Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

sie ihr die königlichen Kleider wegnehmen. Wie sie nun am Morgen aufwachte, hatte sie nichts anzuthun, und die Wirthin gab ihr einen alten Rock, und ein paar alte wollene Strümpfe, und that noch als wärs ein großes Geschenk, und sprach 'wenn nicht euer Mann wäre, hätt ichs euch gar nicht gegeben.' Da glaubte sie er wäre wirklich ein Schweinehirt, und hütete mit ihm die Herde, und dachte 'ich habe es verdient mit meinem Übermuth und Stolz.' Das dauerte acht Tage, da konnte sie es nicht mehr aushalten, denn die Füße waren ihr ganz wund geworden. Da kamen ein paar Leute, und fragten ob sie recht wüßte wer ihr Mann wäre. 'Ja,' antwortete sie, 'er ist ein Schweinehirt, und ist eben ausgegangen mit ein wenig Band zu handeln.' Sie sprachen aber 'komm einmal mit, wir wollen euch zu ihm hinführen,' und brachten sie ins Schloß hinauf; und wie sie in den Saal kam, stand da ihr Mann in königlichen Kleidern. Sie erkannte ihn aber nicht, bis er ihr um den Hals fiel, sie küßte, und sprach 'ich habe so viel für dich gelitten, da hast du auch für mich leiden sollen.' Nun ward erst recht die Hochzeit gefeiert, und ders erzählt hat, wollte er wäre auch dabei gewesen.



sie ihr die königlichen Kleider wegnehmen. Wie sie nun am Morgen aufwachte, hatte sie nichts anzuthun, und die Wirthin gab ihr einen alten Rock, und ein paar alte wollene Strümpfe, und that noch als wärs ein großes Geschenk, und sprach ‘wenn nicht euer Mann wäre, hätt ichs euch gar nicht gegeben.’ Da glaubte sie er wäre wirklich ein Schweinehirt, und hütete mit ihm die Herde, und dachte ‘ich habe es verdient mit meinem Übermuth und Stolz.’ Das dauerte acht Tage, da konnte sie es nicht mehr aushalten, denn die Füße waren ihr ganz wund geworden. Da kamen ein paar Leute, und fragten ob sie recht wüßte wer ihr Mann wäre. ‘Ja,’ antwortete sie, ‘er ist ein Schweinehirt, und ist eben ausgegangen mit ein wenig Band zu handeln.’ Sie sprachen aber ‘komm einmal mit, wir wollen euch zu ihm hinführen,’ und brachten sie ins Schloß hinauf; und wie sie in den Saal kam, stand da ihr Mann in königlichen Kleidern. Sie erkannte ihn aber nicht, bis er ihr um den Hals fiel, sie küßte, und sprach ‘ich habe so viel für dich gelitten, da hast du auch für mich leiden sollen.’ Nun ward erst recht die Hochzeit gefeiert, und ders erzählt hat, wollte er wäre auch dabei gewesen.



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0282" n="272"/>
sie ihr die königlichen Kleider wegnehmen. Wie sie nun am Morgen aufwachte, hatte sie nichts anzuthun, und die Wirthin gab ihr einen alten Rock, und ein paar alte wollene Strümpfe, und that noch als wärs ein großes Geschenk, und sprach &#x2018;wenn nicht euer Mann wäre, hätt ichs euch gar nicht gegeben.&#x2019; Da glaubte sie er wäre wirklich ein Schweinehirt, und hütete mit ihm die Herde, und dachte &#x2018;ich habe es verdient mit meinem Übermuth und Stolz.&#x2019; Das dauerte acht Tage, da konnte sie es nicht mehr aushalten, denn die Füße waren ihr ganz wund geworden. Da kamen ein paar Leute, und fragten ob sie recht wüßte wer ihr Mann wäre. &#x2018;Ja,&#x2019; antwortete sie, &#x2018;er ist ein Schweinehirt, und ist eben ausgegangen mit ein wenig Band zu handeln.&#x2019; Sie sprachen aber &#x2018;komm einmal mit, wir wollen euch zu ihm hinführen,&#x2019; und brachten sie ins Schloß hinauf; und wie sie in den Saal kam, stand da ihr Mann in königlichen Kleidern. Sie erkannte ihn aber nicht, bis er ihr um den Hals fiel, sie küßte, und sprach &#x2018;ich habe so viel für dich gelitten, da hast du auch für mich leiden sollen.&#x2019; Nun ward erst recht die Hochzeit gefeiert, und ders erzählt hat, wollte er wäre auch dabei gewesen.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[272/0282] sie ihr die königlichen Kleider wegnehmen. Wie sie nun am Morgen aufwachte, hatte sie nichts anzuthun, und die Wirthin gab ihr einen alten Rock, und ein paar alte wollene Strümpfe, und that noch als wärs ein großes Geschenk, und sprach ‘wenn nicht euer Mann wäre, hätt ichs euch gar nicht gegeben.’ Da glaubte sie er wäre wirklich ein Schweinehirt, und hütete mit ihm die Herde, und dachte ‘ich habe es verdient mit meinem Übermuth und Stolz.’ Das dauerte acht Tage, da konnte sie es nicht mehr aushalten, denn die Füße waren ihr ganz wund geworden. Da kamen ein paar Leute, und fragten ob sie recht wüßte wer ihr Mann wäre. ‘Ja,’ antwortete sie, ‘er ist ein Schweinehirt, und ist eben ausgegangen mit ein wenig Band zu handeln.’ Sie sprachen aber ‘komm einmal mit, wir wollen euch zu ihm hinführen,’ und brachten sie ins Schloß hinauf; und wie sie in den Saal kam, stand da ihr Mann in königlichen Kleidern. Sie erkannte ihn aber nicht, bis er ihr um den Hals fiel, sie küßte, und sprach ‘ich habe so viel für dich gelitten, da hast du auch für mich leiden sollen.’ Nun ward erst recht die Hochzeit gefeiert, und ders erzählt hat, wollte er wäre auch dabei gewesen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2017-11-08T15:10:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-01T16:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1843/282
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1843, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1843/282>, abgerufen am 19.04.2024.