte Nacht; als er sich endlich etwas Geld zusammengespart hatte, sprach er zu seinem Jungen: „du bist mein einziges Kind, ich will das Geld, das ich mit sauerm Schweiß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-06-15T16:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12546-6) in Bd. 2, S. 305–308 ein Wörterverzeichnis mit Begriffserläuterungen.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819/156
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819/156>, abgerufen am 19.04.2024.