Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Also thaten sie das, und wie sie fertig waren, sprach er 'das Garn ist nun gesträngt, nun muß es auch gekocht werden.' Der Frau ward wieder angst; sie sprach zwar 'ja wir wollens gleich morgen früh kochen,' dachte aber bei sich auf einen neuen Streich. Frühmorgens stand sie auf, machte Feuer an, und stellte den Kessel bei, allein statt des Garns legte sie einen Klumpen Werg hinein, und ließ es so zukochen. Darauf gieng sie zum Manne, der noch im Bette lag, und sprach zu ihm 'ich muß einmal ausgehen, steh derweil auf, und sieh nach dem Garn, das im Kessel überm Feuer steht, aber du mußts bei Zeit thun, gieb wohl Acht, denn wo der Hahn kräht, und du sähest nicht nach, wird das Garn zu Werg.' Der Mann war bei der Hand, und wollte nichts versäumen, stand eilend auf, so schnell er konnte, und gieng in die Küche; wie er aber zum Kessel kam, und hinein sah, so erblickte er mit Schrecken nichts als einen Klumpen Werg. Da schwieg der arme Mann mäuschenstill, dachte er hätts versehen, und wäre Schuld daran, und sprach in Zukunft gar nicht mehr von Garn und Spinnen, aber das mußt du selbst sagen, es war eine garstige Frau.



Also thaten sie das, und wie sie fertig waren, sprach er ‘das Garn ist nun gesträngt, nun muß es auch gekocht werden.’ Der Frau ward wieder angst; sie sprach zwar ‘ja wir wollens gleich morgen früh kochen,’ dachte aber bei sich auf einen neuen Streich. Frühmorgens stand sie auf, machte Feuer an, und stellte den Kessel bei, allein statt des Garns legte sie einen Klumpen Werg hinein, und ließ es so zukochen. Darauf gieng sie zum Manne, der noch im Bette lag, und sprach zu ihm ‘ich muß einmal ausgehen, steh derweil auf, und sieh nach dem Garn, das im Kessel überm Feuer steht, aber du mußts bei Zeit thun, gieb wohl Acht, denn wo der Hahn kräht, und du sähest nicht nach, wird das Garn zu Werg.’ Der Mann war bei der Hand, und wollte nichts versäumen, stand eilend auf, so schnell er konnte, und gieng in die Küche; wie er aber zum Kessel kam, und hinein sah, so erblickte er mit Schrecken nichts als einen Klumpen Werg. Da schwieg der arme Mann mäuschenstill, dachte er hätts versehen, und wäre Schuld daran, und sprach in Zukunft gar nicht mehr von Garn und Spinnen, aber das mußt du selbst sagen, es war eine garstige Frau.



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0248" n="238"/>
Also thaten sie das, und wie sie fertig waren, sprach er &#x2018;das Garn ist nun gesträngt, nun muß es auch gekocht werden.&#x2019; Der Frau ward wieder angst; sie sprach zwar &#x2018;ja wir wollens gleich morgen früh kochen,&#x2019; dachte aber bei sich auf einen neuen Streich. Frühmorgens stand sie auf, machte Feuer an, und stellte den Kessel bei, allein statt des Garns legte sie einen Klumpen Werg hinein, und ließ es so zukochen. Darauf gieng sie zum Manne, der noch im Bette lag, und sprach zu ihm &#x2018;ich muß einmal ausgehen, steh derweil auf, und sieh nach dem Garn, das im Kessel überm Feuer steht, aber du mußts bei Zeit thun, gieb wohl Acht, denn wo der Hahn kräht, und du sähest nicht nach, wird das Garn zu Werg.&#x2019; Der Mann war bei der Hand, und wollte nichts versäumen, stand eilend auf, so schnell er konnte, und gieng in die Küche; wie er aber zum Kessel kam, und hinein sah, so erblickte er mit Schrecken nichts als einen Klumpen Werg. Da schwieg der arme Mann mäuschenstill, dachte er hätts versehen, und wäre Schuld daran, und sprach in Zukunft gar nicht mehr von Garn und Spinnen, aber das mußt du selbst sagen, es war eine garstige Frau.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[238/0248] Also thaten sie das, und wie sie fertig waren, sprach er ‘das Garn ist nun gesträngt, nun muß es auch gekocht werden.’ Der Frau ward wieder angst; sie sprach zwar ‘ja wir wollens gleich morgen früh kochen,’ dachte aber bei sich auf einen neuen Streich. Frühmorgens stand sie auf, machte Feuer an, und stellte den Kessel bei, allein statt des Garns legte sie einen Klumpen Werg hinein, und ließ es so zukochen. Darauf gieng sie zum Manne, der noch im Bette lag, und sprach zu ihm ‘ich muß einmal ausgehen, steh derweil auf, und sieh nach dem Garn, das im Kessel überm Feuer steht, aber du mußts bei Zeit thun, gieb wohl Acht, denn wo der Hahn kräht, und du sähest nicht nach, wird das Garn zu Werg.’ Der Mann war bei der Hand, und wollte nichts versäumen, stand eilend auf, so schnell er konnte, und gieng in die Küche; wie er aber zum Kessel kam, und hinein sah, so erblickte er mit Schrecken nichts als einen Klumpen Werg. Da schwieg der arme Mann mäuschenstill, dachte er hätts versehen, und wäre Schuld daran, und sprach in Zukunft gar nicht mehr von Garn und Spinnen, aber das mußt du selbst sagen, es war eine garstige Frau.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2017-11-08T15:10:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-01T16:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1843/248
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1843, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1843/248>, abgerufen am 28.03.2024.